Den Glanz von Jahrhunderten als Gegner. Neue Wege der Kooperation und des Projektmanagements beim Aufbau der „Digitalen Biblioteca Ambrosiana, Mailand“.

Klaus Kempf

Die Biblioteca Ambrosiana im Zentrum von Mailand gelegen, ist sicherlich einer der strahlendsten Sterne nicht nur am italienischen, sondern am Weltbibliothekshimmel insgesamt. Sie beherbergt einmalige bibliophile Schätze (Beispiel: Codex Atlanticus von Leonardo da Vinci) und ist seit Jahrhunderten eine der wichtigsten und meist besuchten Forschungsbibliotheken weltweit.

In ihrer Kombination aus Archiv, Bibliothek und Museum bzw. Pinakothek unter einem Dach im wahrsten Sinn des Wortes, bot und bietet sie in der analogen Welt Wissenschaftlern aus aller Welt ein fast ideales Forschungsumfeld. Ihr Weg in die neue, die digitale Welt gestaltete und gestaltet sich außerordentlich schwierig. Die ersten Digitalisierungsversuche mit kommerziellen Partnern scheiterten. Der gravierende Mangel an qualifizierten personellen und finanziellen Ressourcen in der Bibliothek sowie die komplexen institutionellen Rahmenbedingungen verlangten nach einer grundlegenden Neuausrichtung der Digitalisierungsstrategie. 

Eine Lösung boten neue Ansätze projektbezogener Partnerschaften zum einen mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen vor Ort (Bibliothek der Università Cattolica del Sacro Cuore) und zum anderen mit „alten Freunden“, d.h. mit traditionell eng verbundenen Institutionen in Übersee (University of Notre Dame du Lac, Indiana). Das Projektmanagement, d.h. der Aufbau der erforderlichen organisatorischen und technischen Infrastruktur einerseits und die Einrichtung der neuen Workflows sowie die Aufrechterhaltung des täglichen Produktionsbetriebes (einschließlich Metadatenmanagement) andererseits verlangte ebenfalls neue Ideen und zumindest im Bibliotheksbereich eher unorthodoxe Lösungsansätze.

Nach sieben Jahren intensiver Arbeit unter zeitweise extrem schwierigen Rahmenbedingungen (Stichwort: Corona) ist nun ein Stand (bei der Digitalisierung mittelalterlicher Handschriften) erreicht worden, der den Ansprüchen der einschlägigen wissenschaftlichen Community gerecht wird und erkennen lässt, was an Digitalem unter sehr spezifischen Voraussetzungen möglich ist.   

Kurzbiografie

Über 40 Jahre Dienst überwiegend in leitender Funktion in wissenschaftlichen Bibliotheken in Würzburg, Bamberg, Dresden (TU) und Bayerischer Staatsbibliothek (BSB) sowie an der vorm. Generaldirektion der Bayer. Staatl. Bibliotheken. Von 2003 bis 2021 Aufbau der digitalen Dienste an der BSB als verantwortlicher Hauptabteilungsleiter. Seit dem altersbedingten Ausscheiden aus dem bayerischen Bibliotheksdienst (März 2021) als Berater (u.a. an der Biblioteca Ambrosiana) und Projektmanager sowie Dozent für Digitalisierungs- und Managementfragen auf ehrenamtlicher Basis insbesondere in Italien tätig.   

 

Nach oben scrollen