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INTRAWI unterwegs: Erfahrungsberichte

Mein Semester in Granada

Magdalena Hirn
Erasmus in Granada, Sommersemester 2017

 

Der Blick auf die Hänge rund um Granada von der Alhambra - Magdalena Hirn (Sommersemester 2017)Ich habe aufgehört mitzuzählen, wie oft ich mich jetzt schon vor meinen Laptop gesetzt, ein Word-Dokument geöffnet und absolutamente nada zu (virtuellem) Blatt gebracht habe. Einen Bericht über mein Erasmus-Semester in Granada zu schreiben – klingt prinzipiell einfach. Doch je mehr ich darüber nachdenke, was ich alles erlebt habe, desto schwieriger wird es. Wo anfangen? Wie sechs Monate seines Lebens auf einer Seite zusammenfassen? Okay, eines nach dem anderen. Langsam. Despacito – wie die inoffizielle Hymne meines Erasmusaufenthaltes, mit der mich meine musikliebende Mitbewohnerin äußerst hartnäckig zwangsbeglückte.

Ich entschloss mich relativ spontan dazu, nach Spanien zu gehen. Meine erste Fremdsprache ist Englisch, ironischerweise war es jedoch meine zweite Sprache Spanisch, mit der ich nie so ganz warm geworden war. Nun, das sollte sich in Granada im wunderbar sonnigen Andalusien schnell ändern. Zugebenermaßen regnete es bei meiner Ankunft im Februar 2017, doch das blieb ein Einzelfall. Vielmehr erachtete ich es am Ende meines Aufenthaltes als normal, Prüfungen bei 40°C in einem nicht-klimatisierten Hörsaal zu schreiben. Gar nicht so schlimm, wenn man auf Flamencotänzerin macht und einen Fächer mitbringt.

Man weiß nie, welche versteckten Schätze man in den Gässchen von Granada findet… - Magdalena Hirn (Sommersemester 2017)Es hat überraschend kurz gedauert, bis ich mich in Granada völlig daheim fühlte. Ich war noch nie lange von meiner Familie getrennt gewesen und hatte vor meinem Erasmusaufenthalt jedes Wochenende ungeniert die Wäsche zum Waschen ins Elternhaus mitgebracht. Jetzt war ich auf mich allein gestellt und genoss es, selbstständig zu sein. Ich wurde mit dem andalusischen Akzent des Verkäufers im Supermarkt ums Eck vertraut. (Es stellte sich heraus, dass er mich an meinem ersten Abend nicht aufs Übelste an der Kassa beflegelt, sondern vielmehr versucht hatte, mir die DIA-Mitgliedskarte anzudrehen.) Ich entdeckte meine Liebe zu spanischem Essen und insbesondere zur Tapaskultur. (Wenn man in Granada ein Getränk in einer Bar oder einem Restaurant bestellt, bekommt man automatisch ein Gratis-Häppchen dazu.) Ich erkundete die farbenfrohen Gässchen des Albaícin und fand meinen Weg zur Uni nach ein paar Wochen auch ohne Google Maps. (Ich liebe das INTRAWI ja von ganzem Herzen, aber es war zugegebenermaßen nicht leicht, sich nach dem Palacio de las Columnas wieder an unsere… Hallen zu gewöhnen.)

Natürlich war die Zeit an der Universität sehr lehrreich und bewirkte wahre Wunder, was meine Spanischkompetenzen betrifft. Am Ende war ich immerhin dazu in der Lage, die Szene der Hexen in Macbeth ins Spanische zu übersetzen UND äußerst dramatisch aufzuführen. Ich bin mir sicher, dass man in Granada noch heute ehrfürchtig über diese Darbietung spricht. Doch es war das Leben in Spanien an sich, das meine Liebe zur Sprache und zur Kultur weckte. Flamenco, empanadas, la Alhambra… Auch auf meinen Reisen durch die Region lernte ich vieles, wie unter anderem, dass man folgende Dinge niemals unterschätzen sollte: die Begeisterung der Spanier:innen für die semana santa, die Obsession der Affen von Gibraltar mit Plastiksackerln und die Wichtigkeit von Sonnencreme.

All diese Erfahrungen sind jetzt ein Teil von mir und haben bewirkt, dass ich mich durch meine Zeit in Granada tatsächlich verändert habe. So kitschig es klingen mag: Ich trage seither ein bisschen Spanien in mir. Selbst wenn ich die Besessenheit der gefühlt ganzen Nation mit reguetón nie ganz verstehen werde. Aber, gut, Despacito wäre ich im Jahr 2017 in Österreich auch nicht entkommen. Ay… Fonsi.

Text und Bilder: Magdalena Hirn
Bild 1 (oben): Der Blick auf die Hänge rund um Granada von der Alhambra
Bild 2 (unten): Man weiß nie, welche versteckten Schätze man in den Gässchen von Granada findet…

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