Panel 23: Projektpräsentation und Round Table: Digitale Erinnerungslandschaften

Hannah Eppacher, Anna Stelzl, Katarina Werle
Panel 23

Panel 23: Projektpräsentation & Round Table: Digitale Erinnerungslandschaften. Überlegungen zu einer digitalen Erinnerungspädagogik im Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus

Samstag, 18. April 2020, 11.00 bis 12.30 Uhr, Virtueller Konferenzraum 1
Chair: Gerald Lamprecht (Graz)

Gerald Lamprecht (Graz), Victoria Kumar (Bregenz), Georg Marschnig (Graz), Grit Oelschlegel (Graz/Wien), Sebastian Stoff (Graz)

Abstract


Kommentare

Das letzte Panel des 13. bzw. 1. Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetages 2020 trug den Titel „Projektpräsentation und Round Table: Digitale Erinnerungslandschaften. Überlegungen zu einer digitalen Erinnerungspädagogik im Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus“ und wurde von Gerald Lamprecht (Graz), Victoria Kumar (Bregenz), Georg Marschnig (Graz), Grit Oelschlegel (Graz/Wien) und Sebastien Stoff (Graz) vorgestellt. Wie der Titel schon beschreibt, ging es bei diesem Thema um die Projektvorstellung der Internetseite Erinnerungslandschaft.at. Es handelt sich hierbei um ein Projekt, das eine digitale Erinnerungslandkarte skizzieren will und ursprünglich auf einem Buchprojekt basiert. Dabei sollen alle manifesten Erinnerungsorte in einer digitalen Erinnerungskarte eingetragen und mit allen wichtigen Informationen versehen werden. Manifeste Erinnerungsorte sind Orte, die mit verschiedensten Zeichen ausgestattet sind (Gedenktafeln usw.). Natürlich gibt es auch nicht-manifeste Erinnerungsorte, die ebenso exemplarisch einen Stellenwert in dem Projekt erhalten sollen. Eines der Hauptziele dieses Projektes ist die didaktische Verwundung für Schulen. Den Lehrenden sowie den Schülerinnen und Schülern wird die Möglichkeit geboten, den Erinnerungsort in ihr Klassenzimmer zu holen. Dies bietet völlig neue Maßstäbe für den Schulunterricht. Natürlich kann ein digitales Programm nie das physische Erleben eines Erinnerungsortes ersetzen, dennoch bringt die Erinnerungslandkarte viele positive Seiten mit sich. Den Lernenden wird die Anreise erspart, somit kann nicht nur ein Erinnerungsort besucht werden, sondern mehrere. Außerdem werden jedem Erinnerungsort weitere Informationsmaterialien hinzugeführt (Zeitungsartikel, Interviews usw.). Beim gesamten Konzept berufen sich die Projektmitarbeiter und -mitarbeiterinnen auf die Kompetenzorientierung. Die Aufgaben werden so konzipiert, dass sie in die Struktur des neuen Lehrplans hineinpassen (Reproduktion – Transfer – Reflexion). Erinnerungsorte haben einen besonderen Mehrwert für Schülerinnen und Schüler. Sie verstehen das Historische in ihrem Umfeld und lernen auch den Umgang der Gesellschaft mit dem Historischen besser kennen. Der wohl bedeutendste Begriff in diesem Zusammenhang ist jener des Geschichtsbewusstseins. Dieser kann in solchen Projekten sehr gut einbezogen und umgesetzt werden. Der didaktische Aspekt des Projektes wurde von Georg Marschnig vorgestellt; er trägt auch für diese Aspekte im Projekt Verantwortung. Er ist selbst auch Lehrer und hat mit verschiedensten Klassenstufen Aufgabenstellungen durchgearbeitet und konnte immer einen Mehrwert für die Lernenden feststellen. Auch für die Schülerinnen und Schüler ist der Umgang mit diesen neuen Möglichkeiten spannend und abwechslungsreich. Jedoch hat jedes Projekt nicht nur positive, sondern auch negative Seiten. Der Nachteil der digitalen Erinnerungslandkarte ist sicherlich das fehlende persönliche Betreten der Erinnerungsorte. Jedoch überwiegt das Positive in diesem Projekt deutlich: Es können nicht nur Reisekosten und Stundenausfälle verhindert werden; die digitale Landkarte bietet außerdem die Möglichkeit, immer weiter ausgebaut und ergänzt zu werden. Es handelt sich also um ein Projekt, das ständig erweitert werden kann und keine Bestandsaufnahme darstellt wie eine Publikation in Buchform.

(Hannah Eppacher)

 

Der 13. bzw. 1. Virtuelle Österreichische Zeitgeschichtetag 2020 schloss mit Panel 23, einer Projektpräsentation und einem Round Table zum Thema „Digitale Erinnerungslandschaften. Überlegungen zu einer digitalen Erinnerungspädagogik im Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus“. DiskutantInnen waren Gerald Lamprecht (Graz), Victoria Kumar (Bregenz), Georg Marschnig (Graz), Grit Oelschlegel (Graz/Wien) und Sebastian Stoff (Graz). Dieses Panel knüpfte thematisch an Panel 7 und die Online (Public) History an.

Die Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten für die Vermittlung von vergangenen Ereignissen. Der Zugriff auf digitale Angebote wird im Bereich der Bildung, speziell im schulischen Kontext, immer häufiger. Ein digitales Zeitalter fordert angepasste mediale Präsentations- und Kommunikationsformen, um den Unterricht bestmöglich digital unterstützen zu können und fördert gleichzeitig die Erreichbarkeit der jungen Generation.

In diesem Panel wurden diverse digitale Projekte angesprochen und vorgestellt. Die unterschiedlichen Projekte wurden entwickelt, um Erinnerungszeichen und -orte in Erinnerungslandkarten darzustellen. Alle Projekte beschäftigen sich mit den Themen Holocaust und Nationalsozialismus. Das Ziel dieser Projekte ist es, an die Opfergruppen und Orte des Terrors dieser Zeit zu erinnern. Die digitalen Landkarten weisen sämtliche Erinnerungszeichen und -orte in Österreich aus. Das wären z.B. Denkmäler, Gedenktafeln, Gedenkstätten usw., d.h. manifeste Erinnerungsorte. Man erhält auch Zugang zu den Biografien der genannten Personen. Es wird also gezeigt, wo an wen und wie erinnert wird; gleichzeitig wird aber auch ersichtlich, an wen nicht erinnert wird. So werden auch Orte des Schweigens bzw. nicht-manifeste Erinnerungsorte kenntlich gemacht. Durch einfache Klicks auf den Websites erhält man bereits Basisinformationen, aber auch GPS-Koordinaten. Das Erstellen solcher Websites verlangt einen hohen technischen Aufwand. In diesem Zusammenhang wurde auch die Datenkuratierung im Vortrag angesprochen. Die Websites zeichnen sich durch eine einfache Sprache, eine klare Graphik und eine leichte, nachvollziehbare Struktur aus. Sie sind also nicht explizit für eine wissenschaftliche Öffentlichkeit, sondern für alle Interessierte konzipiert. Besondere Bedeutung erfahren diese Projekte für den Einsatz im schulischen Kontext. Die Website erinnern.at stellt bereits seit 20 Jahren Unterrichtsmaterialien zu den Thematiken Holocaust und Nationalsozialismus zur Verfügung. Es wird die Möglichkeit geboten, Erinnerungszeichen und -orte in den Unterricht zu integrieren. Dadurch wird sowohl individuelles als auch gemeinschaftliches Lernen zu Hause oder im Klassenzimmer gefördert. SchülerInnen können diverse Erinnerungszeichen und -orte aufsuchen und dazu Arbeitsaufträge bearbeiten. Zusätzliche Quellen, wie beispielsweise Zeitzeugenberichte, unterstützen den Lernprozess und vergrößern den Reflexionsraum. Derartige Lernausgänge können sicherlich sehr nachhaltig, produktiv und kreativ gestaltet werden. Diese Projekte fördern außerdem die Entdeckungs- und Lernlust der SchülerInnen und können so die Lernenden sehr motivieren. Neben erinnern.at wurden beispielsweise auch die Lernapp Fliehen vor dem Holocaust oder die Website romasintigenocide.eu vorgestellt. Ein genauerer Blick auf diese Projekte lohnt sich auf jeden Fall!

(Anna Stelzl)

 

Erinnerungsorte besuchen - Geschichte erleben: online

Im 23. und letzten Panel des 13. bzw. ersten Virtuellen Österreichischen Zeitgeschichtetages 2020 wurde das Projekt „Digitale Erinnerungslandschaft. Verfolgung und Widerstand im Nationalsozialismus Dokumentieren und Vermitteln“ (DERLA) vorgestellt. Dabei wurde aber nicht nur das Projekt an sich besprochen, sondern es wurde auch der Horizont erweitert und die grundsätzlichen Möglichkeiten und Grenzen digitaler Erinnerungslandschaften diskutiert. Gerald Lamprecht, Professor für jüdische Geschichte und Zeitgeschichte an der Universität Graz, fungierte als Chair und moderierte dieses Panel. Er beschrieb den Ausgangspunkt und die Ziele des Projektes. Dabei wurde deutlich, dass sich DERLA von anderen Projekten dieser Art abhebt: Während sich ähnliche Projektarbeiten damit begnügen, Orte und Zeichen der Erinnerung zu dokumentieren, stellt sich DERLA auch die Frage, wie eine derartige Website zur Geschichtsvermittlung verwendbar ist. Nach der kurzen Einführung durch Lamprecht wurde das Wort an Victoria Kumar (Bregenz) übergeben, die DERLA für das Bundesland Vorarlberg koordiniert. Anhand eines anschaulichen Beispiels durch die Person Karoline Redler aus Vorarlberg konnte sie das Projekt eindrucksvoll darstellen. Die technischen Aspekte hinter DERLA wurden von Sebastian Stoff (Graz) erläutert, bevor Georg Marschnig (Graz) die Einsatzmöglichkeiten der digitalen Landkarte für das historische Lernen beschrieb und eine Einführung in die Grundzüge der Geschichtsdidaktik gab. Als letzte Referentin sprach Grit Oelschlegel (Graz/Wien) über die medienpädagogischen Grundlagen des Projektes.

Digital History für JederMann / Frau

Das Projekt bietet großes Potential für Lehrpersonen bzw. für den Einsatz an Schulen, da verschiedene historische (Erinnerungs-)Orte „besucht“ werden können, ohne das Klassenzimmer verlassen zu müssen. Außerdem werden etliche Zusatzinformationen zu den einzelnen Orten angeboten, wodurch umfassendes Lernen ermöglicht wird. DERLA kann auch bei Schulausflügen zum Einsatz kommen und die digitale Karte vor Ort genutzt werden. Das Projekt ist aber auch für Personen zu empfehlen, die sich privat für historische Orte und deren Geschichte interessieren und die die unterschiedlichen Orte nicht besuchen können – z.B. während der Heimisolation bei einer weltweiten Pandemie.

(Katarina Werle)

 

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