Projekte und Forschung

FWF Projektnummer:
P 255140 - G19

Projektleiter:
Mag. Dr. Bendeguz Tobias

Finanzierung: fwf logo


Spätantike und byzantinische Gewichte im Mittelmeerraum

In der Archäologie und Numismatik stellen spätantike und byzantinische Gewichte ein Forschungsdesiderat dar, Numismatiker betrachten sie sogar als "paranumismatische" Objekte. Daher ist es kaum verwunderlich, dass bis heute keine umfassende Publikation, sondern nur allgemeine Zusammenfassungen zu diesem Thema existieren.

Gewichte zum Wiegen von Waren und Münzen sind ein wichtiger Kontrollmechanismus eines funktionierenden Staates. Sie garantieren korrekte Steuereinnahmen und eine transparente Kontrolle für die Bürger/innen. Letztendlich war es das Ziel, Vertrauen in die Regierung und den Markt zu schaffen. Ohne ein solches System würden geregelte Steuerzahlungen, der Austausch von Waren und eine kontrollierte Zirkulation von Geld nicht ordnungsgemäß funktionieren. Die Gesetzestexte des Codex Theodosianus und ihre Novellen unter Justinian I. zeigen nachdrücklich, dass den geprüften Gewichten und ihrer ordnungsgemäßen Lagerung große Bedeutung zugekommen ist.

Spätantike und byzantinische Gewichte wurden in verschiedenen Formen und verschiedenen Materialien wie Kupferlegierungen, Blei, Silber, Glas oder Stein hergestellt. Sie sind hauptsächlich durch griechische Nennwertmarken gekennzeichnet, die ihr Gewicht angeben. Die Gestaltung der Oberfläche kann von einfachen Gravuren zu komplexen figurativen und architektonischen Bildern die mit verschiedenen Metallen eingelegt sind, gestaltet sein.

Die Größe des spätantiken und späteren byzantinischen Reiches war eine große logistische Herausforderung in Bezug auf die Einführung und Aufrechterhaltung eines einheitlichen Gewichtssystems. Heute sind Waagen und Gewichte eine Selbstverständlichkeit, aber ein internationales Einheitensystem ("Système international d’unités" - abgekürzt SI) wurde erstmals 1960 eingeführt und in den folgenden Jahrzehnten etabliert.

Die meisten Gewichte wurden überwiegend verwendet, um Geld – allen voran Goldmünzen - zu wiegen. Die drei wichtigsten Goldnominale waren der Solidus von etwa 4,5 g und seine beiden Fraktionen, der Semissis (etwa 2,25 g) und der Tremissis (etwa 1,5 g). Der Solidus bestand aus 24 Karat (24 κεράτια).

Die Goldmünzen wurden in erster Linie vom Staat verwendet, um die Löhne für Soldaten oder Beamten auszuzahlen. Zugleich sammelte der Staat von seinen Bürgern Steuern, vor allem in Form von Goldmünzen ein. Um die Liquidität des byzantinischen Staates zu gewährleisten, musste dieser mehr Geld durch Steuern einnehmen, als er ausgab. Es wird geschätzt, dass im 6. Jahrhundert n. Chr. die Steuereinnahmen bei etwa 4,8 Millionen Solidi pro Jahr aus den Einnahmen der Präfekturen lagen; drei Viertel davon alleine aus der Präfektur Oriens. Darüber hinaus wurden Steuereinnahmen von Finanz- und Domainverwaltungen erhoben. Für all diese Finanztransaktionen musste Geld von Staatsbeamten gewogen und kontrolliert werden.

Aus der metrologischen Sicht ist es offensichtlich, dass die geprägten Münz- und Glasgewichte erstaunlich genau kalibriert wurden.

Literatur:

  • Schibille, A. Meek, B. Tobias, Ch. Entwistle, M. Avisseau-Roustet, H. Da Mota, B. Gratuze, Comprehensive Chemical Characterisation of Byzantine Glass Weights. PLoS ONE 11/12, 2016, e0168289. http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0168289.
  • Tobias, Il peso monetale. Note cronotipologiche e distributive. In: P. M. De Marchi (ed.), Castelseprio e Torba: Partimonio dell'Umanità (Mantova 2013) 587-588. (ISBN: 9788887115840).
  • Tobias, Souvenir aus dem Orient? Ein fāṭimidischer Glasstempel aus Ószőny (Brigetio). (Keleti emléktárgy? Egy fāṭimida üvegpecsét Ószőnyről (Brigetio)). In: A. Anders, Cs. Balogh, A. Türk (eds.), Avarok pusztai. Régészeti tanulmányok Lőrinczy Gábor 60. születésnapjára. (Avarum solitudines. Archaeological studies presented to Gábor Lőrinczy on his sixtieth birthday). Opitz Archaeologica 6=MTA BTK MŐT Kiadványok 2 (Budapest 2014) 521-526. (ISBN: 9789639987135).
  • Tobias, Glass Weights. In: O. Tekin (ed.), Suna and İnan Kiraç Foundation Collection at the Pera Museum Part 2. Late Roman and Byzantine Weights (İstanbul 2015) 187-200. (ISBN: 9786054642465).
  • Tobias, Akdeniz Dünyasında Geç Antik ve Bizans Ağırlıkları. Toplumsal Tarih 267, 2016, 36-39.


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