Vom Autopsieren und Finden, Recherchieren und Zuordnen an der Fachbereichsbibliothek Europäische Ethnologie der Universität Wien

Susanne Wicha

Bereits im Jahr 1994 und somit noch vor den Washingtoner Prinzipen und dem Österreichischen Kunstrückgabegesetz konnten enteignete Buch- und Zeitschriftenbestände an der Fachbereichsbibliothek Europäische Ethnologie nachgewiesen werden. So z.B. Werke aus der Bibliothek des „Katholischen Universitätsvereines Salzburg“, einer Bibliothek, die von der Gestapo beschlagnahmt und folgend der „Forschungs- und Lehrgemeinschaft Deutsches Ahnenerbes e.V.“ einverleibt worden war. Auch Zeitschriftenbestände aus der beschlagnahmten Anthropos-Bibliothek in St. Gabriel konnten aufgrund von Literatur- und Archivhinweisen 1994 identifiziert werden.

Mit der Leitung der in Salzburg an­sässigen „Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde“ wurde der Germanist und Skandinavist Richard Wolfram (1901-1995) betraut. Als Wolfram 1939 auch als Leiter des neu gegründeten „Instituts für germanisch-deutsche Volkskunde“ an der Universität Wien eingesetzt wurde, gelangten aufgrund seiner Doppelfunktion einzelne Werke von Salzburg nach Wien und in weiterer Folge an das 1964 wiedergegründete Institut für Volkskunde, das abermals von Wolfram geleitet wurde.

Nach der im Jahr 2005 durchgeführten Autopsie des ca. 3.600 Bände umfassenden Altbestandes der Fachbereichsbibliothek Europäische Ethnologie, erfolgte die Katalogisierung der „fraglichen“ Bestände, wobei nach deren Aufarbeitung vier Restitutionen (99 Bände) und sechs Eintragungen in die Kunstdatenbank (32 Bände) durchgeführt sowie 26 Fälle (65 Bände) als unbedenklich eingestuft werden konnten. Von den verbleibenden fünf, noch nicht final abgeschlossenen, jedoch bereits ausrecherchierten Fällen, soll in diesem Vortrag aufgrund des Tirolbezugs auf den Fall des Bibliothekars Rudolf Panzl-Stein näher eingegangen werden und damit ein Schlusspunkt innerhalb der Provenienzforschung an der Fachbereichsbibliothek Europäische Ethnologie gesetzt werden.

Kurzbiografie

Studium der Europäischen Ethnologie sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Wien und Graz (Abschluss 1990), Bibliothekarsausbildung (1994). Seit 1990 Mitarbeiterin an der UBW, seit 1994 Leiterin der Fb Europäische Ethnologie an der UBW, seit 2015 NS-Provenienzforscherin an der UBW.

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