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4. Das christologische Sündenbockdrama

Die Problematik des ausbleibenden Anbruchs der Gottesherrschaft und damit auch die empirisch eindeutig feststellbare Überwindung des Teufelskreises von Lüge und Gewalt betrifft nicht die Frage nach der Zeit; sie zielt auf das Problem des Willens und der Fähigkeit der Menschen, die konfliktuelle Dynamik des Begehrens anders zu überwinden als durch die gewaltkanalisierende lügnerische Logik des Sündenbockmechanismus.

Da diese Fähigkeit nicht gegeben ist, da ­ wie die Erfahrung zeigt ­ der Gewalt mit dem guten Willen allein nicht beizukommen ist und auch die Suche nach gerechteren, sie kanalisierenden Strukturen immer wieder neu begonnen werden muß, entfaltet Schwager das Drama Jesu in fünf ­ aufeinander nicht reduzierbaren ­ Akten.(23) Der Grund für diese Ausdifferenzierung liegt im Wesen der Sache selbst. Nachdem die Botschaft und das Leben Jesu, die von ihm dargestellte und gelebte Versöhnung ­ sein, theologisch gesehen, perfektes Programm ­ die Adressaten letztendlich doch verfehlte, ist ein neuer Ansatz notwendig, will Gott sich und seiner in der Botschaft angedeuteten bedingungslosen Liebe und Überwindung der Gewalt treu bleiben. Der für die Theologie der Gegenwart selbstverständliche Zugang zur Soteriologie im Kontext der Basileia-Botschaft wird damit für Schwager zum Zugang im wahren Sinne des Wortes: Es ist nur der erste Akt der dramatischen Geschichte Jesu und nicht deren Inbegriff. Für den zweiten Akt zeichnen nun die Gegner verantwortlich und deren Ablehnungsverhalten.

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