Zum Umgang mit problematischen Ehrungen

Bei Ehrungen handelt es sich immer um symbolische Maßnahmen, aber durchaus politische Entscheidungen. Sie spiegeln den jeweiligen historischen Kontext und die Interessen der beteiligten Akteure. Aus Sicht von HistorikerInnen ist es nicht überraschend, dass die Beurteilung von Praktiken, Zuständen, Systemen, Institutionen und auch Personen mit der Zeit Veränderungen unterworfen ist. Mit Ehrungen und Auszeichnungen wird jedoch versucht, bestimmte Personen und Leistungen späteren Neubewertungen zu entziehen. Das ist immer ein gefährliches Unterfangen, das leicht vom Gang der Geschichte desavouiert werden kann. Die Verantwortungsträger der Universität Innsbruck haben im Laufe der Zeit eine ganze Reihe von Personen geehrt, die aus heutiger Sicht nicht mehr als würdig gelten können.

Gemäß den geltenden Bestimmungen der Universität Innsbruck erlöschen Ehrungen durch Verzicht, Widerruf oder den Tod der/des Geehrten. Ein Widerruf ist möglich, „wenn sich die betreffende Persönlichkeit als dieser Auszeichnung nicht mehr würdig erwiesen hat oder wenn sich nachträglich ergibt, dass die Ehrung erschlichen worden ist“. In den meisten Fällen sind jedoch bereits zum Zeitpunkt der Ehrung biographische Details und bestimmte Vorgänge bekannt gewesen, die als Hinderungsgrund hätten gelten können, die aber offenbar ignoriert oder einfach hingenommen wurden.

Durch das Erlöschen einer Ehrung auf Grund des Todes der/des Geehrten ist eine nachträgliche Aberkennung einer Ehrung für bereits verstorbene Personen formell unmöglich. Eine Aberkennung darf auch nie eine nachträgliche Reinwaschung sein: Im Grunde muss sie damit einhergehen, dass die ursprüngliche Zuerkennung als Fehler anerkannt wird. Sie kann nicht eine spurlose Streichung sein oder der Versuch eines Spurenverwischens: Sie schließt vielmehr die fortgesetzte Verantwortung der Universität für die damalige Fehlentscheidung mit ein. Die frühere Zuerkennung bleibt als historische Tatsache bestehen, sagt weiter etwas über die Geschichte der Universität und unserer Gesellschaft aus. Sie kann durch die Aberkennung nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden, ebenso wenig wie die Leiden der Opfer. Als problematisch erkannte frühere Ehrungen können aber andererseits auch nicht einfach unkommentiert bestehen bleiben. Dies käme einer fortgesetzten Verhöhnung der Opfer gleich.

Die Universität Innsbruck hat sich dazu entschlossen, Fälle von Ehrungen, die ihr heute nicht mehr angemessen erscheinen, zu markieren und zu dokumentieren. Auf Grund der großen Zahl der Geehrten und oft mangelnder Informationen kann dies nur ein „work in progress“ sein, zu dem wir ausdrücklich Ergänzungen und Kommentare erbitten. In vielen Fällen gibt es auch keine einfachen Antworten, sondern bleibt eine nachträgliche Einschätzung schwierig.

Seit dem 20. Jahrhundert existierten – neben den Ehrenpromotionen – verschiedene Arten von Ehrungen, die von den österreichischen Universitäten vergeben werden konnten:

  • Ehrenmitgliedschaft
  • Ehrensenatorenschaft
  • Eintragung ins Ehrenbuch
  • Ehrenbürgerschaft
  • Ehrenzeichen

Das Ehrendoktorat war die einzige Würdigung, die allein aufgrund herausragender wissenschaftlicher Leistungen verliehen werden sollte. Gleich den übrigen Ehrungen sollte es jedoch nicht an noch aktive Hochschullehrende vergeben werden. Ehrenmitgliedschaften und Eintragungen in das Ehrenbuch der Universität Innsbruck waren dagegen meist mit der Anerkennung wissenschaftlicher Forschungen außerhalb der Universität verbunden. Die Auszeichnung als Ehrenbürger*in erfolgte im allgemeinen „in Würdigung der besonderen Verdienste um die Ausgestaltung der Universität und deren Institute“, also infolge materieller Unterstützung der Universität. Ehrensenatorenschaften wurden dagegen häufig mit folgender Begründung vergeben: „In Anerkennung und Würdigung der besonderen Verdienste um die von der Universität Innsbruck vertretenen wissenschaftlichen und kulturellen Ziele“. Diese Begründungen entsprachen im Wortlaut den im Bundesgesetz festgeschriebenen Vorgaben. Die Auszeichnung der Ehrensenatorenschaft wurde WissenschaftlerInnen und Personen, die außerhalb der Universität tätig waren gleichermaßen zuteil.

Ehrenzeichen wurden für „Verdienste um die der Universität anvertrauten Gebiete der Wissenschaften sowie Verdienste um die Universität selbst“ vergeben. Gemeinsam war allen Ehrungen, dass sie im Ehrenbuch der Universität verzeichnet werden sollten.

Laut den Unterlagen im Universitätsarchiv wurden in der NS-Zeit insgesamt 23 Personen geehrt. In diesem Zeitraum wurden nur Ehrenmitgliedschaften verliehen. Die Verleihungen fanden an drei Terminen statt, wobei beim ersten 1939 nur der Innsbrucker Maler Hubert Lanzinger geehrt wurde, der die Vorlage für das Hitler-Mosaik in der Aula geschaffen hatte.

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