... dem geisti­gen Fort­schritt der Wis­sen­schaf­ten ganz er­geben ...

Im Jahr 1859 wurde die Einführung der Gasbeleuchtung in Innsbruck beschlossen. Die Universität bemühte sich daher sofort um einen Anschluss an das Gasnetz, nicht zuletzt um in den chemischen Laboratorien auf dem neuesten Stand der Technik zu sein.
Symbolbild Infrastruktur
Bild: Symbolbild Infrastruktur. Montage (von links): Maria-Theresianische astronomischen Standuhr am IQOQI, Drogensammlung „Dittrichiana“ am Institut für Pharmazie. (Credit: IQOQI/M. R. Knabl, Andreas Friedle)

Schreiben der Gasfabrik an das Rektorat, Innsbruck, 19. November 1860. Tiroler Landesarchiv, Statthalterei, Studien/2688 ex 1860Innsbruck, den 19. November 1860

Euer Wohlgeboren!

Sie waren Gestern so gütigst, mir die eingelangte Erledigung des k.k. hohen Ministeriums auf Ihre Eingabe in Frage der Gaslicht-Einrichtungsgegenstaende mitzutheilen, woraus zu ersehen ist, wenn die Bezahlung dieser Einrichtung mit der hiesigen Gasfabrikverwaltung auf eine Dauer von mehreren Jahren in Raatenfristen abgemacht werden kann, da der Studienfonds auch für das nächste Jahr bereits erschöpft sey, der Inanspruchnahme für die Gaseinführung für das k.k. Universitätslaboratorium der Chemie, nichts mehr im Wege steht und diese sogleich geschehen kann, so erlaube ich mir im Nahmen meines Chefs L. A. Riedinger, welcher eben auch dem geistigen Fortschritt der Wissenschaften ganz ergeben und besonders da ein k.k. öffentliches Institut eines chem. Laboratoriums auf dem Stande der Jetztzeit ohne Besitz und Anwendung von Gas nicht gut denkbar als vollkommen eingerichtet existieren kann, Ihnen folgende sehr nahmhafte Begünstigungen einzuräumen.

Wenn mit der Gasleitungseinrichtung sofort begonnen werden kann, so verbindet sich die ergebenst gefertigte Verwaltung diese Einrichtung, nach dem bereits am 6. Oktober vorigen Jahres vorgelegten Kostenvoranschlages im Betrage von

f. 454.13  Reichswährung oder
f. 397.93 öst. Währung in Silber in

kürzester Frist vollkommen herstellen zu lassen. Die Bezahlung kann nach Belieben in Reichs- oder österr. Währung in Silber oder in Banknoten zum Tageskurse, vom Tage der Rechnungsausstellung in dem Zeitraume von 5 Jahren geschehen und erlaube mir den betreffenden Behörden das Recht einzuräumen, die Zahlungsfristen selbst zu bestimmen, nur müßte die erste Raate wenigstens in der ersten Hälfte des Jahres 1862, sage 1800 sechzigzwei, beginnen und bis zur gänzlichen Austragung der Rechnung das Capital zu 5% verzinst werden.

In der Überzeugung, Ihnen hiermit Beweise unseres reelen Gebahrens an den Tage gelegt zu haben, sehe Ihren nächsten endgiltigen geehrten Mitteilungen entgegen als Ihre Achtung vollst ergeben

Verwaltung der Gasfabrik

J.H. Kreidt

Schreiben der Gasfabrik an das Rektorat, Innsbruck, 19. November 1860.
Tiroler Landesarchiv, Statthalterei, Studien/2688 ex 1860  

In den 1850er Jahren wurde in immer mehr Städten in Mitteleuropa die Einführung der öffentlichen Gasbeleuchtung diskutiert und schließlich auch durchgeführt. In Innsbruck hatten im Jahr 1858 ernsthafte Debatten um die Einführung der Gasbeleuchtung begonnen. Der Augsburger Ingenieur und Gasunternehmer Ludwig August Riedinger – der auch in zahlreichen anderen Städten die Versorgung mit Gasbeleuchtung vorantrieb – wurde schließlich 1859 beauftragt, die Gasbeleuchtung der Straßen zu installieren. Gleichzeitig konnten private Haushalte, Unternehmen und öffentliche Institutionen den Anschluss an das Gasnetz und so die Gasbeleuchtung im Inneren von Gebäuden beantragen.

Die Universität, besonders der Professor für Chemie Heinrich Hlasiwetz, war sofort begeistert von dem Vorschlag und die Universität war auch unter den ersten, die den Anschluss an das Gasnetz beantragt hatte. In seinem Ansuchen an das Ministerium zur Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel betonte Hlasiwetz nicht nur die Möglichkeit, durch die Gasbeleuchtung die Ausgaben für Kerzen und Öllampen zu verringern und gleichzeitig die mit diesen Leuchtmitteln übliche Verrußung zu reduzieren, sondern auch die Notwendigkeit des Gases für Experimente im chemischen Labor, etwa für neuartige Spektralanalysen. Der Anschluss an das Gasnetz war aus seiner Sicht notwendig, um mit den gewaltigen Fortschritten in den Naturwissenschaften Schritt halten zu können. Allerdings – auch das zeigt das Dokument – bereitete die Finanzierung der Gasbeleuchtung auch Schwierigkeiten, weil die Monarchie nach den Kriegen von 1859 in großen finanziellen Schwierigkeiten war und der Tiroler Studienfonds, aus dem die Universität und die übrigen Bildungseinrichtungen finanziert wurden, notorisch verschuldet war.

Die schließlich doch erfolgte Einführung der Gasbeleuchtung bedeutete dann allerdings einen großen Schritt in der Modernisierung der Infrastruktur der Universität. Gleichzeitig wurde die Gasbeleuchtung auch zum Symbol für den technischen Fortschritt, der durch die Naturwissenschaften ermöglicht worden war und zum Symbol der Aufklärung, die die Finsternis der alten Zeit und rückständige Gedanken in den Köpfen der Menschen vertreiben sollte.

(Christof Aichner)

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