Ästhetische Bildung

Der erst im 18. Jahrhundert entstandene Begriff der ästhetischen Bildung ist eine Antwort auf die alte Frage nach den Wirkungen des Schönen und verdankt sich historisch der Befreiung von den heteronomen Zwecksetzungen der Moral und der begrifflichen Erkenntnis.

Diese Befreiung wirkt sich auch auf die Position des Subjekts aus: Es ist Subjekt einer ästhetischen Erfahrung, soweit es Bildungsprozesse hervorbringt und gestaltet. Gleichzeitig findet es sich aber immer auch als Teil eines Kontextes oder Gegenstandes von einem Gegenüber vor, dem es sich erfahrend überlässt und worüber es nicht vollständig verfügt. Ästhetische Erfahrung ist daher nicht nur eine aktive Leistung im Sinne des Erforschens, Erkundens, Gestaltens oder Analysierens von Welt- und Selbstverhältnissen, sondern es ist immer auch eine „Leistung“ im passiven Sinne des sich Einlassens, des Widerfahrens und Gewahrwerdens, der Berührung, des Affekts, Gefühls und des Nicht-Verstehens.

Auf die Abstraktheit des wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens bezogen bedeutet dies, dass neben der rein kognitiven Ausrichtung auch die körperlich-sinnliche und situativ-szenische Wirklichkeit und Praxis zu berücksichtigen ist und dadurch eine Verbindung zu dem hergestellt wird, was allem Wahrnehmen, Erinnern, Begreifen und Verstehen zu Grunde liegt. Forschungen zur ästhetischen Bildung und Erfahrung sind somit Beiträge zu den Grundlagen des menschlichen Lebens und gehören mithin auch zu den Grundlagen des Faches (Quellen) und sollen nun exemplarisch noch etwas genauer ausgeführt werden.

 

Universität als Ort der Grenze und des Übergangs

An der Universität werden nicht nur Theorien und Methoden angeeignet sowie eine moralische, politische und wirtschaftliche Grundorientierung erworben, sondern auch ein Gesamt-Habitus des Lebens ausgeprägt, der die Bildung des Geschmacks ebenso wie das Ausmaß und die Formen der Gestaltung und Selbstbildung betrifft. Wer an der Universität studiert, erlebt sich auch und vor allem in der Auseinandersetzung mit den eigenen und den Produkten und Werken anderer, was beides – Erfahrungen von Sicherheit, Ganzheit und Abschluss und Erfahrungen von Unbestimmtheit, Abbruch und Zerrissenheit – beinhaltet. Eine Antwort seitens der Lehre wäre z.B. das Erproben neuer Darstellungs- und Vermittlungsformen, die untrennbar mit der Forschung verbunden sind und die Bedingungen der Produktion von Wissen konsequent mitdenken. Wenn zum Schluss das Widerstrebende dann doch noch zu einer Handlungs- und Erlebniseinheit zusammenzuführen wäre, dann allein unter der Perspektive, dass der Prozess und die Gestalt nicht exakt geplant und im Ergebnis nur begrenzt kalkulierbar ist (Quellen).

Bezugsfeld 1: Berg- und Extremsport 

Der Berg- und Extremsport findet in der Regel am Rande der Kultur, in der Natur statt. Diese räumliche Absonderung erschwert zusätzlich die Plan- und Kalkulierbarkeit und erhöht den Druck nach Rechtfertigung. Dadurch drängt die Frage nach der Urteilsbildung in den Vordergrund. Sicherheit gelangt in ein Urteil aber nicht durch die Trennung, sondern durch die Verbindung von sinnlichen und rationalen Vermögen. Deren Zusammenwirken und Ineinandergreifen bringt unterschiedlich intensive Zustände von Präsenz hervor, welche sich in den üblichen Kategorien von Körper / Geist nicht fassen lassen. Erst wenn die Dichotomie kollabiert, kann sich im Vollzug dieser Praktiken außer Gewohnheit ein Maximum an Sicherheit einstellen. Wobei in den Zuständen starker Präsenz genaugenommen nichts Außergewöhnliches in Erscheinung tritt, vielmehr kann durch sie durchaus Gewöhnliches erinnert werden, nämlich die Eigenart des Menschenembodied mind zu sein (Quellen).

Bezugsfeld 2: Kunst und Natur

Das dritte und vorläufig letzte Bezugsfeld ist die Kunst im Verhältnis zur Natur und im Sinne der performativen Hervorbringung von Materialität. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den Bedingungen, Möglichkeiten, Grenzen und Wirkungen ästhetischer Erfahrung. Als Gabe, die gibt und nimmt und als Schwellenerfahrung, die zu Transformationen führen kann, drängt sich über die ästhetische Erfahrung noch einmal die allgemeine Frage nach dem auf, was heute Erfahrung ist und sein könnte. Erfahrung versuchsweise verstanden als ein komplexes Geschehen, das die Übergänge von sinnlichem und rationalem Vermögen organisiert, den Körper als Medium und Fundament der Erkenntnis nutzt und sich konsequent um Darstellung bemüht (Quellen).

Helga Peskoller

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