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 INTRAWI unterwegs: Erfahrungsberichte

Mein Auslandsjahr an der Université Catholique de l'Ouest (UCO)

Patricia Konrath
Erasmus in Angers, Studienjahr 2018/19

Da ich während meines Bachelorstudiums für ein Semester in Brüssel war und die paar Monate fast zu schnell vergangen waren, wusste ich, dass ich im Master unbedingt für ein ganzes Jahr auf Erasmus gehen wollte, damit sich der Aufenthalt wirklich lohnt. Ich entschied mich kurzerhand gegen das teure, touristische Paris und für eine kleinere Stadt im Westen Frankreichs, nur knapp zwei Stunden vom Atlantik entfernt: Angers. Mit dem Auto und über die teuren französischen Autobahnen kann man in ca. 12 Stunden ohne Pausen und nach ca. 1 200 Kilometern in Angers sein. Viel spannender und schonender für die Geldbörse ist es jedoch, die Autobahnen zu vermeiden und die Fahrt in mehrere Etappen aufzuteilen. Auf diese Weise wurde aus der Anreise eine kleine mehrtägige Rundreise mit meinem Freund, in der wir die letzte Zeit vor dem Abschied genießen und zudem etwas von Frankreich sehen konnten. Alternativ kann man natürlich auch mit dem Zug oder evtl. mit dem Flugzeug (Flughafen Nantes oder Paris) anreisen, wobei dabei das Gepäck eine Hürde darstellen könnte.

Bei meiner nur 10 Minuten zu Fuß von der UCO entfernten Unterkunft handelte sich um ein 26 m2 großes Zimmer mit eigenem Bad in einem modernen Einfamilienhaus, in dem noch die Vermieterin (eine Architektin), ihr Lebensgefährte und ihre 20-jährige Tochter wohnten. Dieses Zimmer wurde schon von mehreren Studierenden aus Innsbruck bewohnt, weshalb ich eine Kontaktadresse von einem ehemaligen Erasmusstudenten bekommen hatte und so das Zimmer übernehmen konnte. Die Miete war mit 320 € pro Monat im Vergleich zu Innsbruck sehr günstig. Noch günstiger wird es, wenn man gleich zu Beginn des Auslandsaufenthalts die französische Mietzinsbeihilfe bei der CAF (Caisse d'allocations familiales) beantragt, für die es weit weniger Voraussetzungen gibt als in Österreich. Was die Preise für Lebensmittel betrifft, sind sie denen in Innsbruck recht ähnlich. Große Supermärkte wie Géant Casino und Carrefour Super- oder Hypermarché haben mehr Auswahl und lassen somit auch Preisvergleiche zu, wohingegen kleinere Geschäfte im Stadtzentrum meist teurer sind. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind günstiger als in Innsbruck und es gibt Fahrräder, die man gratis von der Stadt ausleihen kann.

Angers hat etwas mehr Einwohner:innen als Innsbruck, wovon ca. 40 000 Studierende sind. Aus diesem Grund verfügt die Stadt über ein reiches kulturelles Angebot und eine Vielzahl von Bars, Pubs und Restaurants, weshalb Langeweile hier ein Fremdwort ist. Auch die Universität trägt mit diversen Veranstaltungen, Kuchen- und Crêpe-Verkäufen, Ausflügen, Theatervorstellungen, internationalen Abenden etc. zum abwechslungsreichen Programm bei. Sollte es einem in Angers doch einmal zu langweilig werden, kann man mit einem Blablacar (Mitfahrbörse), Bus oder im TGV andere Orte Frankreichs bereisen. Nantes ist zum Beispiel weniger als eine Stunde und Paris nur ca. 1,5 Stunden mit dem TGV entfernt. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen während meiner Erasmusaufenthalte ist das Reisen. So habe ich in den ersten drei Monaten in Angers bereits viele weitere Städte Frankreichs wie Bordeaux, Nantes, Saumur, Straßburg, Paris sowie Saint-Malo besucht und Reisepläne für das zweite Semester geschmiedet.

Natürlich besteht Erasmus nicht nur aus Partys, Konzerten und Städtetrips, sondern auch aus Kursen und Vorlesungen an der Universität. Die Université Catholique de l'Ouest ist zwar eine private katholische Universität, jedoch mit ökumenischer Ausrichtung, das heißt, alle Studierenden sind willkommen. In der Willkommenswoche Anfang September werden den Auslandsstudierenden die Universität, die verschiedenen Einrichtungen und Organisationen als auch wichtige Funktionen und Abläufe erklärt. Man erfährt, wer die Ansprechpersonen für die Studiengänge sind, wo sich die Bibliothek und die universitätsinterne Krankenstation befinden, wie insgesamt die Abläufe sind u. v. m. Eine bessere und herzlichere Begrüßung habe ich noch nie erlebt, nicht einmal in Innsbruck. Deshalb fühlte ich mich von Anfang an sehr wohl und gut integriert und wusste, an wen ich mich bei Problemen wenden konnte. Die Mitarbeiter:innen vom International Relations Office an der UCO sind äußerst hilfsbereit und haben immer ein offenes Ohr. Auch die Lehrenden sind nett, wenngleich sie keine Ausnahmen für Erasmusstudierende bei Prüfungen und Tests machen.

Da es in Angers kein Masterstudium mit der Fachrichtung Konferenzdolmetschen gibt und wir erst nach unserer Ankunft erfahren haben, dass gewisse Kurse für Erasmus-Studierende nicht zugänglich sind, waren gleich zu Beginn ein paar Änderungen im Learning Agreement notwendig. Nichtsdestotrotz ist es für Studierende der Fachrichtung Konferenzdolmetschen möglich, Kurse zu finden, die man besuchen darf und die in Innsbruck angerechnet werden können. Sehr empfehlenswert ist meiner Meinung nach, direkt im 3. oder 4. Semester des Bachelors bzw. in den ersten Semestern des Masters auf Erasmus zu gehen, da man so noch mehr Kurse zur Auswahl hat und dadurch die Planung leichter fällt. Nachdem alle Kurse fixiert waren und ich mich etwas eingelebt hatte, musste ich mich daran gewöhnen, dass mein Stundenplan jede Woche anders aussah, da manche Kurse wöchentlich, andere nur alle zwei Wochen und häufig zu anderen Zeiten stattfanden. Das ist anfangs zwar gewöhnungsbedürftig, aber lässt auch Raum für Freizeitaktivitäten und das Erkunden der Stadt.

Glücklicherweise schlossen wir bereits in den ersten Wochen Freundschaften sowohl mit lokalen als auch mit Erasmus-Studierenden, nicht nur von der UCO, sondern auch von anderen Universitäten und Schulen in Angers, von denen es sehr viele gibt. Wir gingen regelmäßig zusammen aus, etwas essen, ins Kino oder machten Filmabende. Außerdem finden in Angers wöchentlich Erasmus-Abende bzw. Expats-Treffen oder hin und wieder auch verschiedene Sprachstammtische statt. Damit man keines dieser zahlreichen Events verpasst, kann ich ein Profil auf Facebook wirklich empfehlen, da dort 99 % aller Veranstaltungen beworben werden.

Text: Patricia Konrath

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