PEARL - warum und wohin

Ganz im Sinne einer kompetenzorientierten Ausbildung sind Betriebspraktika mittlerweile ein fixer Bestandteil vieler mittlerer und fast aller höheren berufsbildenden Schulen in Österreich. In den Curricula der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) sind das Ausmaß der Pflichtpraktika und die Vor- und Nachbereitung des Praktikums unterschiedlich verankert. Obwohl sie ein wichtiger und zentraler Bestandteil des Lehrplans sind und eine wichtige Form der kompetenzorientierten Ausbildung darstellen, ist wenig gesichertes wissenschaftliches Wissen über Praktika vorhanden. Dies gilt inbesondere für mögliche Qualitätsdimensionen, die Lerneffekte und die didaktische Begleitung. Hier setzt das wirtschaftspädagogische Forschungsprojekt PEARL an.

In PEARL werden Betriebspraktika aus der Sicht der Schüler/innen detailliert und vielseitig in Bezug auf deren Lern- und Erfahrungsräume erfasst. Ein wirtschaftspädagogisches Forschungsteam der Universität Innsbruck arbeitet mit Schüler/innen und Lehrkräften der Höheren Technischen Bundeslehranstalt (HTL) Innsbruck und der Höheren Lehranstalt für Tourismus (HLT) Bludenz gemeinsam an der Erkundung der Lebenswelt Betriebspraktikum. Im Zentrum des Forschungsinteresses stehen die Erfassung, Reflexion und Gestaltung der Lehr- und Lernprozessen im erfahrungsergänzenden Betriebspraktikum.

Vorgehensweise in PEARL

Ganz im Sinne des Fördergebers Sparkling Science werden die beteiligten Schüler/innen im Projekt PEARL aktiv in den Forschungsprozess eingebunden. Grundsätzlich verstehen sich Schüler/innen, Lehrpersonen und Wissenschaftler/innen als gleichberechtigte Partner/innen, die gemeinsam das Phänomen Pflichtpraktikum in Bezug auf dessen Lern- und Erfahrungspotential erfassen und interpretieren.

Während der Praktikumszeit werden die Schüler/innen gewissermaßen zu Ethnographen/innen. Die Jugendlichen erleben ihr Praktikum nicht nur als ein Teil der Belegschaft eines Unternehmens, sondern nehmen über den Zeitraum des Pflichtpraktikums als Feldforscher/innen an der ausgewählten Lebenswelt teil. Durch die Rollen als Praktikant/innen und Feldforscher/innen unterstützen die Schüler/innen die ethnographischen Ziele, vielfältige Daten zu erheben und Beschreibungen ihrer Erfahrungen und Erlebnisse zu generieren, die in einem weiteren Schritt als Grundlagen für die gemeinsame wissenschaftliche Analyse dienen.

Um die Erfahrungen der Schüler/innen empirisch fassbar zu machen, wird die handlungsorientierte Unterrichtsmethode der Erkundung mit unterschiedlichen Methoden der (auto)ethnographischen Lebensweltforschung, wie beispielsweise die beobachtende Teilnahme, Feldjournal oder Autophotographie kombiniert. In sogenannten ‚cases‘ (Einzelfällen) werden die Schüler/innen an ihren konkreten Arbeitsplätzen methodisch fundiert, wissenschaftlich begleitet, aber selbstbestimmt und -organisiert Daten erheben. Die Auswertung der erhobenen Fallstudien erfolgt in Kollaboration mit den betroffenen Schüler/innen und deren betreuenden Lehrkräften.

(nach oben)

Projektablauf

 Phasen_PEARL

Ziele von PEARL

Die systematische Erforschung des Betriebspraktikums durch die Schüler/innen und die damit einhergehende reflektierte Auseinandersetzung mit den gemachten Erfahrungen tragen elementar zur beruflichen Kompetenzentwicklung bei. Durch die Einbindung in ein wissenschaftliches Projekt entwickeln die Schüler/innen insbesondere auch Forschungskompetenzen.

Erwartet werden in PEARL sowohl Erkenntnisse auf bildungstheoretischer, wie auch auf didaktischer Ebene.

Aus bildungstheoretischer Sicht beantwortet PEARL folgende Fragen:

  • Welche Bildungs- und Erfahrungsräume konstituieren Betriebspraktika?
  • Welche Akteur/innen und Aktanten sind im Betriebspraktikum besonders bedeutsam?
  • Welche Formen der Konnektivität im Sinne einer Verbindung von Theorie und Berufspraxis sind im Betriebspraktikum erkennbar beziehungsweise möglich?

Auf einer didaktischen Ebene stellen sich in PEARL folgende Fragen:

  • Welche Aspekte und Elemente zeichnen den Erfahrungs- und Lernraum Betriebspraktikum aus der Perspektive der Schüler/innen aus?
  • Welche Qualitätsdimensionen und -merkmale sind für Betriebspraktika erkennbar?
  • Welche didaktischen Implikationen für die Vorbereitung, Durchführung und Evaluation von Praktika ergeben sich für die Kooperationspartner Schule und Unternehmen?

Das Pflichtpraktikum soll als kompetenzorientierte ‚Perle‘ beruflicher Expertiseentwicklung verstanden werden. Die Beschreibung des Erfahrungs- und Lernraums ‚Praktikum’, als auch die Entwicklung eines Qualitätsmodells für Betriebspraktika sind von zentraler Bedeutung für die Auswahl von Praktikumsplätzen, den systematischen Aufbau längerfristiger Kooperationen mit Partnerbetrieben, die Evaluation von Betriebspraktika und die didaktische Begleitung von Praxisphasen.

Im Sinne einer nachhaltigen Breitenwirksamkeit von PEARL werden gemeinsam Materialen und Medien zum Thema „Begleitung von Praktika in der beruflichen Bildung“ für Lehrer/innen und Praktikumsbetreuer/innen entwickelt. Ebenfalls werden schulinternen Lehrer/innenfortbildungen, sowie Aus- und Weiterbildungsangebote designt und durchgeführt. Die Dissemilation auf wissenschaftlicher Ebene erfolgt in Form von Publikationen und Kongressbeiträgen. Ferner gehen die Erkenntnisse in das wirtschaftspädagogische Masterstudium ein.


(nach oben)


Nach oben scrollen