Panel 12: Ungleiche Verletzbarkeiten, regulierte Intimitäten, umkämpfte Solidaritäten

Beate Cappello

Abstract

Eine gesellschaftskritische Perspektive auf die Corona-Krise

Im Rahmen der ersten virtuellen Tagung „Corona verstehen – Die Pandemiegeschichte aus der Sicht der Geistes- und Kulturwissenschaften“ war Marina Hilber (Innsbruck) Chair des Panels „Ungleiche Verletzbarkeiten, regulierte Intimitäten, umkämpfte Solidaritäten: Geschlechterpolitische Implikationen und gesellschaftliche Verhandlungen der Corona-Pandemie“. Alle Referent*innen dieses Panels sind aktive Mitglieder des „Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck“, kurz „CGI“. Als Erstes referierten Flavia Guerrini und Heidi Siller (beide Innsbruck) unter dem Titel „Feministische Perspektiven auf Gewalt in Zeiten von Covid-19“.

Dieser Vortrag thematisierte die Zunahme von Gewalt an Frauen in der Corona-Pandemie und legte dabei den geographischen Fokus auf Österreich. Es wurde von Experten erwartet, dass die während des ersten Lockdowns verhängten Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote sowie die oftmals verschlechterte finanzielle Situation von Familien zu einem Anstieg an häuslicher Gewalt führten, was auch tatsächlich der Fall war.

Der zweite Vortrag beschäftigte sich vorwiegend mit dem Lachen als Bewältigungsstrategie in der Corona-Pandemie, es referierten Verena Sperk und Paul Scheibelhofer (Innsbruck) unter dem Titel „Ansteckendes Lachen in Zeiten einer Pandemie“. Der Fokus richtete sich auf sogenannten „Memes“, d. h. Inhalte, die aus Bildern, Text-, Video- oder Audio-Elementen bestehen und von ihrem ursprünglichen Kontext losgelöst wurden, um humoristische, satirische oder gesellschaftskritischen Aussagen zu ermöglichen. Diese wurden seit dem Frühjahr 2020 auf sozialen Plattformen wie „WhatsApp-Messenger“ und „Facebook“ vermehrt verbreitet und richteten sich u. a. gegen konservative Rollenbilder, beispielsweise gegen stereotype Bilder von Hausfrauen.

Männer- und Frauenrollen in den Familien widmete sich Max Preglau (Innsbruck) anhand des Themas „Corona und Geschlecht – eine intersektionale Betroffenheitsanalyse“. Dabei fokussierte er sich auf die Situation in Österreich und auf das hier vorherrschende Vereinbarkeitsmodell der Versorgungsehe, nach dem die Männer vorwiegend der Erwerbsarbeit nachgehen sollen während Frauen die Sorgearbeit in der Familie übernehmen, diese aber trotzdem mit einer möglichen Erwerbstätigkeit vereinbaren sollen. Durch die Schulschließungen musste die Kinderbetreuung von den Schulen auf die Sorgeverantwortlichen der Familie, vornehmlich Frauen, übertragen werden, was eine Mehrbelastung für diese bedeutete.

 

Mit Blick auf die Kernfamilie sprach zum Abschluss Christine Klapeer (Innsbruck/Göttingen) über das Thema „Die „Kernfamilie“ als Ort der Sicherheit: Zur biopolitischen Re-/ Stabilisierung von Hetero- und Homosexualität während der Corona-Krise“. Dabei betonte sie die Verfestigung der Kernfamilie als Neu-Konfiguration einer konservativen Familiengestaltung. Die geschlechtskonstituierenden und performativen Effekte der Pandemie wurden hierbei hervorgehoben. Alle Vorträge warfen einen kritischen Blick auf die Gesellschaft, wobei vor allem die Rolle der Frauen in Österreich während der Corona-Pandemie untersucht wurde.

In der abschließenden Diskussion wurde die in der Corona-Pandemie oftmals getätigte Aussage: „Männer helfen nun Frauen im Haushalt“ besprochen. Dies impliziert, dass der Aufgabenbereich des Haushalts immer noch den Frauen zugeordnet wird.    Meiner Ansicht nach ähneln die Geschlechterrollen in Österreich teilweise immer noch denen der letzten Jahrzehnte, trotz gesellschaftlicher Umbrüche wie der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe.

Zu dem Vortrag von Flavia Guerrini und Heidi Siller wurde folgende Frage gestellt: Gibt es auch außerhalb von Corona-Zeiten, Krisenzeiten, regelmäßig besondere Tage oder Ereignisse, an denen vergleichbare Beobachtungen hinsichtlich Gewalt gemacht werden?

Die Vortragenden antworteten damit, dass in Krisensituationen die häusliche Gewalt ansteigt. In den USA gibt es Studien zu Footballspielen, die besagen, dass es beim Verliererteam zu einer ansteigenden Gewaltbereitschaft der Männer gegenüber ihren Partnerinnen kommt.

Meiner Ansicht nach sollte das Thema Gewalttaten in Partnerschaften zunehmend in der Gesellschaft thematisiert werden und es sollten regelmäßig Studien zum Thema durchgeführt werden. Dadurch könnten Statistiken eine größere Aussagekraft bekommen und somit Rückschlüsse auf Gewalt an gewissen Tagen oder zu bestimmten Ereignissen im Jahr zulassen.

(Beate Cappello)

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