Frauen im 21. Jahrhundert: Situationen - Herausforderungen - Perspektiven

Eine Kooperation des sozialpolitischen Referats der AK-Tirol und des Büros für Gleichstellung und Gender Studies

Die Vortragsreihe "Frauen im 21. Jahrhundert" soll sich mit Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen am Beginn des 21. Jahrhunderts auseinandersetzen. Dabei stehen Bedingungen und Veränderungen der Frauen(erwerbs)arbeit, von Arbeits- und Lebensverhältnissen generell (Stichwort: Prekarisierung), der Veränderung familialer Strukturen, sozialstaatlicher Absicherungen usw. im Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Thematisiert werden hier auch traditionell nicht in der Arbeits- und Sozialpolitikforschung angesiedelte Themen. Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt, in ihrer Existenzsicherung und in der Absicherung ihrer sozialen Risiken geht schließlich weit über die Themen und Problembereiche der etablierten Arbeits- und Sozialpolitik hinaus, die sich in der Regel an Lebenserfahrungen und Bedürfnissen von Männern orientiert und Frauen allenfalls als davon abweichende Sonderfälle betrachtet.

Ein weiterer Hintergrund der Veranstaltungsreihe ist aber auch die Vernetzung universitärer und außeruniversitärer Institutionen sowie von TheoretikerInnen und PraktikerInnen im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung bzw. -politik, der Gleichstellungspolitik etc. Gerade die Frauen- und Geschlechterforschung hat eine lange Tradition, sich mit gesellschaftlichen und demokratiepolitischen Fragen auch praxisrelevant auseinanderzusetzen und im Sinne der Wissenschaftskommunikation wissenschaftliche Erkenntnisse in die Gesellschaft zu transformieren. Im Austausch und Bezug nehmend auf die Erfahrungen von PraktikerInnen sollen eigene Erkenntnisse daran zu überprüfen werden. So soll ein für beide Seiten fruchtbarer Austausch in Gang gesetzt werden.

Vorträge:

21. Oktober 2008:
Erster Vortrag und Auftaktveranstaltung

Erika Thurner:
Frauenerwerbsarbeit in Österreich seit der Zweiten Republik

In ihrem Vortrag „Frauenerwerbsarbeit in Österreich seit der Zweiten Republik" gibt Erika Thurner einen Überblick über die Entwicklung der Frauenerwerbsarbeit und die ideologischen Auseinandersetzungen darüber seit 1945. Bestimmend für die politische und gesellschaftliche Debatte und prägend für (sozial-)staatliche Strukturen und Entscheidungsprozesse blieb dabei bis heute die geschlechtsspezifische Zuweisung von Beruf und Familie: Dem Mann der Beruf, der Frau die Familie. Öffentlichkeit und Politik blieben dabei selbstverständlich strikt in Männerhänden, so als ob der gesetzlich verordnete Frauenausschluss aus dem Politischen - der mit der Ersten Republik als endgültig überwunden gelten sollte - noch in Kraft wäre.

Die Grundrisse patriarchale Politik sind aber bis heute nicht verblasst und so behauptet sich die Ungleichheit der Erwerbs- und Lebenschancen von Frauen und Männern bis heute als äußerst stabiles Strukturmerkmal moderner Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme.

Zeit: Dienstag, 21. Oktober 2008, 19.30 Uhr
Ort: Großer Saal, AK-Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck

 

25. November 2008:

Gisela Notz:
Arbeit: eine Begriffsdefinition

Arbeit ist mehr als eine Beschäftigung, die Geld einbringt. Die großen Gesellschaftstheorien, die sich mit Arbeit befassen, ignorieren die Leistung der Frauen für die Erschaffung und den Erhalt der Gesellschaft. Die Arbeiten im Haus und bei der Erziehung der Kinder oder der Pflege der Alten fallen nicht unter die Bezeichnung „Arbeit", weil sie bekanntlich keinen Lohn einbringen und angeblich auch unbezahlbar sind. Aus dieser Ignoranz ergeben sich eine Reihe von Problemen, denn die Arbeiten, die nicht Erwerbsarbeiten sind, sind gesellschaftlich ebenso notwendig wie die Erwerbsarbeit. Mit dem Vortrag will ich dazu anregen, einen erweiterten Arbeitsbegriff zum Gegenstand von Arbeitsmarktforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik zu machen. Das alleine wird jedoch nicht reichen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen, geht es auch darum, danach zu fragen, wie viel und welche Arbeit der Mensch braucht, wie sie zu bewerten und zu verteilen ist und welche Handlungsoptionen und Perspektiven sich daraus ableiten lassen.

Zur Person:
Gisela Notz, Dr. phil, Dipl. Päd., Sozialwissenschaftlerin und Historikerin. Bis Mai 2007 Wissenschaftliche Referentin im Historischen Forschungszentrum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn. Lehraufträge, Gast- und Vertretungsprofessuren an dv. Universitäten. Von 1985 bis 1997 Redakteurin der Zeitschrift „beiträge zur feministischen theorie und praxis". Jetzt: LunaPark 21, freiberuflich tätig.

Ort: Großer Saal, AK-Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck
Zeit: Dienstag, 25. November 2008, 19.30 Uhr

 

17. Februar 2009:

Edeltraud Ranftl:
Der Grundsatz der "Lohngleichheit" und Perspektiven zur Umsetzung des Prinzips der Gleichwertigkeit

Vor nunmehr 56 Jahren hat Österreich den Grundsatz "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" (das Arbeitsübereinkommen Nr. 100 der Internationalen Arbeitsorganisation) ratifiziert, doch noch immer - so die jüngsten Ergebnisse des Rechnungshofes - bestehen erhebliche Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern.
Im Vortrag wird Edeltraud Ranftl einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Forderung nach "gleichem Lohn" für Frauen und Männer geben und verschiedene Ursachen für niedrige und ungleiche Entlohnung benennen. Es wird erläutert, was unter dem Entgeltgleichheitsgrundsatz zu verstehen ist und der Frage nachgegangen, warum dieser trotz rechtlicher Vorgaben noch immer unverstanden und somit ein "Prinzip ohne Praxis" (R. Winter) geblieben ist.
Die Referentin will durch ihren Beitrag verschiedene AktuerInnen bzw. gleichstellungspolitisch aktive Personen dazu anregen, ihre Strategien in Bezug auf Equal Pay zu reflektieren. 

Zur Person:
Mag.a. Dr.in Edeltraud Ranftl, Institut für Soziologie der Johannes Kepler Universität Linz, Abteilung Wirtschaftssoziologie, Stadt- und Regionalforschung.
Arbeitsschwerpunkte: Industrie- und Arbeitssoziologie, Entgeltsysteme und diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung, Equal Pay; soziaologische Frauen- und Geschlechterforschung.

Zeit: Dienstag, 17. Februar 2009, 19.30 Uhr
Ort: Zukuntszentrum Tirol, Universitätsstraße 15a, 6020 Innsbruck, 1. Stock

 

31. März 2009:

Alexandra Weiss:
Familie als Ort des Glücks?
Soziale Sicherungssysteme im Umbruch

Neoliberale Politik hat eine Transformation ökonomischer, politischer und sozialer Verhältnisse eingeleitet. Auch Geschlechterverhältnisse und Familienformen werden im Zuges dieses Prozesses umgeformt, sie werden sogar vielfach als "Knotenpunkt" gegenwärtiger Veränderungen betrachtet.
Die mit Sozialstaatsabbau und Atypisierung einhergehende Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen, spiegeln sich in dem Ruf nach mehr Eigenverantwortung und der "Bürgergesellschaft". Gesellschaftlich notwendige Reproduktionsarbeiten sollen wieder zunehmend in die Familie rückverlagert und Frauen vermehrt als "Wohlfahrts-Produzentinnen" angesprochen werden. Die Anforderung an die Frauen bezieht sich dabei aber nicht mehr "nur" auf die Erfüllung der Hausfrauen- und Mutterrolle, sondern gleichzeitig auf Erwerbsarbeit. Während Frauen als "Marktsubjekte" emanzipiert werden, bleibt die Frage der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, sprich die nach wie vor fast ungeteilte Zuständigkeit der Frauen für unbezahlte Arbeit, ungelöst. Während die private Betreuung von Kleinkindern durch Mütter wird finanziell unterstützt und "Mütterlichkeit" ideologisch überhöht wird, sinken die Geburtenraten aber nach wie vor.
Im Vortrag soll der Frage nachgegangen werden, mit welchen Widersprüchlichkeiten Frauen heute in Berufsarbeit sowie Haus- und Erziehungsarbeit konfrontiert sind, welche sozialstaatlichen Lücken sich vor dem Hintergrund von Atypisierung und Prekarisierung auftun und auf welchen (neoliberalen und/oder neokonservativen) ideologischen Hintergründen die gegenwärtige Diskussionen um Mutterschaft, Erziehung und Betreuung basieren.

Zur Person:
Alexandra Weiss, geb. 1971, Politikwissenschafterin, seit 2000 externe Universitätslektorin, seit 2006 Koordinatorin im Büro für Gleichstellung und Gender Studies/Universität Innsbruck, 2003-2007/08 Forschungsassistentin am Institut für Soziologie und Assistentin am Institut für Politikwissenschaft/Universität Innsbruck.
Schwerpunkte in Forschung und Lehre: Feministische Frauen- und Geschlechterforschung; Transformation von (Sozial-)Staaten; zivilgesellschaftlicher Protest; Frauen(erwerbs)arbeit, Frauenpolitik.

Zeit: Dienstag, 31. März 2009, 19.30 Uhr
Ort: Großer Saal, AK-Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck

 

21. April 2009:

Käthe Knittler:
Frauenerwerbsarbeit und soziale Absicherung
Working Poor und Prekarisierung

Prekär bedeutet im wörtlichen Sinne »unsicher, misslich, schwierig, bedenklich. „Durch Bitten erlangt", „auf Widerruf gewährt" war schon im römischen Recht das precarium als auf Bitte hin erfolgende Einräumung eines Rechts, das keinen Rechtsanspruch begründet.

Der Begriff von Prekarisierung von Arbeit und Leben ist ein relativ junger, der aber seit den 1980er Jahren immer häufiger herangezogen wird um die Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse zu beschreiben. Prekarisierung ist mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen verbunden und beschränkt sich nicht nur auf die Erwerbsarbeitswelt. Sie durchzieht die gesamte (postfordistische) Gesellschaft und sie umfasst die Lebensrealität von Frauen und Männern auf unterschiedliche Weise sowie in einem anderen Umfang. Durch die Dynamiken der Finanzkrise gewinnt der Begriff darüber hinaus neue Dimensionen.

Zur Person:
Käthe Knittler, Studium der VWL an der WU-Wien und in Madrid, Feministische Ökonomin, Lehrauftrag und Forschung im Bereich der feministischen Ökonomie, in{}fem-Forschungswerkstatt (Verein für interdiszipliäre Forschung), seit 10/2007 beschäftigt am Institut für Wirtschaftsforschung im Bereich Arbeitsmarkt, Einkommen und soziale Sicherheit

Zeit: Dienstag, 21. April 2009, 19.30 Uhr
Ort: Zukunftszentrum Tirol, Universitätsstraße 15a, 6020 Innsbruck, 1. Stock

 

19. Mai 2009:

Manfred Auer/Heike Welte:
Betriebliche Gleichstellung - Probleme und Perspektiven

Erwerbsorganisationen haben durch ihre Managementstrategien und Personalpolitik einen entscheidenden Einfluss auf die Chancengleichheit der Geschlechter. Sie können wesentlich zu einer Entspannung oder Verschärfung von struktureller Ungleichheit zwischen Frauen und Männern auf externen sowie internen Arbeitsmärkten, in den Familien und letztlich in der Gesellschaft insgesamt beitragen. Erwerbsorganisationen sind zentrale 'Verursacherinnen', aber auch Betroffene der fehlenden Gleichstellung der Geschlechter, etwa durch die nicht optimale Nutzung des Humankapitals von Frauen. Betriebliche Gleichstellungspolitik ist deshalb sowohl ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Chancengleichheit der Geschlechter als auch für die Erhöhung der Produktivität von Organisationen. Im Vortrag werden zunächst Pro- und Contra-Argumente sowie unterschiedliche Ansätze der betrieblichen Gleichstellungspolitik vorgestellt und diskutiert. Daran anknüpfend werden Möglichkeiten und Grenzen betrieblicher Gleichstellungsmaßnahmen analysiert, um daraus Schlussfolgerungen für die Gestaltung von Gleichstellungspolitik in Organisationen zu ziehen.

Zu den Vortragenden:
Manfred Auer, Universitätsdozent am Institut für Organisation und Lernen, Fakultät für Betriebswirtschaft, Universität Innsbruck. Forschungsschwerpunkte: Gender und Organisationen, Vereinbarkeit Beruf und Familie, Industrielle Beziehungen.
Heike Welte, Assistenzprofessorin am Institut für Organisation und Lernen, Fakultät für Betriebswirtschaft, Universität Innsbruck. Forschungsschwerpunkte: Gender und Organisationen, Lehr-Lernprozesse in Organisationen, Wirtschaftspädagogik

Zeit: Dienstag, 19. Mai 2009, 19.30 Uhr
Ort: Großer Saal der AK-Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck

 

24. Juni 2009:

Petra Völkerer/Sybille Pirklbauer
MigrantInnen in der haushaltsnahen Dienstleistung

Der Vortrag beschäftigt sich mit Migrantinnen aus Osteuropa, Lateinamerika, Asien und Afrika, die in Haushalten westlicher Industrienationen beschäftigt sind. Zunächst werden wir Informationen über diese Frauen und ihre Tätigkeitsbereiche geben, anschließend auf die Frage eingehen, warum dieses Phänomen sich in den europäischen Ländern schnell verbreitet und welchen Zusammenhang es zwischen der Ausgestaltung des Sozialstaates und dem wachsenden Bedarf an Haushaltsarbeiterinnen gibt. Diese Entwicklungen tragen nicht nur dazu bei, die Ungleichverteilung unbezahlter Hausarbeit zwischen den Geschlechtern weiter zu verfestigen, sondern schaffen eine zusätzliche Differenzierung innerhalb der Frauen, indem prekär beschäftigte Migrantinnen sozial besser gestellte Frauen von der Betreuungs- und Versorgungsarbeit entlasten und ihnen so den Zugang zu besser bezahlter Erwerbsarbeit eröffnen.
In weiterer Folge gehen wir auf österreichische Besonderheiten ein, bspw. auf die spezielle Situation von Migrantinnen in der Pflege, und die daraus entstehenden Abhängigkeiten und Unsicherheiten.

 

Vortragende:
Mag.a Sybille Pirklbauer, Politologin, seit 2004 Referentin in der Abteilung Frauen-Familie der AK Wien
Mag.a Petra Völkerer, Ökonomin, Mitarbeiterin der Abteilung Bildungspolitik der AK-Wien und engagiert bei in{}fem, der Forschungswerkstatt für feministische Interdisziplinarität

Zeit: Mittwoch, 24. Juni 2009,  19.30 Uhr
Ort: Großer Saal der AK-Tirol, Maximilianstraße 7, 6020 Innsbruck 

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