Sprachgebundenes Place-making in Spanien. Die Konstruktion touristischer Orte im (digitalen) Raum

Linda Harjus

Tourismus ist ein soziales Phänomen, das in den letzten Jahrzehnten lokale Kulturen verändert und Charakteristika touristischer Orte mitbestimmt hat (cf. Schnepel/Girke/Knoll 2013; Urry 2011; Hall 2005). Auch die Art und Weise, welche Unterkunftsmöglichkeiten angeboten werden, prägen den Charakter eines Ortes. Seit den 1990er Jahren wird insbesondere das Konzept von Resorts immer beliebter, die sich je nach Spezialisierung in ihrer Art unterscheiden und unterschiedliche Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten anbieten. Resortanlagen bzw. Resortstädte zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie primär auf Tourismus ausgerichtet sind.

Das Dissertationsprojekt untersucht die sprachliche In-Wert-Setzung von Resortstädten in Spanien am Beispiel der westandalusischen Resortstadt Novo Sancti Petri/La Barrosa, nahe Chiclana de la Frontera in der andalusischen Provinz Cádiz (Spanien). Ich gehe davon aus, dass soziale Akteur:innen durch soziale Praktiken, aber auch Wahrnehmungsprozesse, aktiv
öffentliche Räume und Orte mitgestalten können (Spitzmüller 2022). Mit dem Ziel, spezifische Tourist:innen an einen geographischen Ort zu locken, um ökonomischen Profit daraus zu schlagen, (inter-)agieren diverse soziale Akteur:innen vor Ort und im digitalen Raum miteinander, um diese konkreten Orte nicht nur architektonisch, sondern auch sprachlich zu inszenieren (cf. Hultman/Hall 2012). Diskursive musterhafte Praktiken, wie wiederkehrende sprachliche Muster und andere zeichengebundene Aussagen, die einen speziellen urbanen Ort erschaffen und ihn mit identitätsstiftenden Eigenschaften ausstatten, sind Praktiken des place- making (cf. Busse 2021), also der Ortserschaffung.


Das Korpus besteht aus multivarianten Daten, die aufgezeichnete Sprachdaten (Interviews) und Linguistic Landscapes-Fotografien als auch Daten aus dem digitalen Raum (Instagram) beinhalten. Im Zentrum der Untersuchung stehen folgende Forschungsfragen: Welche Diskurse über den Ort werden von den Sprecher:innen reproduziert bzw. entkräftet? Auf welche sprachlich-diskursive Art und Weise wird die Beschaffenheit dieses touristischen Ortes ausgehandelt? Welche Sprachen und/oder sprachlichen Varietäten prägen die sprachlichen Texte im digitalen Raum und in den Sprachlandschaften vor Ort und welche Funktion(en) erfüllen sie in den jeweiligen Zusammenhängen? Welche Bedeutung kreiert die Verwendung
der Sprache(n) und sprachlichen Varietät(en) im öffentlichen und (öffentlich-)digitalen Raum? Das Projekt leistet aufgrund des Miteinbezugs der Sprecher:innenperspektive einen Beitrag zur Weiterentwicklung soziolinguistischer Arbeiten zu sprachgebundenen place-making- Forschungen, da diese bei Analysen immer noch selten auf mündliche Sprachäußerungen zurückgreifen und nahezu ausschließlich schriftliche Kommunikation erforschen. Gleichzeitig werden erstmals diskurslinguistische Ansätze auf die In-Wert-Setzung von Resorts im hispanophonen Raum erforscht und damit ein Beitrag zur (angewandt-)linguistischen Tourismus-Forschung (Vittoria Calvi 2006) in der Hispanistik geleistet.

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