Zielsetzung


Konzepte der Festschreibung, Verschiebung und Überschreitung von Grenzen (Liminalität, Variabilität und Transgressivität) konstituieren und strukturieren wesentlich den Gegenstandsbereich der Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften mit. Im 2019 gegründeten Doktoratskolleg "Grenzen, Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen in Sprache, Literatur, Medien" sollen sie sowohl in ihrer kategorialen Verwendung als auch in ihren je unterschiedlichen sprachlichen, kulturellen und medialen Praktiken untersucht werden. Dafür werden verschiedene Arbeitsfelder, die bereits an der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck etabliert sind, unter systematischen Aspekten zusammengeführt. Genannt seien unter anderem Forschungen zur Mehrsprachigkeit, zu Transferprozessen zwischen Literatur und weiteren bzw. in weiteren Medien (Film, Musik), zum Verhältnis von Faktualität und Fiktionalität, zu diskursiven wie literarischen Grenzphänomenen (etwa im Feld der Polemik) oder zur Terminologie.

Was diese und weitere Arbeitsfelder eint, ist, dass in ihnen auf unterschiedliche Weise Konzepte von Grenzziehungen, Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen zum Tragen kommen ‒ seien es diskursive oder semantische, seien es gattungsspezifische oder medieninduzierte ‒, die ihrerseits durch sprachliche, literarische oder mediale Praktiken Stabilisierung bzw. Annihilation finden können. Hinzu kommen jene Aspekte der symbolischen Repräsentation politischer oder sozialer Grenzen in Sprache, Literatur und Medien, die gleichfalls mit systematischen Fragestellungen von Liminalität, Variabilität und Transgressivität auf vielfältige Art verknüpft sind.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen hierbei Strategien und Akte der Verschiebung oder Überschreitung von Sprach- und Varietätengrenzen, Sprech- und Diskursregistern oder Gattungs- und Medienformaten. Bei ihnen werden im Vollzug des Grenzübertritts sowohl die Grenze selbst als auch deren Instabilität markiert und damit neue Aushandlungsprozesse von Grenzverläufen angestoßen. Als Leitthese ließe sich formulieren, dass sogar erst die Verschiebung und Überschreitung von Grenzen (ebenso wie ihre neue Festsetzung) eine Kultur in ein reflexives Verhältnis zu sich selbst und ihren eigenen Formprinzipien setzen bzw. transliminale Konzepte wie Universalismus und Kosmopolitismus mit initiieren kann. Die damit verbundene Prozesshaftigkeit und deren analytische Beschreibbarkeit aufgrund der Untersuchung von Grenzbewegungen bilden die Hauptgesichtspunkte in der Arbeit des DK.

Das Thema des Doktoratskollegs ermöglicht es, konkrete Forschungsansätze miteinander in Verbindung zu bringen und für die Bearbeitung der jeweiligen Themenfelder fruchtbar zu machen. Interdisziplinäre Forschung, insbesondere aus unterschiedlicher philologischer Perspektive, ist dafür geradezu zwingend erforderlich. Denn in der Auseinandersetzung mit diskursiven wie ästhetischen Praktiken von Grenzziehungen, Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen in den jeweiligen Sprach- und Kulturräumen gewinnen die Gegenstände der einzelnen Dissertationsprojekte an analytischem Profil und konkretem wie differenziertem Beschreibungspotential.

Auf der hier skizzierten Grundlage haben sich unterschiedliche Fächer und Institute mit philologisch-kulturwissenschaftlichem Schwerpunkt zum DK "Grenzen, Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen in Sprache, Literatur, Medien" zusammengeschlossen. Die methodische Stringenz und der Austausch zwischen den einzelnen Projekten werden dabei einerseits durch die Vergleichbarkeit von strukturell ähnlich gelagerten Phänomenen auf der Gegenstandsebene gewährleistet, andererseits durch einen methodischen Rahmen, der sozio-, medien- und diskurslinguistische ebenso wie kultursemiotische und narrativ-ästhetische Verfahren gleichermaßen berücksichtigt.

Das DK ist an den Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Begegnungen – Kulturelle Konflikte" sowie die Forschungszentren "Kulturen im Kontakt (KiK)" und "Dimensionen des Literaturtransfers" angebunden. Es setzt sich zum Ziel, einen Rahmen für Dissertationsprojekte zu schaffen, welche die im Forschungsschwerpunkt und den Forschungszentren inhärenten Fragestellungen zu Grenzdiskursen und Grenzphänomenen auf ihre sprachlichen, ästhetischen und medialen Strategien wie Begründungszusammenhänge hin befragen und aus der Perspektive einer kulturwissenschaftlich orientierten Sprach- und Literaturforschung untersuchen. Dafür wird der Austausch mit ähnlich gelagerten Forschungsprojekten in weiteren Disziplinen, etwa der Musik- und Kunstwissenschaft, der Rechts- und Politikwissenschaft oder der Philosophie ausdrücklich angestrebt. Auf diese Weise soll den Doktorand*innen ein hervorragendes Umfeld zur Verfügung gestellt werden, das den interdisziplinären Austausch und die internationale Vernetzung fördert. Zugleich möchte das DK die Kooperation der beteiligten Wissenschaftler*innen an der Universität Innsbruck stärken und einen international sichtbaren Beitrag zur Profilierung der Universität als Forschungsstandort leisten.

 

Statuten des DKs

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