Realitäten und Visionen in Bibliotheken mit der Politik teilen – neue Formen der Lobbyarbeit für Bibliotheken

Claudia Lux

Immer wieder werden schöne Neubauten und technische Modernisierungen in Bibliotheken bekannt gegeben. Der Arbeitsort Bibliothek scheint allgemein anerkannt und die Bibliothek ein akzeptierter Ort des Wissens- und Technologietransfers für unsere Nutzer zu sein, die die neuen Dienstleistungen intensiv nutzen. Haben Bibliotheken ihren Platz in der Politik in Österreich, der Schweiz, in Deutschland und Europa gefunden - oder trügt der Schein? Sind die Ressourcen auskömmlich und bieten sie Gestaltungsraum für neue Entwicklungen? Bleibt der Bibliotheksetat stabil und reicht er für steigende Buchpreise und Energie und die Lohnerhöhungen für das Personal?  Was geht noch, wenn nichts mehr geht? Wie können Visionen zur Realität werden?

Das Spektrum der Entscheidungsträger von Bibliotheken ist breit. Hier besteht ein Gemeinderat aus älteren Herren, der die Bibliothek heftig unterstützt, weil die Leseförderung mit dem ‚guten Buch‘ für Kinder doch so wichtig ist, und nichts davon weiß, wie erfolgreich Bibliotheken junge Menschen durch Maker Space Aktivitäten stärken und für die digitale Welt befähigen. Dort stehen junge Politikerinnen, die fragen, warum die Universitätsbibliothek nicht alles Open Access verfügbar machen kann und wieso dafür noch etwas gezahlt werden soll. Wieviel wissen die politischen Entscheidungsträger von den Realitäten in den Bibliotheken? Wieviel sollten sie wissen und wollen sie wissen? Wie können die Visionen der Bibliothekare und Bibliothekarinnen geteilt werden, um Unterstützung für neue Entwicklungen zu erhalten? Oder braucht es keine Visionen im Umgang mit Politikern?

Der Vortrag befasst sich mit der Beantwortung dieser Ausgangsfragen und bietet praktische Beispiele aus öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken, mit welchen neuen Formen der Einbindung der politischen Entscheidungsträger von Gemeinden und Universitäten das Wissen über die Entwicklungen in Bibliotheken aktuell gehalten werden kann, um so weitere Unterstützung in Form von Geld, Raum und Personal zu erlangen. Der Vortrag zeigt auch, welche erprobten traditionellen Methoden der bibliothekarischen Lobbyarbeit immer noch und in verschiedenen Umständen gut funktionieren. Gute Kontakte und regelmäßige Information der politischen Entscheidungsträgerinnen sind nur die Basis, auf der mit neuen Ideen und Engagement die stärkere Einbindung der Politik möglich wird. Trotzdem muss die Unabhängigkeit der Bibliothek bewahrt werden, um nicht zum Spielball taktischer Auseinandersetzungen und politischer Streitereien zu werden. Dazu sind bibliothekarische Führungspersönlichkeiten zu entwickeln, die gemeinsam mit ihrem Personal die Rolle der Bibliothek in Wissenschaft und Gesellschaft der Politik vermitteln können.

Kurzbiografie

Prof. Dr. Claudia Lux ist Honorarprofessorin am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin. 2007-09 war sie Präsidentin der IFLA, 1997-2012 Generaldirektorin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2012-17 Projektdirektorin der neuen Nationalbibliothek Katar.

 

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