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Klitorides auf Zeitreise im Westen der Welt
Zur europäischen Kulturgeschichte der somatischen Einschreibung sexueller Devianz
Christina Goestl


Abstract

Klitorides erfuhren in den letzten 500 Jahren eine wechselhafte Geschichte. Bis zum 16. Jahrhundert galten Klitorides als unverzichtbar. In den folgenden Jahrhunderten rückten die Agentinnen der Lust ins Zentrum eines komplizierten Netzes konstruierter Sexualität zur Entwicklung der Fiktion von zwei Geschlechtern. Die biologischen Diskurse wurden ideologisch genutzt: Klitorides wurden ebenso produziert wie (wieder)entdeckt. Die Anatomie entwickelte diverse Erklärungsmodelle zu Umfang, Form und Gestalt und sorgte für Universalisierung und Normalisierung. Andere Disziplinen verbanden Klitorides mit Lesbianismus, Hermaphrodismus, Nymphomanie, Masturbation, Prostitution etc. und erklärten sie zum Sitz abweichenden Sexual- und Sozialverhaltens. Klassenunterschiede wurden durch Klitorides definiert. Die "unordentliche" Frau wurde zur Anderen. Die im "Westen der Welt" weit verbreitete medizinische Praxis der Klitoridektomie wurde als wissenschaftlich begründete Maßnahme gerechtfertigt. Klitorides verschwanden nahzu aus den Lehrbüchern. Die Feministische Selbsthilfe-Gesundheitsbewegung der 1960er Jahre rebellierte jedoch gegen die medizinische Hegemonie. Sie erforschte das komplex vernetzte klitorale Milieu und entwickelte eine ausgereifte alternative Anatomie, die seit Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend auch in die medizinische Forschung einfließt. Ist eine Auflösung des anatomischen Essentialismus in Sicht und sind Klitorides lesbischqueer?

 

Zur Person

Christina Goestl. Künstlerin, Studium an der Universität für Angewandte Kunst, Rietveeld Akademie Amsterdam, Königliches Konservatorium Den Haag, lebt und arbeitet in Wien. Internationale Ausstellungen und Performances, Vorträge und Publikationen. Künstlerische Forschung zu Klitorides seit 1998, Entwicklung des 3D-Prototyps "Clitonics", Publikation in Vorbereitung.
www.clitoressa.net, www.cccggg.net

 


Panel 22: (Trans*queere) Formen der Subjektivierung

Zeit: Samstag, 09. November 2019, 09:30-11:00 Uhr
Raum: Hörsaal 1, Universitätsstraße 15, EG OST

 

Veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung und der FP Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) in Kooperation mit dem Büro für Gleichstellung und Gender Studies der Universität Innsbruck.

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