Erfahrungsbericht

Montréal (Wintertrimester 2018)

von Jessica Ranalter

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Ende Dezember des vergangenen Jahres hatte ich die Ehre für ein Semester, über die Partnerschaft des Zentrums für Kanada-Studien, nach Montréal in die Provinz Québec zu reisen, und an der frankophonen „Université de Montréal“ zu studieren. Nachdem der aufwendige Bewerbungsprozess abgeschlossen war und ich die Nominierung erhalten habe, konnten die Vorbereitungen schon losgehen: Die Wohnungssuche war in meinem Fall sehr unkompliziert, da mir eine Studienkollegin die Adresse ihres Vermieters in Montréal gab und ich innerhalb kürzester Zeit eine Unterkunft hatte. In Montréal liegen die Kosten für ein durchschnittliches WG-Zimmer zwischen 400 und 600 Dollar. Schlussendlich war ich, mit meinen zwei japanischen Mitbewohnerinnen, im westlichen Quartier „Côte-des-neiges“ bei einem waschechten Kanadier und seiner Frau untergebracht.

Ein „warmer“ Empfang …

Es dauerte nicht lange, dann fühlte ich mich wie zu Hause und konnte bei Temperaturen von bis zu -30 Grad die Universität im Schneesturm erkunden. Am Beginn eines jeden Semesters organisiert die UdeM zahlreiche Willkommensveranstaltungen für neue Studierende. Mittels der App „la rentrée“ konnte man sich für Einführungskurse,

Bibliotheksführungen, Sightseeing und noch vieles mehr anmelden. Gleich von Beginn an spürte ich, dass sich die Leute auf der Universität sehr bemühen und versuchen, einem das Leben in diesem unbekannten Terrain zu erleichtern. Die Offenheit und Freundlichkeit der Kanadier hat mich sofort mitgerissen und bescherte mir auch viele nette Kontakte und Freunde, mit denen ich noch heute in Kontakt bin. Es ist also sehr empfehlenswert, diese Einführungstage wahrzunehmen und sich dadurch in der neuen Uni zu akklimatisieren. Natürlich ist es im nächsten Schritt wichtig, sich zu inskribieren und sich für die Lehrveranstaltungen anzumelden.

Der lange Weg durch den „Bürokratiejungle“ …

Schon bei der Einreise nach Kanada, konnte ich sehen, dass es die Kanadier sehr genau mit Formularen, Finanzen und administrativen Dingen nehmen. So ging es auch auf der Universität weiter: Das wichtigste ist, sich den „Statut étudiant“ zu besorgen. Ich versuchte also, so schnell wie möglich, zu meiner Studienleiterin zu gelangen, um mich für die ausgesuchten Kurse anzumelden. Wie man mich schon im Vorhinein informiert hat, bekam ich schlussendlich nur einen meiner geplanten Kurse. Jedoch muss ich sagen, dass sich die Studienberatung gut um meine Wünsche gekümmert hat und ich dadurch sehr interessante Kurse besuchen durfte. Erst wenn man im „Centre étudiant“, dem Onlineportal der UdeM, angemeldet ist, hat man den wirklichen Status eines Studenten. Damit kann man gewisse Vorteile nutzen und auch die Zeiten für seine Kurse einsehen. Als dieser Prozess erledigt war, begab ich mich auf dem schnellsten Weg zur „Berri/UQAM“-Metrostation und holte mir mein Ticket für die öffentlichen Transportmittel. Ohne diese Karte, kann Mobilität in Montréal ziemlich teuer werden. Insgesamt dauerte das Ganze eine Woche, aber danach konnte das Studentenleben losgehen.

Eine neue Umgebung …

Dank der Einführungsveranstaltungen konnte ich mich in den ersten Wochen sehr gut zurechtfinden. Die Universität besteht aus mehreren „Pavillions“ und Standorten, man sollte sich also vorher sehr gut informieren, wo der Kurs tatsächlich stattfindet. Da sich das Lehramtsstudium aus zwei Fächern zusammensetzt, absolvierte ich an der UdeM auch Kurse im Bereich Sport, in Kanada bekannt als „Kinésiologie“ und in Französisch am „Département de linguistique et de traduction“. Diese Kurse fanden sowohl im Sportzentrum, vergleichbar mit unserer USI, als auch im Labyrinth des großen Hauptgebäudes statt. Die Kurse an sich waren eine große Bereicherung, eine wahre „Challenge“ und eine Erfahrung/Inspiration fürs Leben. Die kanadischen Studierenden sind hoch motiviert und sehr eifrig, vor allem wenn es um ihr Studium geht. Auch meine Professoren waren sehr kompetent und konnten uns das beste aus allen Materien vermitteln. Dazu kommt, dass das Verhältnis sehr kollegial gehalten wird und die Kurse in meinen Bereichen mehr einem großen Projekt glichen, als einem Frontalkurs. Jedoch sind die Kurse mit einem hohen Aufwand verbunden. Die Professoren geben wöchentlich mehrere Lektüren und Vorbereitungen für die nächsten Einheiten, sowie kleine „Seminararbeiten“ während des Semesters auf. Bei LV’s, die in einem Labor stattfinden oder von physischer Anwesenheit abhängig sind, wie z. B. bei meinen Sportkursen, besteht Anwesenheitspflicht. Die Studierenden in Kanada nehmen jedoch für gewöhnlich immer an allem teil, auch an den Vorlesungen. In der Mitte des Semesters finden meistens die „Examens intrasemestriels“ statt bzw. kleine Prüfungen, somit hängt die Endnote nicht nur von der Note der Abschlussklausur ab. Glücklicherweise konnte ich alle meine Kurse positiv abschließen und trotz des vielen Lernens den Rest von Montréal auch noch genießen.

Das Leben außerhalb der Universität …

Neben dem Leben an der Uni konnte ich auch die wunderschöne Stadt Montréal erkunden und kennenlernen. Sie bietet neben sehr vielen netten Cafés und Restaurants auch schöne Aussichtsplätze, die man sehr gut mit den Öffis oder zu Fuß erreichen kann. Im Winter muss man sich auf jeden Fall etwas mehr anziehen, um Montréal zu Fuß zu erkunden, aber der Weg lohnt sich, da man so die Diversität der Stadt erleben kann. Der Mont-Royal, der sich in der Mitte der Stadt befindet, lädt nicht nur zum Wandern ein, sondern auch zum Rodeln, Langlaufen und vor allem zum Eislaufen auf den zahlreichen Naturplätzen. Auch der Hafen Vieux-Port im Osten der Stadt ist ein Highlight mit seinem Riesenrad und dem Ausblick auf den Sankt-Lorenz-Strom. Für Kulturliebhaber gibt es viele Museen, worunter auch einige für Studenten kostenlos sind. Für die Sportlichen unter uns bietet das CEPSUM (USI) zahlreiche Kurse an, die man als Vollzeitstudent zu einem guten Preis besuchen kann. Ich habe mich gleich am Beginn für ein Volleyballteam angemeldet und spielte demnach jeden Montag mit meinem Team in einer Hobby-Liga. 

Mit meinen neuen Freunden machte ich auch mehrere Ausflüge. Toronto, Ottawa, Québec City und die USA sind nicht weit von Montréal entfernt, also profitierten wir von unseren Wochenenden und erkundeten neue Orte. 

Dieses Semester hat mir sehr viel Freude und sehr viel Erfahrung beschert, Montréal hat sehr viel zu bieten und ist für Studenten aus Europa ein wahrer Tapetenwechsel. Der Aufwand für die Bewerbung, den ich 2x auf mich genommen habe, bereue ich kein bisschen, denn es hätte dort nicht besser laufen können. Diese Zeit hat mir nicht nur gute Erinnerungen, sondern auch das Thema für meine Diplomarbeit geliefert. Seit Mitte Jänner 2019 befinde ich mich wieder dort und schreibe über die ein linguistisches Thema der Stadt Montréal. Ich kann es also nur wärmstens empfehlen, sich zu bewerben und das französische Kanada kennen zu lernen. 

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