Workshops

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 Bild: Notizzettel (Credit: Unsplash)

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Tagung
„Irgendwo außerhalb des Buches“? – Über Formen und Funktionen auktorialer Epitexte im literarischen Feld der Gegenwart

20.9.–22.9.2022 an der Universität Innsbruck

Im September 2022 fand in Innsbruck die von unserem Projekt-Team organisierte, internationale Tagung „Irgendwo außerhalb des Buches“? – Über Formen und Funktionen auktorialer Epitexte im literarischen Feld der Gegenwart statt. Die Veranstaltung wurde ermöglicht und großzügig unterstützt von FWF und DFG sowie dem Vizerektorat für Forschung, dem International Relations Office und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck. Zu unserer großen Freude konnte die Veranstaltung den geltenden Covid-19-Richtlinien entsprechend in Präsenz abgehalten werden.

Im Fokus der Tagung stand die Frage: Wie erweitern und entwickeln sich seit der Jahrtausendwende die Formen und Funktionen auktorialer Epitexte in einem professionalisierten literarischen Feld mit veränderten medialen Bedingungen und Möglichkeiten hinsichtlich der Inszenierung und Rolle von Autor*innenschaft sowie der Korrelation von Autor*in und Werk? Diese wurde mitsamt angrenzender Fragestellungen im Rahmen von fünf Themenblöcken erörtert: Epitexte beobachten – Fingierte Epitexte – Performative Epitexte – Ritualisierte Epitexte – Digitale Epitexte.

Im Zuge der Vorträge wurde Genettes Epitextualitätsbegriff aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert und kritisiert, problematisiert und aktualisiert. Die bisherigen Erkenntnisse aus den Arbeitspaketen des Projekts wurden der Fachöffentlichkeit in Form von thematischen Einleitungen zu den einzelnen Tagungsblöcken präsentiert.

Die Veranstaltung war geprägt vom angeregten Austausch der Teilnehmer*innen, auch über die Vorträge und anschließenden Diskussionen hinaus, und bot so einen idealen Rahmen für die Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Formen und Funktionen auktorialer Epitexte. Dabei zeigte sich, dass nicht nur die Grenze zwischen Epitext und Kontext eine ebenso variable wie produktive Schwelle darstellt, sondern auch jene zwischen Epitext und Werk bzw. Autor*innenschaft.

Ein ausführlicher Tagungsbericht wird demnächst in der Zeitschrift für Germanistik publiziert. Die einzelnen Beiträge werden außerdem in einem Sammelband zusammengefasst, der in der neu begründeten und von Jörg Döring und Thomas Wegmann herausgegebene Reihe Paratext-Studien bei De Gruyter erscheinen soll.

Weitere Informationen sowie das ausführliche Tagungskonzept finden Interessierte hier.


Präsentation von Zwischenergebnissen

24.–25.3.2022 

 

Unser drittes Treffen in Präsenz fand im März 2022 in Innsbruck statt. Dabei wurden Auszüge aus den systematischen Kapiteln der drei Dissertationen diskutiert sowie die Planung der im September 2022 stattfindenden Tagung konkretisiert.

Der erste Tag des Workshops stand im Zeichen der Dissertationskapitel, die im Vorfeld von den Promovierenden eingereicht worden waren. Ausgehend davon wurden jeweils einzelne inhaltliche Aspekte diskutiert – sowohl in Bezug auf die entsprechenden Dissertationen als auch hinsichtlich des Gesamtprojekts. Dadurch zeigten sich in besonderem Maße die vielfältigen Schnittmengen der drei Arbeitspakete.

Da weder Lesungen im Allgemeinen, noch performative Epitexte im Speziellen systematisch von Gérard Genette erfasst werden, nahm Nora Manz in ihrem einleitenden Kapitel eine paratextuelle Einordnung der spontan-mündlichen Rahmungskommunikation bei Lyriklesungen vor. Dafür wurden Eigenschaften und Funktionen von ähnlich gelagerten Epitexten – wie dem Interview bzw. Gespräch, der Debatte oder dem späten Selbstkommentar – aus Genettes Typologie abgeleitet. Werden diese Erkenntnisse zudem mit Überlegungen aus der Performanztheorie und der Lesungsforschung verknüpft, lässt sich ein Instrumentarium zur Beschreibung der epitextuellen Lesungspraktiken innerhalb der deutschsprachigen Lyrikszene entwickeln.

Ausgehend vom aktuellen Stand der Paratextforschung widmete sich das Kapitel von Max Mayr den blinden Flecken in Genettes Epitext-Konzept. Dabei wurde speziell die Notwendigkeit von Funktionalität und auktorialer Bindung als Kriterien des Epitextes aufgezeigt, um diesen davor zu bewahren, im allgemeinen Kontext seines Bezugstextes aufzugehen, und ein differenzierteres Begriffsverständnis zu etablieren. Anhand des Kapitels ließen sich darüber hinaus Potenziale und Schwierigkeiten im Hinblick auf den faktischen Epitext diskutieren, die in der Dissertation eingehender erörtert werden – auch und gerade, weil der Erhalt eines Literaturpreises nach Genette als faktischer Epitext zu werten und der ritualisierte Epitext Dankesrede also davon umgeben wäre.

Das Kapitel von Anna Obererlacher fokussierte die Konstitution von Autor*innenschaft durch Literaturbetriebspraktiken wie jene des Autor*inneninterviews. Die große Bedeutung solcher Epitexte zeigt sich an den vielfältigen, auf die Präsenz von Autor*innen ausgerichteten Inszenierungssmaßnahmen im literarischen Feld und wird darüber hinaus anhand autofiktionaler Literaturbetriebsromane beobachtbar. Letztere reflektieren die Mechanismen ihres Zustandekommens und ermöglichen die Hervorbringung von Autor*innenpersonas aus der Verschränkung von Fakt und Fiktion. Das Konzept der Autofiktion als Schwellenphänomen (zwischen Autobiographie und literarischem Werk) erweist sich für den Themenkomplex fingierte Epitexte dabei als besonders anschlussfähig.

Insgesamt war zu beobachten, dass die theoretischen Fundamente der drei Dissertationen ineinandergreifen und sich in Hinblick auf die Ausrichtung des Forschungsprojekts auf gewinnbringende Weise ergänzen – nicht zuletzt, weil sie Genettes Typologie in den für sie wesentlichen Punkten präzisieren, aktualisieren und erweitern. Aufbauend auf dem vorausgegangenen Workshop zeigte sich, dass sich die Metapher der Schwelle besonders dafür eignet, die Dynamiken zwischen Text, Epitext und Autor*in in den Blick zu nehmen.

Am zweiten Workshoptag beschäftigten wir uns mit organisatorischen Fragen zu unserer Tagung „Irgendwo außerhalb des Buches“?  Über Formen und Funktionen auktorialer Epitexte im literarischen Feld der Gegenwart. Dabei konnten das Programm finalisiert sowie Zuständigkeiten und Zeitrahmen für die weiteren Aufgaben geklärt werden. Darüber hinaus widmeten wir uns der Konzeption des geplanten Sammelbands, in dem die Ergebnisse der Tagung präsentiert werden sollen. Es wurden insbesondere editorische Fragen geklärt und ein Zeitplan erstellt, der eine möglichst rasche Publikation im Anschluss an die Tagung gewährleisten soll.


Rahmung – Epitext als Schwellenphänomen fassen

22.9.–23.9.2021 

 

Im September 2021 fand unser zweiter Projektworkshop in Präsenz in Utting am Ammersee statt. Wie schon beim ersten Treffen bot sich hier ein idealer Rahmen für angeregte Diskussionen und intensive Textarbeit über den Verlauf von zwei Tagen.

Inhaltlich konnten wir nahtlos an das virtuelle Arbeitstreffen im Frühjahr 2021 anschließen,
indem wir die theoretischen Fundamente der drei Arbeitspakete vertiefend diskutierten und weiter aufeinander abstimmten. Der erste Workshop-Tag war dem Close Reading ausgewählter Textstellen aus Derrida (1992), Genette (2001), Wegmann/Voß/Reinhard (2019) und Wirth (2013) gewidmet. Dabei wurden einschlägige Aspekte der Konzepte Parergon, Beiwerk, Schwelle und Rahmen erörtert sowie ihre Überschneidungen und Anschlussmöglichkeiten ausgelotet und unter besonderer Berücksichtigung des auktorialen Epitextes Bezüge zur aktuellen Paratextforschung hergestellt.

Im Fokus standen dabei die komplexen Bedingungen, die der Konstitution von Werk und Autorschaft mittels paratextueller Rahmungsprozesse zugrunde liegen. Besonders das dynamische Verhältnis zwischen (Gesamt-)Werk, Autor*in und Epitext lässt sich mit Schwellen und Rahmen, die auf Durchlässigkeit und Wechselwirkungen (innen/außen, Text/Paratext) ausgelegt sind, produktiv beschreiben.

Basierend auf den Ergebnissen des Vortags wurden am zweiten Workshop-Tag laufende Fallstudien aus den einzelnen Arbeitspaketen präsentiert und vom Projektteam hinsichtlich ihrer Problemstellungen sowie zur Feinabstimmung mit dem Gesamtprojekt diskutiert. Die verbleibende Zeit wurde auf die Konzeption und Planung eines öffentlichen Workshops verwendet, der im Sommersemester 2022 in Innsbruck stattfinden soll. Weitere Informationen dazu werden in Kürze hier bereitgestellt.

 

Literatur:

Derrida, Jacques: Die Wahrheit in der Malerei. Wien 1992. (Auszüge)
Genette, Gérard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt a. M. 2001. (Auszüge)
Wegmann, Thomas / Voß, Torsten / Reinhard, Nadja: „Auktoriale Paratexte um 1800. Einleitung“, in: Voß, Torsten: „Drumherum geschrieben?“ Zur Funktion auktorialer Paratexte für die Inszenierung von Autorschaft um 1800. Hannover 2019, S. 7–33.
Wirth, Uwe: „Rahmenbrüche, Rahmenwechsel. Nachwort des Herausgebers, welches aus Versehen des Druckers zu einem Vorwort gemacht wurde“, in: ders. (Hg.): Rahmenbrüche, Rahmenwechsel. Berlin 2013, S. 15–57.

 


Virtuelles Arbeitstreffen

23.2.2021

 

Am 23. Februar 2021 veranstalteten wir ein virtuelles Arbeitstreffen, um die Diskussion der
theoretischen Basis unseres Forschungsprojektes (insbesondere in Hinblick auf die Abstimmung der drei Arbeitspakete) fortzusetzen.

In dieser Video-Konferenz besprachen wir Auszüge aus Gérard Genettes Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches (dt. 1989). Ausgehend von der allgemeinen Auseinandersetzung mit der Paratexttypologie und ihren Charakteristika sowie einer Abgrenzung des auktorialen Epitextes zu anderen Formen des Paratextes erörterten wir im Zusammenhang mit Literaturpreis-Veranstaltungen den Wandel von faktischem und performativem in gedruckten Epitext, der wiederum in Peritext übergehen kann. Diskutiert wurde außerdem über den Umstand, dass Genette performative Epitexte, die sich wie im Falle von Lyrik-Lesungen noch dazu funktional zwischen Peri- und Epitext verorten lassen, in seiner Studie ausspart, obwohl er sowohl den Werkvortrag als auch Publikumsgespräche (z.B. in Form von Kolloquien) beleuchtet. Auch fingierte Epitexte werden in Genettes Typologie nicht berücksichtigt, da diese vielmehr als Werk zu klassifizieren sind. Für die Untersuchung im Rahmen des Forschungsprojektes bilden sie aber insofern einen sehr innovativen und interessanten Gegenstand, als hier der Epitext reflektiert sowie reflexiv wird.

Das gemeinsame Potential der drei Arbeitspakete zeigt sich dementsprechend darin, dass sie bei Genette bisher wenig berücksichtigte Aspekte als produktive Leerstellen nutzbar machen, um über spezifische Fragestellungen hinaus die vielfältigen Funktionen von Epitexten aufzuzeigen und diese systematisch in größere Zusammenhänge einzubetten.

Das virtuelle Arbeitstreffen diente zugleich als Vorbereitung auf den zweiten Workshop, der aufgrund der fortdauernden Reisebeschränkungen in das Sommersemester 2021 verschoben werden musste. Im Zentrum sollen dann aktuelle Perspektiven der Paratextforschung unter besonderer Berücksichtigung des auktorialen Epitextes und der Kritik daran stehen.

 


Balanceakt Epitext –
Praktiken an der Schwelle zwischen Text und literarischem Feld

21.–22.9.2020

 

Bei einem zweitägigen Workshop im Herbst 2020 in Tirol konnten sich alle Projektbeteiligten persönlich kennenlernen und fanden im ‘Grafenhäusl’ die besten Rahmenbedingungen für intensives Arbeiten vor. Der Schwerpunkt lag auf der Auseinandersetzung mit grundlegenden Problemstellungen und Diskursbereichen im literarischen Feld der Gegenwart mit dem Ziel, eine gemeinsame Theorie-Basis für die drei Arbeitspakete zu schaffen.

Unter dieser Prämisse stand am ersten Tag einschlägige Primär- und Sekundärliteratur zu den Themenfeldern Präsenzkultur und Ritual (Gumbrecht 2004, Schaffrick 2014), Aufmerksamkeit und Singularisierung (Franck 1998, Reckwitz 2017) sowie Realitätseffekt und Simulation (Baudrillard 1978) in Hinblick auf ihre Anwendbarkeit auf das Gesamtprojekt und die einzelnen Arbeitspakete zur Diskussion. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den Anforderungen, die an Autor*innen hinsichtlich ihrer Positionierung und Inszenierung im literarischen Feld gestellt und von ihnen zugleich maßgeblich mitgeprägt werden – über die Aneignung bestimmter Praktiken, die im Epitext virulent werden.

Der zweite Workshop-Tag war der Diskussion der Dissertationsvorhaben gewidmet: Dabei wurden zentrale Fragestellungen und Problemfelder der jeweiligen Projekte vorgestellt und ausgewählte Beispiele aus den zu untersuchenden Korpora im Plenum analysiert.

Einen Höhepunkt des Workshops bildete der Gastvortrag von Mag. Dr. Doris Eibl (Institut für Romanistik an der Universität Innsbruck) über Annie Ernaux, deren autofiktionales und sich selbst metatextuell kommentierendes Werk über die Grenzen Frankreichs hinaus zum vieldiskutierten Gegenstand gegenwärtiger literarischer Öffentlichkeit geworden ist. Die 1940 geborene Autorin bezieht sich in ihrem „autosoziobiographischen“ Schreiben explizit auf Pierre Bourdieus Arbeiten zum literarischen Feld, dessen Mechanismen sie für ihre auktoriale Werkpolitik nutzbar macht. Die Einordnung und Rezeption ihrer Texte steuert sie dabei maßgeblich über Epitexte in Form von Interviews, publizierten Kommentaren, Tagebucheinträgen und Arbeitsnotizen sowie den direkten Kontakt zu Leserschaft und Forschung. Doris Eibls Vortrag verwies damit auf Kernbereiche des Forschungsprojekts, bot zahlreiche Anregungen und ermöglichte eine internationale Kontextualisierung des Projektgegenstands.

 

Literatur:

Baudrillard, Jean: Agonie des Realen. Berlin 1978.
Franck, Georg: Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf. München / Wien 1998.
Gumbrecht, Hans Ulrich: Diesseits der Hermeneutik. Die Produktion von Präsenz. Frankfurt a. M. 2004.
Reckwitz, Andreas: Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Berlin 2017.
Schaffrick, Matthias: In der Gesellschaft des Autors. Religiöse und politische Inszenierungen von Autorschaft. Heidelberg 2014.

 

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