Ringvorlesung WiSe 2022/23
Geschlecht, Ethnizität, Kultur: Körper im Spannungsfeld von Unterwerfung und Subversion

Lohnarbeiten als verkörperte Allegorie – Über trans*feminine Differenz im Postfordismus
Zoe* Steinsberger

 

Abstract:

„Whatever she is, the trans woman is always not herself; she is a representation of gender trouble writ large“ schreiben Jules Joanne Gleeson und Elle O’Rourke in der Einleitung von Transgender Marxism.
Ihre Diagnose, trans*feminine Personen fungierten in der nordatlantischen Moderne als Allegorien gesellschaftlicher Widersprüche, Sehnsüchte und Ängste, greife ich auf, um ihre_unsere Lage in postfordistischer Lohnarbeit zu begreifen. Marginalisierung und Zurichtung trans*femininer Personen in bezahlter Arbeit, so argumentiere ich, kann nur über die Untrennbarkeit affektiver und materieller Ökonomien im Postfordismus begriffen werden.
Denn teils widersprüchliche Überlappungen geschlechtlicher Tropen von Trans*feminität und trans*femininen Subjekten bestimmen, unter welchen Bedingungen sich trans*feminine Subjekte als produktive Lohnarbeiter:innen konstituieren können. Kulturell_ökonomische Bilder trans*femininer verkörperter Subjekte schreiben sich in die „affektiven Ökonomien“ (Ahmed) postfordistischer Lohnarbeit ein und produzieren Verwerfungen von und Anrufungen an trans*feminine Subjekte. Dabei unterliegen Verkörperungen im postfordistischen Akkumulationsregime intensivierter Aufmerksamkeit. Zugleich forcieren neoliberale Sozialpolitiken und Anerkennungsregime Lohnarbeit als einzige Weise, ein lebbares und anerkennbares Leben zu führen.
Lohnarbeit schreibt sich daher in trans*feminine Verkörperungen und die Verhältnisse trans*femininer Subjekte zu diesen, sowie wie sich trans*feminine Subjekte hinsichtlich ihrer Körper gegenüber Kolleg:innen, Vorgesetzten und Kund:innen positionieren müssen, ein. Dies diskutiere ich anhand von Interviews mit trans*femininen Personen in Österreich. Deren Aussagen lese ich im Spannungsfeld zwischen Reproduktion, kritischer Analyse und Distanzierung zu den Anrufungen und Drohungen postfordistischer Lohnarbeit und neoliberaler politischer Verhältnisse. Anstelle Gleesons und O‘Rourkes universeller Figur der trans Frau treten dabei multiple diskursive Figuren – differenziert entlang von Race, Klasse und Zweigeschlechtlichkeit – die gesellschaftlich verschieden positionierten trans*feminine Personen unterschiedlich verfolgen und an ihnen „haften“ (Ahmed). Ich markiere die intersektionale Gewalt dieser Einschreibungen. Zugleich gehe ich den widerständigen Bewegungen nach, in denen sich trans*feminine Subjekte diesen Drohungen und Anrufungen entziehen, sie umarbeiten und sich somit auch von der Norm der Lohnarbeit absetzen.

 

Zur Person:

Zoe* Steinsberger (sie*/ihr*) ist Studienassistent:in (Prae Doc) am Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und trans*feministische Aktivist:in. Für ihre* Dissertation forscht sie* zu trans*femininer Prekarisierung durch postfordistische Lohnarbeit. Sie ist Mitherausgeber:in des Hefts „Trans* Politiken, Politiken um Trans* und Kritiken cis- und transnormativer politischer Verhältnisse“ der Femina Politica, das 2023 erscheint.

 


 

Zeit: Donnerstag, 01. Dezember 2022, 17:15-18:45
Ort: Campus Innrain, Hörsaal 7 (EG)


MA Gender, Kultur und Sozialer Wandel, Wahlmodul 4 und Angebot für alle MA Studien, Interdisziplinäre Kompetenzen

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