... leide er den­noch in keiner Weise an einer Beein­trächti­gung ...

Körperliche Beeinträchtigungen wurden nicht ohne weiteres akzeptiert, vielleicht sogar insgeheim als Strafe Gottes eingestuft, betroffene Menschen diskriminiert. Der Transfer von Stellen aus dem Neuen Testament, wo Christus als Heilender, die Schwellen der Ausgrenzung Überschreitender dargestellt wird, in die damalige Gegenwart gelang offensichtlich nicht.
Symbolbild Studierende
Bild: Symbolbild Studierende. Montage (von links): Inskripition von Adelheid Schneller, Darstellung eines Studenten (Ferdinandeum Sign. FB11300). (Credit: Universität Innsbruck/Ferdinandeum)

UAI,Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Eintrag v. 27. Jänner 1690. Üb.v. Wolfgang Kofler.Übersetzung:

Nach der Inskription nahm die Fakultät zu dem Begehren des Herrn Magister Wilhelm Tschafeller Stellung, der sich einfand, damit sich alle mit ihren eigenen Augen ein Bild von ihm machen konnten: Obwohl seine Arme etwas kürzer und Schultern etwas schmaler waren, als es die gewöhnliche Symmetrie der Körperteile vorsieht, leide er dennoch in keiner Weise an einer Beeinträchtigung, die ihn an der angemessenen Ausübung der religiösen Vorschriften hindere oder eine über die Maßen auffällige Hässlichkeit zur Folge habe und so eine Behinderung im Sinne unseres allerheiligsten Kirchenrechts bedeute. Dieser Fakultätsbeschluss wurde vom Notar schriftlich beglaubigt und dem Betroffenen dann vom Dekan übergeben.

UAI,Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Eintrag v. 27. Jänner 1690. Üb.v. Wolfgang Kofler.

Ein Student, der offensichtlich nur eine leichtere körperliche Beeinträchtigung hatte, sah sich trotzdem in seiner Lebensgestaltung bedroht. Das Kanonische Recht kannte eine Reihe von Weihehindernissen, wozu auch gewisse Grade von körperlichen Behinderungen gehörten. Laut Matrikelbuch der Theologischen Fakultät kam der Student aus Brixen, hatte das Philosophiestudium absolviert und stand 1689/90 im ersten Jahr des Theologiestudiums. Auf jeden Fall verfügte er nun über eine notariell beglaubigte Bestätigung des Dekans der Theologischen Fakultät, dass seine Behinderung seine künftige Tätigkeit nicht beeinflusse, auch nicht mit kirchenrechtlichen Vorschriften kollidiere. Doch verstarb er drei Jahre später, am 2. März 1693.

(Margret Friedrich)

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