Suchen Sie noch oder finden Sie schon? Konzept des neuen Centers für Informations- und Medienkompetenz der Österreichischen Nationalbibliothek

Margot Werner

Der tiefgreifende Wandel in der Medienlandschaft stellt auch die Österreichische Nationalbibliothek vor die strategische Herausforderung der Transformation zur „Teaching Library“ – einem Bibliothekskonzept, das sich dem Teilen von Wissen mit Interessierten verschrieben hat. Über Jahrhunderte war das Erwerben, Bereitstellen und Archivieren von Büchern und Medien die Kernaufgabe von Bibliotheken. Der digitale Umbruch macht es erforderlich, nicht nur Wissen bereit zu stellen, sondern die Benutzer:innen und Leser:innen auch dabei zu unterstützen, dieses Wissen zu finden: ihnen Werkzeuge für ihren Weg durch den Mediendschungel in die Hand zu geben und Knowhow für das Erkennen von seriösen Informationsquellen zu vermitteln. Diese strategische Neupositionierung neben ihrer Archivfunktion haben Bibliotheken weltweit zu bewältigen, denn sie sind der Garant für verlässliche Quellen.

Mit dieser Zielsetzung wurde 2020 von der Österreichischen Nationalbibliothek die Entscheidung getroffen, die neue Aufgabe auch räumlich und organisatorisch zu verankern. Im Herbst 2022 war es schließlich soweit, das Center für Informations- und Medienkompetenz (kurz „CIM“) öffnete seine Pforten. Entstanden ist innerhalb des Bibliotheksbereichs Heldenplatz ein fünf Seminarräume umfassendes Wissenszentrum, das Platzressourcen für die langfristige Weiterentwicklung des Informationsvermittlungsprogramms bietet.

Das Konzept

Kurz zusammengefasst könnte man das inhaltliche Konzept des CIM auf folgenden Nenner bringen: Elektronisch, rasch und quellenfundiert recherchieren lernen und sich dabei nicht auf Google verlassen müssen. Anspruch des CIM ist es, eine gut etablierte Anlaufstelle für formelles und informelles Lernen zu werden. Das Trainingsprogramm wird laufend angepasst, um aktuelle Trends und gesellschaftliche Fragestellungen aufzugreifen: Stichwort „Fake-News“, „Faktenchecks“ und

„Fake Science“. Dem Ziel der Aktualität und Praxisrelevanz folgend ist zudem geplant, Kooperationen mit Bildungspartner*innen aus dem universitären Bereich, der Erwachsenenbildung und Schulen einzugehen, um im regelmäßigen Austausch das Angebot bedarfsorientiert weiterzuentwickeln.

Das Programm

Wie in Datenbanken, Portalen, Katalogen, digitalen und analogen Quellen zielgerichtet und effizient recherchiert werden kann, vermitteln Expert:innen an praxisnahen Beispielen. Zur leichteren Orientierung ist das Trainigsprogramm in die Kategorien ÖNB Basics, ÖNB Profi, ÖNB Specials sowie Webinare und kostenfreie Datenbank-Kurzschulungen zur Happy Hour eingeteilt. Die Kategorien ÖNB-Basics und ÖNB-Profi sind der Katalogrecherche gewidmet, ÖNB-Specials deckt unterschiedliche Formate von der Suche nach Sonderbeständen, über die Reihe Infokompetenz aus der Praxis mit witzigen, spannenden oder skurrilen Themenrecherchen bis hin zur Reihe Fakten und Fiktionen ab, in welcher am Beispiel bekannter Fernsehserien der Frage „historisch belegt oder Fiktion?“ nachgespürt wird. Beliebte Klassiker wie Ahnenforschung und Kurrent&Co. ergänzen das Programm für Erwachsene.

Neben den Programmtrainings mit fixen Terminen wurde das Modulsystem konzipiert: Gruppen haben die Möglichkeit Trainingsmodule aus drei Themenblöcken zu kombinieren. Dieses Angebot ist insbesondere auf universitäre Gruppen zugeschnitten.

Für Schulen bietet das CIM neben schon gut etablierten Trainings speziell für die VWA-Recherche im Klassenverband eine VWA-Sprechstunde und die VWA-Summer- bzw. Winter-School an. Ein Schwerpunkt des Angebots für Schulen liegt auf dem Themenkomplex „Digital Literacy“. Die Trainings Katalogrecherche, Literaturverwaltungsprogramme, Seriöse Quellen im Internet und Digitale Bibliothek sind beliebig kombinierbar. Ein Novum im Bibliotheksbereich sind zwei neue Planspiele für Schüler*innen: Fake Hunter ist dem Erkennen von Fake News gewidmet und Abookalypse nimmt die Jugendlichen mit auf eine abenteuerliche app-gesteuerte Reise durch die Bibliothek mit dem Lernziel der Bibliotheksbenützung.

Kurzbiografie

Historikerin und Bibliothekarin. Langjährige Tätigkeit im Bereich Provenienzforschung und Restitution von NS-Raubgut, u.a. tätig gewesen für die Österreichische Historikerkommission und Leitung des Projekts Erfassung von Raubgut in der Österreichischen Nationalbibliothek. Autorin zahlreicher Publikationen und Kuratorin zweier Ausstellungen zum Thema NS-Bücherraub. Seit 2004 an der Österreichischen Nationalbibliothek, aktuell Leiterin der Hauptabteilung Benützung und Information.

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