Der Mann ist in der Krise? Verabschiedet euch von diesem harmlosen Satz

Der Mann ist in der Krise, das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Frauen. Diese Einschätzung kursierte in der Massenunterhaltung bereits vor der Finanzkrise, nämlich während der Jahrtausendwende. Sie erinnern sich noch an "Fight Club", an "American Beauty", an die Romane von Michel Houellebecq „Elementarteilchen“ und „Ausweitung der Kampfzone“? Das ist über zehn Jahre her, doch anlässlich der Bankenpleiten nahm der Krisendiskurs erneut an Fahrt auf. Wieder unkten Leitartikler und hofften Feministinnen, dass die Männerdämmerung endlich beginne. Das von der vorwiegend männlich, heterosexuell besetzten Finanzwelt verursachte Leid sei doch zu groß, um die Vormachtstellung des vom Manager verkörperten Männlichkeitstypus unverletzt zu lassen. Doch wie passt in das Untergangsszenario, dass die Boni gestiegen sind, dass etwa in Spanien und Griechenland Männer und Frauen der Elite weitgehend unbeschadet ihr Dasein fortführen, indessen die Mittel- und Unterschicht beginnt, Subsistenzwirtschaft zu betreiben? Es passt nicht. Die Rede von der Krise taugt nicht zur Beschreibung gesellschaftlicher Realitäten, mit samt ihren Widersprüchen. Krise ist nämlich immer. Besser ist es daher zu fragen: Gibt es einen neuen Männlichkeitstypus, der das Potential hat, unsere Gesellschaften zu demokratisieren?

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