An der Geschichte mitschreiben – Crowdsourcing an der Wienbibliothek im Rathaus

Alexandra Egger

An der eigenen Stadtgeschichte mitzuschreiben – dazu laden die Wiener Kultur- und Gedächtnisinstitutionen Wienbibliothek im Rathaus und Wien Museum mit ihrer gemeinsamen Plattform www.crowdsourcing.wien ein.

Nach dem äußerst erfolgreichen Pilotprojekt „Ansichtskartengrüße aus dem Wien Museum“ (2021) öffnete heuer auch die Wienbibliothek im Rathaus ihre Magazine und stellt einzigartige Zeugnisse der Wiener Alltagsgeschichte auf der Plattform zur Verfügung. Im Rahmen des Projektes „Briefe 1914 – 1919“ wurden bisher 1.738 Briefe online gestellt und Freiwillige um ihre Mithilfe beim Transkribieren gebeten.

Ausgangspunkt für das Projekt war die umfassende Digitalisierungsstrategie der Wienbibliothek im Rathaus, die unter anderem die Digitalisierung aller rund 200.000 einzeln katalogisierten Korrespondenzen in den nächsten Jahren vorsieht. Ein beträchtlicher Teil dieser Autographen steht bereits jetzt unter www.digital.wienbibliothek.at frei zur Verfügung. Doch stellte sich die Frage, wie  auch die Inhalte der Korrespondenzen les- und durchsuchbar gemacht werden können. Die Wienbibliothek im Rathaus entschied sich, die Wiener Bevölkerung und sonstige Interessierte um Hilfe bei der Transkription der Briefe zu bitten und startete im Juli 2022 ein Crowdsourcingprojekt, das am Bibliothekstag vorgestellt werden soll.

Um eine möglichst breite Beteiligung zu erzielen, wurde bei der Entwicklung des Crowdsourcing-Tools vor allem auf die einfache Benutzbarkeit sowie eine optisch ansprechende Oberfläche geachtet. Die Briefe können von den Mitwirkenden entweder transkribiert oder bereits erstellte Transkriptionen können geprüft und gegebenenfalls verbessert werden. So entstehen hochwertige Transkriptionen, die nach Abschluss des Projektes in die digitale Bibliothek der Wienbibliothek im Rathaus integriert werden und dort dauerhaft und im Volltext durchsuchbar zur Verfügung stehen.

Zur Freude aller Beteiligten war und ist das Projekt ein voller Erfolg und die Briefe wurden innerhalb kürzester Zeit transkribiert. Da sich eine engagierte Crowd gebildet hat, die über ein hohes Interesse und Freude an der Mitarbeit verfügt und darüber hinaus mit exzellenten Kurrentkenntnissen glänzt, wird die Plattform nun laufend mit neuen Inhalten gefüllt. Begleitveranstaltungen wie Crowd-Cafés und Kurrent-Leseworkshops helfen, die Crowd kennenzulernen und langfristig zu binden.

Wenngleich Crowdsourcing in der Bibliothekslandschaft kein Novum mehr ist, zögern trotzdem viele Einrichtungen, das Wissen der Vielen in Anspruch zu nehmen. Zweifel an der Qualität und am Erfolg der Projekte hindern Bibliotheken daran, ihre Bestände zu öffnen. Dieser Beitrag soll einen Einblick in das Projekt geben und im besten Fall andere Bibliotheken zu Crowdsourcingprojekten ermutigen.

Kurzbiografie

Alexandra Egger, Projektleiterin des Crowdsourcingprojektes, seit 2019 Leiterin der Digitalen Services der Wienbibliothek im Rathaus, seit 2022 außerdem Leiterin der Benützung

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