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Rückblick

Tagung „Was leistet ‚Kritisches Denken‘?“ // Bischof-Karl-Golser-Preis 2023 // Karl-Rahner-Preis 2022 // Tagung Innsbrucker Kreis // Tagung „Ein Jahrhundert Reinhold Stecher“ // 7. Herlinde-Pissarek-Hudelist-VO und Platzeröffnung

Tagung „Was leistet ‚Kritisches Denken‘?“

WordcloudRund 70 Interessierte nahmen vom 23. bis 24. Februar 2023 an der 5. Tagung des Forums „Zukunftsfähiger Religionsunterricht“ teil, die unter dem Titel „Was leistet ‚Kritisches Denken‘? Fachdidaktische und kooperative Erkundungen eines neuen Paradigmas“ online veranstaltet und mit Grußworten von Vizerektor Bernhard Fügenschuh eröffnet wurde. Die Veranstaltung stellt eine Kooperation zwischen dem Institut für Islamische Theologie und Religionspädagogik, dem Institut für Praktische Theologie und dem Zentrum für Interreligiöse Studien dar.

Kritisches Denken – ein neues Paradigma, ein Konzept, eine Methode? Das Konzept war bisher explizit vor allem in philosophischen und naturwissenschaftlichen fachdidaktischen Kontexten verortet. Die Befähigung zum kritischen Denken, wie am Beispiel der religiösen Urteilskompetenz deutlich wird, ist aber ebenso ein zentrales Anliegen in der Religions- und Fachdidaktik. Die Philosophin Katherine Dormandy (Universität Innsbruck) hat in ihrem Vortrag drei Ziele des kritischen Denkens dargelegt: (1) die Weltanschauungen anderer verstehen und evaluieren; (2) die eigene Weltanschauung verstehen, evaluieren und artikulieren und (3) ohne fixe Weltanschauung klarkommen: Mit Mehrdeutigkeit umgehen! Im Anschluss an diesen Input hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, ihre Gedanken zu diesem Konzept mittels Padlet einzubringen, aus dem regen Austausch ist die abgebildete Wordcloud entstanden.

In drei Kurzvorträgen wurden die Voraussetzungen für Kritisches Denken im Religionsunterricht beleuchtet: Sebastian Eck (Universität Duisburg-Essen) hob den besonderen Charakter religiösen Wissens hervor. Der Frage nach Wahrheitsbehauptungen in interreligiösen Lernprozessen in Schule und Hochschule widmeten sich Naciye Kamcili-Yildiz und Oliver Reis (Universität Paderborn). Das mögliche Wechselspiel zwischen interreligiösem Lernen und Kritischem Denken hob Joachim Willems (Universität Oldenburg) hervor.

Am zweiten Tagungstag richtete sich der Blick auf die Naturwissenschaftsdidaktik: Susanne Rafolt und Suzanne Kapelari (Fakultät für LehrerInnenbildung Innsbruck) boten spannende Einblicke in die Biologiedidaktik, in der Kritisches Denken aufgrund gesellschaftlicher Herausforderungen (Wissenschaftsskepsis) in den letzten Jahren eine hohe Bedeutung erlangt hat. Abschließend bot Konstantin Lindner (Universität Bamberg) den Teilnehmer*innen eine differenzierte Zusammenschau der unterschiedlichen Zugänge zum komplexen Thema und Impulse für einen zukunftsfähigen Religionsunterricht. So wie in den Naturwissenschaften gelte es auch in Theologie und Religionspädagogik eine „nature of theology“ zu entwickeln, die sich der Frage widmet: Was tun wir, wenn wir Welt religiös deuten? (Ingrid Waibl)

Bischof-Karl-Golser-Preis 2023

Clement Mayambala mit Prof. Paul Renner, Foto: PTH BrixenDas an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen angesiedelte Institut „De Pace Fidei“ schreibt jährlich einen Preis für wissenschaftliche Arbeiten aus, der nach Bischof Dr. Karl Golser (1943-2016) benannt ist. Prämiert werden herausragende Abschlussarbeiten aus Süd- und Nordtirol sowie dem Trentino zu einem Themenschwerpunkt des Instituts. Beim diesjährigen Dies Academicus der Hochschule am 30. Jänner 2023 ist Clement Mayambala aus Uganda mit dem Bischof-Karl-Golser-Preis ausgezeichnet worden. Mayambala, der derzeit ein PhD-Studium an unserer Fakultät absolviert, verfasste seine prämierte Masterbei bei Bruno Niederbacher SJ. Ihr Titel lautet „Was schulden wir den Nichtmitgliedern? – Eine Ethik der Immigration“. Die Arbeit setzt sich mit den rechtlichen und moralischen Aspekten zur Aufnahme und zum Schutz von einwandernden Personen auseinander. (Wilhelm Guggenberger)

Karl-Rahner-Preis 2022

v.l. G. Kompatscher, W. Guggenberger, R. Siebenrock, Isabella Bruckner, P. Rutishauser, P. Marte; Foto: SJ-KollegAm 26. Jänner 2023 verlieh P. Christian Marte SJ im Auftrag der „Karl-Rahner-Stiftung München“ den Karl-Rahner-Preis für Theologische Forschung 2022 an Frau Isabella Bruckner für ihre Untersuchung „Gesten des Begehrens. Mystik und Gebet im Ausgang von Michel de Certeau“.

Diese Arbeit, die in der Begleitung der Professorin für Fundamentaltheologie Isabella Guanzini 2021 an der Katholischen Privat-Universität Linz eingereicht worden ist, entwickelt mit den verschiedensten Beiträgen des französischen Jesuiten und den psychoanalytischen Arbeiten von Jacques Lacan als hermeneutischem Schlüssel eine eigenständige und höchst aktuelle Theologie des Gebets: „In seinem steten Mangel entfaltet sich das Gebet als Sprache des Begehrens und der Liebe stets in einer Mehrzähligkeit seiner Glieder, seiner Worte und Gesten, die eins aufs andere verweisen, sich gegenseitig ergänzen bzw. sich inhaltlich teils auch widersprechen. In einer beständigen metonymischen Bewegung von Wort zu Wort und von Geste zu Geste etc. oszilliert das Begehren im Gebet zwischen Erwartung und Erfüllung – wobei die ‚Erfüllung‘ nicht unbedingt darin liegt, das Begehren zu stillen, sondern es vielmehr noch zu vertiefen“.

Rahners berühmtes Wort, dass der Christ der Zukunft ein Mystiker sein wird, bekommt in dieser Arbeit eine unverzichtbare Konkretion: Der Christ von morgen wird ein Mystiker sein, weil er in der Gestimmtheit des Betens das Leben zu deuten vermag.

Es war eine Freude für alle, dass die veröffentlichte Arbeit an diesem Abend vom Leiter des Tyrolia-Verlags Gottfried Kompatscher, auch in Anwesenheit von P. Christian Rutishauser SJ, dem Vorsitzenden der Stiftung, schon präsentiert werden konnte (Innsbrucker Theologische Studien 101).

Wir wünschen mit diesem Preis Frau Bruckner in ihrer neuen Aufgabe als Professorin für Spiritualität in Rom/Sant‘Anselmo allen Segen. (Roman A. Siebenrock)

Tagung des Innsbrucker Kreises im Zeichen einer synodalen Kirche

Tagung des Innsbrucker Kreises im Bildungshaus SeehofVom 3. bis 5. Jänner 2023 organisierte das Institut für Systematische Theologie die bereits 49. Tagung des Innsbrucker Kreises, der eine lose Vereinigung von Moraltheolog*innen und Sozialethiker*innen aus Österreich und den angrenzenden Ländern ist. Die Tagung stand unter dem Titel „Synodalität und Theologische Ethik“ und orientierte sich an den Dokumenten, die vom Synodalen Weg der Katholischen Kirche in Deutschland erarbeitet wurden. Freilich wurden auch die Entwicklungen des Synodalen Prozesses der Weltkirche reflektiert, wobei durchaus bemerkenswert ist, dass das Arbeitspapier des Synodalen Prozesses für die kontinentale Ebene große Parallelen zu den Anliegen der deutschen Kirche aufweist, wodurch deutlich wird, dass manche Problematik, aber auch mancher Lösungsansatz sehr viel weltkirchlicher und deutlich weniger regionalspezifisch zu verstehen ist als vielfach unterstellt. Die organisatorische Gesamtleitung der Veranstaltung lag bei Gertraud Ladner, die inhaltliche Gestaltung des Programms verantworteten Noreen van Elk, Alexander Filipović (beide Universität Wien) und Thomas Gremsl (Universität Graz). Nach einer grundlegenden Reflexion des Begriffs Synodalität durch die Fundamentaltheologin Marina Bär wurden die Bereiche „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ sowie „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ diskutiert, um abschließend zu reflektieren, welche methodischen und erkenntnistheoretischen Folgerungen daraus für die theologische Ethik gezogen werden können. Ort der gut besuchten Veranstaltung, die traditionell neben der wissenschaftlichen Diskussion auch dem persönlichen Austausch dient, war das Bildungshaus Seehof auf der Innsbrucker Hungerburg. (Wilhelm Guggenberger)

Ein Jahrhundert Reinhold Stecher:
Tagung anlässlich seines 100. Geburtstags

die Podiumsteilnehmer v.l. P. Stöger, K. Egger, E. Fritsch, J. Niewiadomski, W. Palaver; Foto: Reinhold SiglEigentlich war es ja der 101. Geburtstag Bischof Reinhold Stechers (1921–2013), an den bei der historisch-theologischen Tagung vom 15. bis 16. Dezember 2022 an der Katholisch-Theologischen Fakultät erinnert wurde. Pandemiebedingt hatte die Veranstaltung ein Jahr verschoben werden müssen – rückblickend die richtige Entscheidung, denn so war statt eines Onlineformats eine klassische Präsenztagung möglich, in der nicht einfach nur Referate gehalten, sondern echte, mitunter hitzige Diskussionen geführt wurden.

Den Auftakt setzte ein von Józef Niewiadomski moderiertes Podiumsgespräch mit Klaus Egger (ehem. Generalvikar), Esther Fritsch (ehem. Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde), Wolfgang Palaver (ehem. Vorsitzender der Katholischen Jugend) und Peter Stöger (Schüler von Reinhold Stecher). Aus den anekdotisch-reflektierten Erinnerungen wurde ein biographisches Panorama aus Zeitzeugensicht.

Am folgenden Tag ging es dann nicht mehr um Erinnerung, sondern um historische und theologische Kontextualisierung. Einer kirchenpolitischen Gesamtverortung des Lebens von Stecher (Josef Gelmi) folgte eine Auseinandersetzung mit dem Topos der Ritualmordbeschuldigungen gegen Juden und dem Sonderfall des Anderl von Rinn, der Stecher als Bischof so massiv beschäftigt hat (Manfred Eder), die lokale Verehrungsgeschichte des Anderl von Rinn wurde nachgezeichnet (Thomas Albrich), die Situation der kirchlichen Kinderheimerziehung in Stechers Bischofszeit rekonstruiert (Ina Friedmann), der Blick auf das Verhältnis Stechers zur Bibel (Georg Fischer) und seine pastoraltheologischen Prinzipien (Paul Michael Zulehner) gerichtet, eine Verortung von Stecher im Kontext des 2. Weltkriegs unternommen (Peter Pirker und Dirk Rupnow) und eine Interpretation der theologischen Grundhaltungen des Bestsellerautors Stecher entwickelt (Roman Siebenrock). Ein Vortrag zu Stecher und der Österreichischen Bischofskonferenz musste krankheitsbedingt entfallen (Michaela Sohn-Kronthaler).

Die Vorträge der Tagung, die fakultätsübergreifend von Dirk Rupnow (Institut für Zeitgeschichte) und Mathias Moosbrugger (Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie) organisiert wurde, sollen im kommenden Jahr im Druck erscheinen. (Mathias Moosbrugger)

Ehrung für Herlinde Pissarek-Hudelist:
Vorlesung und Platzeröffnung

Petra Steinmair-Pösel hält die 7. Herlinde-Pissarek-Hudelist-Vorlesung„Im Gravitationsfeld von Mystik und Politik“ – unter diesem Titel stand die 7. Herlinde-Pissarek-Hudelist-Vorlesung am 17. November 2022 an unserer Fakultät. Petra Steinmair-Pösel, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein, stellte die Frage nach dem Besonderen der Christlichen Sozialethik inmitten anderer Sozialethiken. Der „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ (Papst Franziskus) stellte Steinmair-Pösel das Leben und Wirken dreier christlicher Mystikerinnen entgegen: Maria Skobtsova, Dorothee Sölle und Chiara Lubich. Deren mystische Erfahrungen brachte sie ins Gespräch mit gegenwärtigen globalen Herausforderungen. Sie hob die mystische Begabung jedes Menschen hervor und die besondere Motivationskraft, die daraus hervorgeht.

Zuvor wurde der Univ.-Prof.in-Dr.in-Pissarek-Hudelist-Platz, zwischen Theologischer Fakultät, Volksschule Innere Stadt und Akademischem Gymnasium gelegen, feierlich eröffnet. Die Grußworte sprachen Stadträtin Ursula Schwarzl, der Vizerektor für Infrastruktur Wolfgang Streicher, die derzeitige Inhaberin der Professur für Katechetik/Religionspädagogik Martina Kraml und Studiendekan Liborius Lumma. Anwesend war auch Doris Linser, die bereits 1997 den Antrag im Innsbrucker Gemeinderat zur Benennung eines Platzes nach der weltweit ersten Dekanin einer Katholisch-Theologischen Fakultät stellte. (Gertraud Ladner)

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