Symbolbild für Programm

Programm


Im Folgenden finden Sie das vorläufige Programm aufgelistet. Eine Programmübersicht (inkl. Raumplanung) finden Sie hier.

Freitag, 22.09.

 

14:00 bis 14:30

Begrüßung und Organisatorisches

Grußworte

Ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Polaschek, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung (Videobotschaft)

MMag.a Dr.in Cornelia Hagele, Landesrätin für Gesundheit, Pflege, Bildung und Wissenschaft und Forschung

HS-Prof.in Mag.a Dr.in Regine Mathies, BEd, Rektorin der Pädagogischen Hochschule Tirol

Univ.-Prof. Dr. Gregor Weihs, Vizerektor für Forschung der Universität Innsbruck

14:30 bis 15:30

Keynote 1: Univ.-Prof.in Dr.in Iris Nentwig-Gesemann (Freie Universität Bozen)

Kinder und ihre Gefährten  

Wie stellen Kinder Beziehungen zu anderen Kindern her und welche Praktiken sichern
freundschaftliche Beziehungen ab? Wie gestalten Kinder in einer ‚more-than-human world‘
Interaktionen mit nicht-menschlichen Aktanten und was kennzeichnet diese als
Resonanzbeziehungen? Empirisch in der dokumentarischen Kindheits- und
Kinderperspektivenforschung verankert, werden in dem Vortrag Praktiken von Kindern im
Kindergartenalter rekonstruiert, in und mit denen sie Beziehungen zu anderen Kindern, Tieren
und Bäumen aufbauen und sichern. Damit wird die elementare und existenzielle Relevanz
intensiver Beziehungen von Kindern zu Gefährt:innen herausgearbeitet, die sich jenseits der
Eltern- oder Fachkraft-Kind(er)-Interaktion entwickeln und konjunktive Erfahrungsräume
konstituieren.

 

15:30 bis 16:15

 

Kaffeepause (mit Möglichkeit der Besichtigung der Poster) 

Poster I: Kunst-Luft in elementarpädagogischen Einrichtungen. Zur Bedeutung von Interaktionen in ästhetischen Erfahrungsprozessen (Veronika Ehm)

Poster II: Die Zusammenarbeit mit den Eltern während der COVID-19 Pandemie. Die Relevanz pädagogischer Orientierungen und der sozialen Komposition der Kindergärten für den Familienbezug im Distanzmodus (Katrin Hasengruber)

Poster III: „Ich seh‘, ich seh‘, was du nicht siehst ...“ – Das gemeinsame Spiel, das Ko-Konstruierte und die möglichen Chancen eines ergänzenden phänomenologischen Blickes darauf (Theresa Hauck)

Poster IV: Resonanzerfahrungen bei Partizipationsprozessen von in Entwicklungsgesprächen (Sonja Wodnek)

16:15 bis 18:15

Symposien 

Symposium I: Bildung durch Interaktion. Die Relevanz von Interaktion, Bindung und Beziehung für frühkindliche Lern- und Bildungsprozesse (Judith Durand, Tina Friederich, Kathrin Hormann, Aleksandra Kappenberg, Ulla Licandro, Regine Schelle & Heike Wadepohl)

Die hohe Relevanz von Interaktion und Beziehung wird nicht nur für den Erziehungsprozess in der Frühpädagogik, sondern auch für die Unterstützung kindlicher Bildungsprozesse hervorgehoben. Vermittelnde, sichernde Beziehungen sind Voraussetzung für kindliche Neugier, Selbstwirksamkeit und den Aufbau von präzisen Wissensstrukturen (Drieschner, 2011). Durch Interaktionen entstehen dabei zwischen Erwachsenen und Kindern Szenen der geteilten Aufmerksamkeit, wie Tomasello (2006) diese skizziert. Dabei erhalten Kinder durch den Austausch z.B. über einen Spielgegenstand eine emotionale sowie kognitive Resonanz für ihre Erfahrung und Wahrnehmung. Diese triadischen Interaktionsprozesse zwischen Kind, Bezugsperson und kulturellen Objekten kennzeichnen kindliche Lernprozesse (Duncker, 2012). Aber auch die Interaktionen innerhalb der Peergruppe sind für die kindlichen Lernprozesse bedeutsam. So können Auseinandersetzungen mit den Erfahrungen anderer in der Gruppe ermöglicht werden, Variationen von Problemlösungen und Vielfalt im Denken und Lernen die Perspektiven erweitern.

Im Symposium wird diese hohe Bedeutung der Interaktion und Beziehung für frühkindliche Bildungsprozesse herausgestellt und durch drei Beiträge und eine abschließende Diskussion näher beleuchtet. Im Fokus steht die Frage, wie frühpädagogische Fachkräfte Interaktionen (didaktisch) gestalten können, um die Bildungsprozesse der Kinder zu unterstützen und ergänzend dazu wird dargelegt, wie auch die Peer-Interaktionen Bildung und Lernen fördern.

Beitrag 1: Interaktionsorientierte Didaktik – ein Impuls für die Frühpädagogik (Regine Schelle & Tina Friederich)

In didaktischen Konzepten der Frühpädagogik wird die hohe Bedeutung von Interaktionen für das kindliche Lernen hervorgehoben. Die pädagogische Fachkraft soll als Dialogpartner*in das kindliche Lernen unterstützen und interaktive Prozesse werden als Voraussetzung für das Lernen in Kooperation zwischen Kind und Erwachsenen beschrieben (z.B. Liegle, 2010). Die „Didaktisierung von geteilter Aufmerksamkeit“ (Drieschner 2011, S.20) ist also eine zentrale Aufgabe der Frühpädagogik. Der Vortrag rückt diese Annahmen in den Vordergrund und stellt die Interaktion als didaktisches Kernprinzip einer Didaktik der Frühpädagogik vor. Dazu werden erste Überlegungen zu einem interaktionsorientierten Konzept frühpädagogischer Didaktik angestellt, theoretische Anschlüsse hergestellt sowie didaktische Modelle herangezogen. Der Gegenstand einer interaktionsorientierten Didaktik wird herausgearbeitet und sowohl Spannungsfelder als auch Grenzen eines solchen didaktischen Handelns und dessen professionelle Bearbeitung durch die pädagogischen Fachkräfte diskutiert.

Beitrag 2: Weiterentwicklung der Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte im Bereich der adaptiven, kognitiv aktivierenden Interaktionsgestaltung (Heike Wadepohl (verhindert) & Kathrin Hormann)

Internationale Studien dokumentieren eindrücklich die Relevanz qualitativ hochwertiger Fachkraft-Kind-Interaktionen für kindliche Entwicklungs-, Lern- und Bildungsprozesse (z.B. Ulferts et al., 2019). In der Praxis scheint jedoch insbesondere die Umsetzung einer sprachlich-kognitiv anregenden Interaktionsgestaltung für die Fachkräfte eine Herausforderung darzustellen (zusammenfassend Wadepohl et al., im Review). Ziel des KoAkiK-Konzepts ist es deshalb, die (kognitiven) Kompetenzen von Kindern durch eine alltagsintegrierte und kognitiv aktivierende Interaktionsgestaltung der Fachkräfte zu stärken. Dabei wird die Weiterentwicklung prozessbezogener, zunächst bildungsbereichsübergreifender Kompetenzen fokussiert, die dann im Hinblick auf die beteiligten Kinder und den Lerngegenstand (domänenspezifisch) adaptiert werden. Im Rahmen des Symposiums werden die grundlegenden Bausteine des Weiterqualifizierungskonzepts sowie ausgewählte Ergebnisse aus der begleitenden Evaluationsstudie vorgestellt und diskutiert.

Beitrag 3: Kinder unter sich – Gestaltung von Peer-Interaktionen unter besonderer Berücksichtigung der Multimodalität (Ulla Licandro & Aleksandra Kappenberg)

In der Kindertageseinrichtung wird das pädagogische Prozessgeschehen maßgeblich von dyadischen und Kleingruppeninterkationen unter Peers bestimmt. Auch wenn diese gegenüber Erwachsenen-Kind-Interaktionen deutlich weniger beforscht wurden, ist mittlerweile das sprachförderliche Potenzial von Peer-Interaktionen belegt (zusammenfassend Syczewska & Licandro, 2021). Für Kinder im Zweitspracherwerb können Interaktionen mit Peers eine wichtige Ressource für den Erwerb der Umgebungssprache bilden. Da deren Initiierung und Aufrechterhaltung jedoch insbesondere für Kinder, die noch am Beginn des Zweitspracherwerbs stehen, eine Herausforderung darstellen können (Licandro & Kappenberg, im Druck), besteht hier ein wichtiges Forschungsdesiderat, um die Partizipationsmöglichkeiten aller Kinder sicherzustellen und Sprachbildungsprozesse in und durch die Gruppe zu informieren. Im Rahmen des Beitrags werden wesentliche Theoriebezüge skizziert und aktuelle empirischen Studien zur sprachlich-kommunikativen Gestaltung von Peer-Interaktionen durch Kinder im Zweitspracherwerb in Kitas präsentiert und diskutiert.

Diskutantin: Judith Durand


Symposium II: (Mehr-)Sprachliche Bildung in Kindertagesstätten: Konstellationen und Interaktionen aus Beobachtungsstudien in Deutschland, Italien und Luxemburg (Marjan Asgari, Claudine Kirsch, Drorit Lengyel, Elke G. Montanari, Julie A. Panagiotopoulou & Renata Zanin) 

Interaktionen stehen im Zentrum dieses Symposiums und werden auf Strategien, die Auswirkung von Rollen und Qualität untersucht. In drei jeweils besonderen Konstellationen von Mehrsprachigkeit in Italien, Luxemburg und Deutschland werden Beobachtungen analysiert und Merkmale für sprachförderliches Handeln erarbeitet. Beitrag 1 erfasst die in Südtirol im Bildungsbereich kultursensibel aufgeladenen sprachlichen Aktivitäten in deutscher Sprache in einer italienischen Einrichtung; in Beitrag 2 liegt der Schwerpunkt auf Kooperation und Kommunikation zwischen pädagogischen Fachkräften und Erziehungspersonen. Beitrag 3 thematisiert den Begriff der Interaktionsqualität vor einem handlungstheoretischen Hintergrund. Alle drei Projekte formulieren Schlussfolgerungen für die Gestaltung und Unterstützung von Interaktionen durch pädagogische Fachkräfte, z.B. die Reflexion der Rollen auf Hierarchien und die Eröffnung sprachlicher Handlungsräume für Kinder.

Beitrag 1: Interaktionsstrategien bei deutschsprachigen Aktivitäten an italienischen Kindergärten (Marjan Asgari & Renata Zanin)

In der mehrsprachigen Region Südtirol sind die Bildungssysteme nach den drei größten Sprachen Deutsch, Italienisch und Ladinisch mehr oder weniger strikt aufgeteilt, so dass in einer mehrsprachigen Region eine Sprachentrennung vorliegt. Die deutsche Sprache ist daher in einer italienischsprachigen Kindertageseinrichtung für viele Kinder und pädagogische Fachkräfte eigentlich eine Zweit- oder Fremdsprache.

Das Forschungsprojekt der Freien Universität Bozen zur „Beobachtung der sprachlichen Inputqualität in der L2 Deutsch“ (2020–22) erhebt die Interaktionsstrategien von pädagogischen Fachkräften während deutschsprachiger Aktivitäten in italienischsprachigen Kindertagesstätten. Die quantitative Auswertung der Interaktionsmuster erfolgt auf Grundlage von sechs videographierten und transkribierten exemplarischen deutschsprachigen Aktivitäten aus drei italienischen Kindergruppen.

Auf Grundlage der aktuellen Interaktionsforschung (Beckerle, Machowiak 2021 u.a.) wurden die Äußerungssegmente mithilfe eines Rasters analysiert, das datenbasiert angepasst wurde. Die pädagogischen L2-Fachkräfte verwenden weitaus mehr Input bereitstellende (68%) als Output fördernde (32%) Interaktionsstrategien.

Dementsprechend liegt der Anteil der initiierenden Interaktionsstrategien (69%) im Vergleich zu den reaktiven Interaktionsstrategien (31%) höher. Als weiteres Forschungsergebnis lässt sich festhalten, dass inhaltlicher Input und inhaltliches Feedback ohne Übertragungen der kindlichen Äußerungen aus dem Italienischen in die deutsche Sprache einen Großteil (37%) der beobachteten Interaktionsstrategien ausmachen. Es könnte sich dabei um „ungenutztes Potential“ (Ricart Brede 2011: 210) handeln, denn Studien stellten einen positiven Effekt von Reformulierungen auf den Spracherwerb fest. Das Forschungsprojekt schloss daher mit einem Schulungsangebot für alle Südtiroler L2-Pädagog*innen zum Thema sprachliche Inputqualität ab.

Beitrag 2: Rollen von pädagogischen Fachkräften und Erziehungspersonen in gemeinsamen Literacy Aktivitäten in Kitas in Luxemburg (Claudine Kirsch, Džoen Bebić-Crestany & Valérie Kemp)

In Luxemburg sind die Sprachen Luxemburgisch, Französisch und Deutsch offizielle Landessprachen. Seit 2017 soll die luxemburgische Mehrsprachigkeit durch das Programm der „éducation plurilingue“ entscheidende Impulse in Bildungseinrichtungen für ein- bis vierjährige Kinder erhalten. So müssen z. B. alle pädagogischen Fachkräfte vielfältige Literacy Aktivitäten anbieten und mit den Erziehungspersonen kooperieren (Kirsch 2021).

Obwohl ein breiter Konsens besteht, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern bzw. Erziehungspersonen und pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen (Kitas) positive Auswirkungen auf die Kinder, Erziehungspersonen und pädagogischen Fachkräfte hat und dass frühe Literacy Erfahrungen in mehreren Sprachen zur Entwicklung der Sprach- und Lesekompetenz beitragen können (Sheridan et al. 2011; Zucker et al. 2021), gibt es nur wenige Studien zu Literacy Aktivitäten in Kitas, an denen pädagogische Fachkräfte und Erziehungspersonen gemeinsam teilnehmen. Erste Einblicke in die Rollen der pädagogischen Fachkräfte und Erziehungspersonen in gemeinsamen Aktivitäten liefert die Studie „Collaboration with parents and development of literacies“ (COMPARE) in Luxemburg.

Der Beitrag untersucht die Rollen der Erziehungspersonen und der pädagogischen Fachkräfte in gemeinsamen Vorleseinteraktionen in zwei Kitas. Die Daten stammen von Interviews und Beobachtungen, die im akademischen Jahr 2020-21 erhoben und mittels einer Konversations- und Themenanalyse ausgewertet wurden. Alle beobachteten Erziehungspersonen lasen Geschichten in ihrer Familiensprache; allerdings benutzten die Erziehungspersonen in einer der beiden Kitas in den Interaktionen ebenfalls Luxemburgisch für die literarischen Gespräche mit den Kindern und Erziehungspersonen. Die Rollen der Erziehungspersonen (Teilnehmende, Beobachtende, Zuschauende) waren von hierarchischen Beziehungen geprägt und hingen mit dem Verständnis von Literacy der pädagogischen Fachkräfte sowie dem Ziel der Bildungspartnerschaft zusammen. Die Ergebnisse der Studie zeigen wichtige Themen für Weiterbildungsmaßnahmen auf.

Beitrag 3: Sprichst du zu mir oder handeln wir? Eine Analyse kindlicher Interaktionsqualität aus handlungsorientierter Perspektive (Elke G. Montanari & Drorit Lengyel)

Das Projekt „Sprachbildungsprofis in mehrsprachigen Kitas“ (SprabiPiKs) untersucht die Fachkraft-Kind-Interaktion auf der Grundlage quantitativer Studien, die ergeben haben, dass die Interaktionsqualität in Gruppen mit einem Anteil von ca. 40 % Kindern mit Migrationshintergrund sinkt (vgl. Kratzmann et al. 2013). In der Hamburger Kinderschaft sind über 100 Sprachen vertreten, während sich in den Bildungseinrichtungen vorwiegend die deutsche Sprache gesprochen wird. Im Projekt wurde in Hamburger Kitas qualitativ anhand von Fallstudien untersucht, welche sprachbezogene Praktiken Fachkräfte in der Interaktion anwenden und wie sie eine hohe Interaktionsqualität herzustellen versuchen. Dafür wurden Fachkräfte ausgesucht, die im SprachKoPF (Thoma/Tracy 2017) Test ein hohes Wissen über Mehrsprachigkeit und Interaktion zeigen. Anhand von Videobeobachtungen und handlungstheoretischen Analysen wurden Merkmale sprachbezogener Interaktionsqualität aus handlungsorientierter Perspektive erarbeitet. Ein zentrales Merkmal einer so verstandenen Interaktionsqualität ist es, dass Fachkräfte den Kindern Raum für eigenes Handeln geben müssen und daher scheinbar nicht aktiven sprachlichen Handlungen wie Zuhören, Warten, (Handlungs-)Raum lassen große Bedeutung zukommt.

Die Vortragenden bedanken sich für die Mitarbeit im Projekt bei Tanja Salem, Hochschule Ostfalia und bei Barbara Graßer, damals Universität Hildesheim.

Diskutantin: Julie Argyro Panagiotopoulou


Symposium III: Interaktionsqualität in elementarpädagogischen Einrichtungen: Aktuelle Forschungsbefunde aus Österreich (Mailina Barta, Jasmin Bempreiksz-Luthardt, Eva-Maria Embacher, Eva Frick, Bernhard Koch, Elisa Lehnerer, Eva Pölzl-Stefanec, Wilfried Smidt & Catherine Walter-Laager)

Ungeachtet der hohen prädiktiven Bedeutung von Interaktionsqualität für die kindliche Entwicklung, liegen für Österreich bisher relativ wenige Befunde zu Interaktionsqualität in elementarpädagogischen Einrichtungen vor. Das Symposium greift dieses Desiderat auf und stellt aktuelle Forschungsbefunde aus Österreich vor, wobei unterschiedliche Messinstrumente zur Erfassung von Interaktionsqualität berücksichtigt werden. Während sich der erste Beitrag der Selbst- und Fremdeinschätzung von Interaktionsqualität (erfasst mit der „Grazer Interaktionsskala“; GrazIAs) widmet, rücken im zweiten Beitrag das Ausbildungsniveau der pädagogischen Fachkräfte sowie Freispiel- und Essenssituationen als Einflussfaktoren für Interaktionsqualität (erfasst mit der „Gestaltung von Interaktionsgelegenheiten im Alltag-Evaluation“; GInA-E) in den Fokus. Der dritte Beitrag befasst sich mit der Bedeutung professioneller Kompetenzen von elementarpädagogischen Fachkräften für die Qualität kindlicher Interaktionen (erfasst mit dem „Individualized Classroom Assessment Scoring System“; inCLASS) und die Beziehungsqualität (erfasst mit der „Student-Teacher Relationship Scale“; STRS). Die an die Beiträge anschließende Diskussion von Bernhard Koch wird Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Befunde aufzeigen und Implikationen für Forschung und Praxis ableiten.

Beitrag 1: Selbst- vs. Fremdevaluation – zwei Wege zur Qualitätssicherung und -entwicklung in der Elementarpädagogik (Jasmin Bempreiksz-Luthardt, Mailina Barta, Catherine Walter-Laager & Eva Pölzl-Stefanec)

Seit den 1970ern zogen diverse Qualitätsmessinstrumente in die Elementarpädagogik ein. Ziel dieser Verfahren ist es, bestimmte Facetten der pädagogischen Qualität via Selbst- oder Fremdeinschätzung der elementarpädagogischen Fachpersonen zu erfassen (Pianta, et al. 2020). Mit der Grazer Interaktionsskala können Selbst- und Fremdevaluationen basierend auf den gleichen Qualitätskriterien durchgeführt und die verschiedenen Perspektiven auf qualitätsvolle pädagogische Interaktionen miteinander in Relation gesetzt werden (Walter-Laager, et al., 2022; Hanisch, et al. 2020).

Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse der Selbst- und Fremdevaluationen von 60 Fachpersonen vor und fragt, inwieweit sich die eingeschätzte Interaktionsqualität aus den verschiedenen Perspektiven heraus unterscheidet oder gleicht. Die Ergebnisse zeigen, dass es teilweise signifikante Unterschiede zwischen der Selbst- und Fremdeinschätzung gibt.

Beitrag 2: Die Qualität von Interaktionen in elementarpädagogischen Einrichtungen. Ein Vergleich zwischen Situationen und Ausbildungsniveaus (Eva Frick & Elisa Lehnerer)

Die Qualität von Fachkraft-Kind-Interaktionen in Kindertageseinrichtungen hat einen enormen Einfluss auf die Entwicklung von Kindern. Die Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft wird als Einflussfaktor auf die Interaktionsqualität diskutiert (Manning et al., 2019). Freispiel- und Essenssituationen sind Settings, die im Kindergartenalltag viel Zeit einnehmen, aber eine niedrigere Interaktionsqualität als andere Settings aufweisen (Wildgruber et al., 2016). In Kindergartengruppen (n=40) – je 20 mit Pädagog:innen mit einem Abschluss auf sekundärem und auf tertiärem Niveau – wurde videografiert und jeweils eine ca. 15-minütige Freispiel- und Essenssituation quantitativ und qualitativ ausgewertet und analysiert.

Die quantitative Analyse basiert auf dem videogestützten Evaluationsinstrument GInA-E (Weltzien et al., 2017). Dieses besteht aus drei Skalen (Beziehungsgestaltung, Stimulation von Denken und Handeln, Stimulation von Sprechen und Sprache). Durchgängig zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Situationen, mit konstanteren Werten der Pädagog:innen mit tertiärem Ausbildungsniveau (Effektgröße: r=.30; d=.322). Eine MANCOVA diente dazu, Unterschiede im Interaktionsverhalten der Pädagog:innen hinsichtlich der Ausbildungsniveaus (p>.05) und der Situationen (p<.01) festzustellen. Die qualitative videobasierte Inhaltsanalyse fokussierte aufgrund der Bedeutung von Sustained-Shared-Thinking langanhaltende, mehrteilige Interaktionen (n=722). Von den zehn identifizierten Interaktionstypen treten sieben in Freispiel- (n=476) und vier in Essensituationen (n=246) auf, d.h. langanhaltende, dialogische Interaktionen sind möglich, werden aber in geringerem Umfang eingesetzt. Somit zeigen die quantitative und die qualitative Analyse mehr Interaktionen und eine höhere Interaktionsqualität der Pädagog:innen während Freispiel- als während Essenssituationen.

Beitrag 3: Die Bedeutung professioneller Kompetenzen für die Interaktions- und Beziehungsqualität in Kindergärten (Eva-Maria Embacher & Wilfried Smidt)

Obwohl professionelle Kompetenzen von elementarpädagogischen Fachkräften als bedeutsam für eine hohe pädagogische Qualität erachtet werden, haben sich bislang in Österreich nur wenige Studien der Bedeutung professioneller Kompetenzen für die kindliche Interaktions- und Beziehungsqualität in Kindergärten gewidmet. Die Studie greift dieses Forschungsdesiderat auf und untersucht auf Grundlage der von Baumert und Kunter (2006) genannten Kompetenzfacetten Zusammenhänge zwischen einzelnen Aspekten professioneller Kompetenz und der Qualität von kindlichen Interaktionen und Fachkraft-Kind-Beziehungen regressionsanalytisch anhand einer Stichprobe von 287 Kindern (141 Mädchen) aus 89 Tiroler Kindergärten. Nach Berücksichtigung relevanter Kontrollvariablen (z.B. kindliche Sprachkompetenzen, Personal-Kind-Schlüssel) zeigen die Ergebnisse, dass Aspekte kindlicher Interaktionsqualität (erfasst mit dem Individualized Classroom Assessment Scoring System, inCLASS; Downer et al., 2010) durch das Arbeitsengagement der elementarpädagogischen Fachkräfte sowie ihre pädagogischen Handlungskonzepte in Bezug auf Ko-Konstruktion und Instruktion vorhergesagt werden. Zudem werden Aspekte der Fachkraft-Kind-Beziehung (erfasst mit der Student-Teacher Relationship Scale, STRS; Pianta, 2001) durch das Arbeitsengagement und die allgemeine Selbstwirksamkeit der elementarpädagogischen Fachkräfte sowie ihre pädagogischen Handlungskonzepte in Bezug auf Ko-Konstruktion und Instruktion vorhergesagt. Die Effektstärken sind überwiegend klein. Die Ergebnisse werden im Hinblick auf die Professionalisierung des pädagogischen Personals diskutiert.

Diskutant: Bernhard Koch

 

Symposium IV: Die Bedeutung von Rahmungshoheit in Interaktionspraktiken kindheitspädagogischer Akteur:innen (Lisa Disep, Melanie Holztrattner, Iris Nentwig-Gesemann & Antje Rothe)

Interaktionen in Kindertageseinrichtungen bzw. elementarpädagogischen Institutionen vollziehen sich im Kontext einer doppelten konstituierenden – generationalen wie institutionellen – Fremdrahmung (Nentwig-Gesemann & Gerstenberg, 2018). Hiermit verbindet sich die Frage, auf welche Weise verschiedene Akteur:innen – insbesondere Kinder und Fachkräfte – „ihre eigenen Rahmungen auf der Ebene gesellschaftlich vorgeprägter Identitätsnormen (z. B. durch Vorstellungen bzw. ‚Bilder‘ von Kindern) in den Diskurs einbringen [..] bzw. ihnen Geltung […] verschaffen“ (Nentwig-Gesemann et al., 2022, S. 303).

Vor diesem Hintergrund nimmt das Symposium die Verhandlung von Rahmungshoheit (Bohnsack, 2017) in Interaktionspraktiken in den Blick. In den Beiträgen wird die Frage bearbeitet, auf welche Weise konstituierende Fremdrahmungen seitens der Akteur:innen in unterschiedlichen Konstellationen (Kind-Kind-Praktiken, Fachkraft-Kind-Praktiken sowie Fachkraft-Fachkraft-Praktiken) bearbeitet werden. Hierbei ist insbesondere von Interesse, inwiefern sich diese Bearbeitungen durch die unterschiedlichen Statusgruppen im Spannungsfeld machtstrukturierter und dialogorientierter Interaktionspraktiken vollziehen (Nentwig-Gesemann & Gerstenberg, 2018) und wie mit unterschiedlichen Rahmungen umgegangen wird:

- Wie handeln Kinder auf der Peerebene agency aus und auf welche Weise wird Rahmungshoheit hier relevant? (Beitrag 1)
- Inwiefern machen Fachkräfte von ihrer (doppelten) Rahmenhoheit im asymmetrischen Verhältnis von Erwachsenen und Kindern Gebrauch? (Beitrag 2)
- Welche Bezüge lassen sich zwischen dem Sprechen von Fachkräften über Kinder und der Handlungspraxis in der Interaktion mit Kindern rekonstruieren? (Beitrag 3)

Das Symposium eint eine paradigmatische Verortung in der rekonstruktiv-praxeologischen Kindheitsforschung sowie die Analyse empirischen Materials (Teilnehmende Beobachtung, Videographie, Gruppendiskussion) mittels Dokumentarischer Methode (bspw. Bohnsack, Hoffmann & Nentwig-Gesemann, 2018).

Beitrag 1: Hervorbringung relationaler agency in Peer-Praktiken von Kindern (Melanie Holztrattner)

Der Beitrag widmet sich dem Interesse an interaktiven (Spiel-)Praktiken von Kindern, vor dem Hintergrund der raum-zeitlichen Struktur des Freispiels, eingebettet in das institutionelle Arrangement der Kita resp. der elementarpädagogischen Einrichtung. Dabei wird auf empirisches Material Bezug genommen, das im Kontext eines Promotionsprojekts ethnografisch erhoben wurde. Die Beobachtungsprotokolle ermöglichen eine Rekonstruktion der performativen Praxis (Bohnsack 2020, 70), in der die Akteur:innen Praktiken in situ zum Vollzug bringen.

Beitrag 2: Rahmungshoheit pädagogischer Fachkräfte in Interaktion mit Kindern und deren reflexiv-handlungspraktische Bearbeitung (Lisa Disep)

Der Beitrag geht vor dem Hintergrund des basistypischen Spannungsverhältnisses der doppelten konstituierten Fremdrahmung von einer asymmetrischen Beziehungsstruktur (Nentwig-Gesemann & Gerstenberg, 2018) zwischen Kindern und Erwachsenen aus und damit einhergehenden ,ungleichen‘ Möglichkeiten, der eigenen Rahmung und den eigenen Relevanzen in der Interaktion Geltung zu verschaffen. Dabei wird in dem Beitrag – anhand videographischer Daten – exemplarisch nachgezeichnet, wie in einer herausfordernden Interaktionssituation – die von situativen Rahmeninkongruenzen gekennzeichnet ist – mit unterschiedlichen situativen Orientierungen handlungspraktisch umgegangen wird, sodass es trotz einer (zwischenzeitlich) machtstrukturierten Interaktion durch die pädagogische Fachkraft letztlich zu einer situativen Reziprozität kommt. Die Rekonstruktion der handlungspraktischen Bearbeitung bzw. Bewältigung der Interaktionssituation von Seiten der pädagogischen Fachkraft wird dabei als ein Modus „impliziter Reflexion“ (Bohnsack 2020; Nentwig-Gesemann 2022), d.h. eine in die Handlungspraxis eingelassene Reflexion, vorgestellt. Die impliziten Reflexionsprozesse gehen mit einem „sensiblen Wahrnehmen von habituellen Orientierungen“ (Nentwig Gesemann 2022, 392) der Kinder durch die pädagogischen Fachkräfte einher, auch und gerade dann, wenn diese in einem Spannungsverhältnis zu den situativen oder habituellen Orientierungen der pädagogischen Fachkräfte stehen.

Beitrag 3: Die „Autonomie“ des Kindes oder die Bedeutung von Rahmungshoheit in Fachkraft-Kind-Interaktionen im Kontext eines kollektiv verhandelten Verständnisses von Professionalität (Antje Rothe)

Das in dem Vortrag vorgestellte Projekt fokussiert die kollektive Verhandlung von Professionalität durch Kita-Teams sowie die Beziehung zum pädagogischen Handeln. Professionalität wird mit dem Konzept der konstituierenden Rahmung gefasst und bezieht sich auf die Notwendigkeit, normative Anforderungen im pädagogischen Handeln fortwährend mit den Anforderungen der Praxis zu relationieren. Die daraus resultierende „notorische Diskrepanz“ (Bohnsack 2020, 46) erfordert eine kontinuierlichen Bearbeitung durch die Fachkräfte. Professionalität wird, in diesem Verständnis, nicht an externen Kriterien gemessen, sondern drückt sich zuvorderst durch die Kohärenz und Konsistenz des pädagogischen Praxisvollzugs der Akteur:innen aus – rekonstruierbar in ihrem „Sprechen, Darstellen und Argumentieren“ (Bohnsack, Nentwig-Gesemann & Nohl 2013, 13). Folglich werden das Sprechen über das Fachkraft-Kind-Handeln (Proponierte Performanz/Gruppendiskussionen) und das Handeln in Fachkraft-Kind-Interaktionen an sich (Performative Performanz/Fokussierte Ethnografie) analysiert und miteinander relationiert. Im Beitrag wird gezeigt, dass „Autonomie“ als ein zentraler Aspekt eines kollektiven Verständnisses von Professionalität rekonstruiert werden konnte. Dass es sich dabei um unterschiedliche Bedeutungsdimensionen wird insbesondere durch die Relationierung der erwähnten Analyseebenen deutlich. Diese unterschiedlichen Verständnisse von Autonomie lassen sich dabei im eingangs erwähnten Spannungsfeld von macht- und dialogorientierter Interaktion verorten, was im Vergleich zweier Kita-Einrichtungen gezeigt werden soll.

Diskutantin: Iris Nentwig-Gesemann

 

Panelsession I

Globale und mathematikspezifische Fachkraft-Kind-Interaktionen: Ein Systematic Review zu Erhebungsinstrumenten (Franka Baron, Anja Linberg & Susanne Kuger)

Eine Vielzahl von Studien verweist auf die zentrale Bedeutung der Qualität von Fachkraft-Kind-Interaktionen für die kindliche Entwicklung (u.a. Vandell et al., 2016). Studien zeigen ebenfalls, dass eine Unterscheidung dieser Interaktionen in globale (z.B. Feedbackqualität) und bereichsspezifische Aspekte (z.B. mathematische Förderung) sinnvoll ist, da so Zusammenhänge mit spezifischen kindlichen Kompetenzen aufgezeigt werden können (u.a. Ramani et al., 2015). Vor dem Hintergrund der Wichtigkeit mathematischer Kompetenzen für den weiteren Bildungsverlauf, rückt die Erfassung globaler und mathematikspezifischer Interaktionsqualität in Kindertageseinrichtungen stärker in den Fokus. Umfassende Übersichten zu unterschiedlichen Erhebungsinstrumenten existieren jedoch kaum.

Dieser Beitrag geht deshalb folgenden Fragen nach: (1) Welche Erhebungsinstrumente für globale und mathematikspezifische Fachkraft-Kind-Interaktionen existieren? (2) Wie unterscheiden sich diese anhand unterschiedlicher Kriterien (z.B. Skalen, Items)?

 

Kind oder Smartphone im Blick? Digitale Medien in der Interaktion mit Kleinstkindern (Anne-Kristin Cordes & Fabienne Hartig)

Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder feinfühlige Bezugspersonen, die ihre Signale wahrnehmen und deuten sowie prompt und angemessen darauf reagieren (Ainsworth et al., 1978). Ein Mangel an Blickkontakt und plötzliche Interaktionsabbrüche können den Aufbau stabiler Bindungen (sog. Still-Face-Experimente, Tronick et al., 1978), die Entwicklung der Emotionsregulation und die Sprachentwicklung negativ beeinflussen. Für Interaktionsabbrüche sind heute oft digitale Medien verantwortlich (Technoference). Da Smartphones unsere Aufmerksamkeit intensiv binden, sind Bezugspersonen während der Nutzung aus Kindersicht abwesend anwesend. Eltern und pädagogische Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, digitale Medien im Alltag mit Kindern bedachtsam zu nutzen, damit Interaktionen und die kindliche Entwicklung nicht darunter leiden.

Im Beitrag wird eine Handreichung für Eltern und Pädagog*innen vorgestellt, die derzeit auf Grundlage des aktuellen Forschungsstandes entwickelt wird und diesen mit Hintergrundwissen zu Bindung, Intentionsverstehen, Interaktionsqualität und Spracherwerb verknüpft (Hartig & Cordes, in Vorbereitung). Die Handreichung umfasst Fallbeispiele, Reflexionsimpulse zum eigenen Mediennutzungsverhalten sowie Empfehlungen zum achtsamen Umgang mit digitalen Medien.

 

Förderung der frühen sprachlichen Bildung durch den Einsatz digitaler Medien in Kindertageseinrichtungen (Stefanie Pietz & Theresia Hummel)

Die sprachlichen Kompetenzen von Kindern bilden einen Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und die Grundlage für ihre gesamte Bildungskarriere. Der (zeitweise) Wegfall von Bildungsangeboten aufgrund der Coronapandemie und den damit verbundenen Kita-Schließungen führte dazu, dass besonders Kinder aus weniger anregungsreichen Familien oder einer anderen Familiensprache als Deutsch Rückstände in ihrer sprachlichen Entwicklung aufweisen (Anders et al., 2022). Eine Möglichkeit, um Rückstände in der sprachlichen Bildung zu kompensieren, bildet der Einsatz digitaler Medien. Studien belegen für die sprachliche Entwicklung deren Potenzial (Cordes et al., 2020; Jelley et al., 2019). Die vorliegende Studie untersucht den Einsatz digitaler Medien zur Förderung sprachlicher Bildung in der pädagogischen Arbeit in Kitas anhand einer Tagebuchstudie. Aus 88 Kitas haben 197 Fachkräfte (985 Tagebücher) teilgenommen und mittels eines Online-Fragebogens an fünf Tagen ihren Arbeitstag dokumentiert. Erste deskriptive Ergebnisse zeigen, dass in 70% der Tagebücher die deutsche Sprache und in knapp 10% andere Sprachen gefördert wurden. Dabei wurden insbesondere zur Förderung der sprachlichen Entwicklung der deutschen Sprache (46,8%) digitale Medien eingesetzt. Zur spezifischen Anregung anderer Sprachen (5,5%) wurden digitale Medien eher weniger genutzt. Insbesondere in Freispielphasen (deutsche Sprache 56,3%, andere Sprachen 43,5%) sowie im Rahmen geplanter Aktivitäten (deutsche Sprache 42,6%, andere Sprachen 43,5%) wurden digitale Medien für die sprachliche Bildung genutzt. Am häufigsten wurden zur Förderung der deutschen Sprache Tablets eingesetzt (40,1%) sowie Laptops (43,5%) zur Förderung anderer Sprachen. Es sind weitere multivariate Analysen geplant, die den Zusammenhang zwischen Strukturen und den Einsatz digitaler Medien untersuchen. Die Ergebnisse werden bezüglich des weiteren Forschungsstandes und praktischer Implikationen diskutiert.


Erfassung der Interaktionsqualität angehender Erzieher:innen mit einem Beobachtungsinstrument in der berufspraktischen Fachschulausbildung (Peter Schulze & Stephan Abele) 

In der Prüfung angehender Erzieher:innen soll deren Interaktionsqualität mit Kindern erfasst werden, denn diese gilt als wichtige Entwicklungsdeterminante von Kindern (Leber et al. 2020). Zur Erfassung von Interaktionsqualität liegen keine wissenschaftlich untersuchten, für Prüfungen nutzbare Instrumente vor. Die zahlreichen an Fachschulen entwickelten Instrumente unterscheiden sich deutlich (eigene Voruntersuchungen). Über ihre psychometrische Güte ist nichts bekannt. Im Beitrag stellen wir ein theoriebasiertes Beobachtungsinstrument mit den Dimensionen wertschätzende Atmosphäre, differenzierte Lernumgebung und dialogorientierte Bildungsunterstützung vor sowie Ergebnisse zu dessen Reliabilität und Validität. Die Dimensionen umfassen je zwischen 18 und 24 Items.

73 Lehrkräfte beobachteten zwei für die Untersuchung erstellte Videovignetten, in denen jeweils ein Fachschüler bei der Interaktion mit Kindern in den Situationen Mahlzeit, Freispiel und Bildungsangebot gezeigt wurde. 37 Lehrkräfte erhielten eine sechsstündige Schulung. Die Berechnung der Interrater-Reliabilität erfolgte mittels Krippendorf’s Alpha. Zusätzlich wurden in der Studie Emotionen sowie Persönlichkeitsmerkmale erhoben.

Die Reliabilitäten lagen situationsübergreifend im nicht akzeptablen Bereich. Die Unterschiede zwischen den Gruppen mit und ohne Schulung waren marginal. Die Kriteriumsvalidität war dagegen in der Schulungsgruppe tendenziell höher.

Als Ursachen der geringen Reliabilität werden auf Basis einschlägiger Literatur die Schulung, kognitive Konflikte, die Beobachtungssituation, Emotionen und ungleiche Randverteilungen diskutiert.

 

Panelsession II

Einstellungen pädagogischer Fachkräfte zur Partizipation & Interaktionsqualität bei der Buchbetrachtung (Romy Schönfeld, Anna-Katharina Range, Jan Lonnemann, Catherine Walter-Laager & Frauke Hildebrandt)

Pädagogischen Fachkräften in Kindertagesstätten kommt die Verantwortung zu, den Kindern unabhängig ihres Alters umfassende Beteiligungsmöglichkeiten zu gewähren. Das Erleben von Selbst- und Mitbestimmung in alltäglichen Angelegenheiten der Kinder, ihre Teilhabe an kognitiv anregenden partizipativen Interaktionen wird als besonders entwicklungsförderlich betrachtet (Siraj-Blatchford, Sylva, Muttock, Gilden & Bell, 2002). Es fehlen allerdings weitgehend Forschungsergebnisse zur Frequenz einzelner Elemente dieser Interaktionsformate insbesondere für Krippenkinder. Es wurde daher in Krippen die Qualität einzelner Elemente partizipationsförderlicher sprachlicher Interaktionen in einer dialogischen Buchbetrachtungssituation bei 72 Fachkräften erfasst und weiter überprüft, ob diese mit den Einstellungen der Fachkräfte zur Partizipation korrelieren (Hildebrandt, Walter-Laager, Flöter & Pergande, 2021). Pädagogischen Fachkräften ist es vermehrt - in 87,4% der Lesesituationen - gelungen, epistemische Markierungen als bedeutsames Element partizipationsförderlicher kognitiv anregender Interaktionen zu zeigen. Hingegen verbalisierten Fachkräfte emotionale Innenwelten anderer in lediglich 29,9% der Situationen und deren Überzeugungen gar nur in 2,3 der Situationen. Es zeigt sich außerdem, dass pädagogische Fachkräfte eher nicht den pessimistischen Aussagen gegenüber Partizipation zustimmen. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer pessimistischen Einstellung und der partizipationsförderlichen Interaktionsqualität bezüglich des Aufgreifens kindlicher Themen und dem Folgen des kindlichen Fokus gefunden werden. Insgesamt gibt dieser Beitrag Aufschluss über die Präsenz von Elementen sprachlichen partizipationsförderlichen Handelns von Fachkräften wie das Einsetzen epistemischer Markierungen, das Begründen von Sprechakten oder das Verbalisieren innerer Zustände im pädagogischen Alltag von Krippenkindern und nimmt Fortbildungsbedarfe für eine weitere Professionalisierung des Feldes in den Blick.

 

Solidarische Kinder – Solidarische Praktiken unter Kindern in der Kindertagesstätte (Therese Papperitz)

Die Auffassung, „dass Kinder von Anfang an demokratieförderfähig sind“ (Stärck, Wach & Zankl, 2019, S. 9) hat in der Kindheitspädagogik Konjunktur: Aspekte von Selbst- und Mitbestimmung, unter anderem mit dem Ziel, Kinder zu solidarischen Demokrat*innen zu erziehen, sind in elementarpädagogischen Konzepten und bildungspolitischer Agenda populär (vgl. ebd.). Angelehnt an soziologische und philosophische Diskurse (vgl. z.B. Tranow, 2012) wird der Begriff der Solidarität dabei als normativer Wert, moralische Fähigkeit sowie als Ressource im sozialen Miteinander genutzt. Die praxistheoretische Analyse dessen, wie Kinder solidarisch sind und wie diese Praktiken im Sinne von Solidarität konzeptualisiert werden können, ist bislang nicht Gegenstand erziehungswissenschaftlicher Kindheitsforschung. Diesem Desiderat gehe ich in meinem Promotionsvorhaben nach.

In meinem Dissertationsprojekt folge ich einem ethnografischen Forschungsansatz und rekonstruiere solidarische Praktiken unter Kindern in der Kindertagesstätte aus Beobachtungsprotokollen teilnehmender Beobachtungen. Mithilfe zentraler Methoden der Grounded Theory (vgl. Strauss, 1998) konzeptualisiere ich diese Praktiken.

Solidarische Praktiken unter Kindern lassen sich in verschiedenen Beziehungskonstellationen von Kindern sowie Interaktionen, zum Beispiel dem Trösten, dem Einbeziehen, dem Assistieren und dem Verteidigen Anderer, beobachten. Dabei werden die Solidarisierungen durch das Erkennen von Ungerechtigkeiten, Benachteiligungen und Unterstützungsbedarfen ausgelöst und sind häufig, aber nicht ausschließlich, von der Beziehungskonstellation abhängig. Im Rahmen des Beitrags gebe ich Einblick in diese ersten Ergebnisse meines Dissertationsprojektes.

 

Kinder in herausfordernden Lebenssituationen professionell begleiten (Simone Breit & Monika Hofer-Rybar)

Kindliche Lernprozesse sind sozial eingebettet. Demgemäß spielen das Setting innerhalb der Kindertagesbetreuungseinrichtung (Kluczniok & Schmidt, 2021), aber auch die elementar-pädagogische Lernbegleitung eine zentrale Rolle für die Qualität kindlicher Entwicklungsprozesse. Sind Kinder mit der Bewältigung von besonderen Belastungen konfrontiert, so wirken Risiko- und Schutzfaktoren in einem komplexen Gefüge zusammen. In diesem nehmen auch das institutionelle Setting sowie Fachkräfte Einfluss (Fröhlich-Gildhoff et al., 2020, S. 35). Förderliche Parameter stellen in solchen Situationen Kontinuität und Verlässlichkeit der Beziehungen sowie eine wertschätzende Grundhaltung und Verbundenheit durch die elementarpädagogische Fachkraft dar.

Die vorliegende Studie gibt empirische Einblicke in Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern in schwierigen Lebenslagen. Datenbasis bildet eine schriftliche Befragung von 17 Elementarpädagoginnen, welche retrospektive Situationsbeschreibungen zu Begegnungen mit Kindern im institutionellen Setting erforscht, deren Verhalten sie als belastend, irritierend und verstörend erlebten. An exemplarisch ausgewählten Interaktionssituationen, die mittels sequentiell analytischem Vorgehen ausgewertet werden, zeigen die Autorinnen in ihren Rekonstruktionen, inwieweit die pädagogischen Fachkräfte die Qualitätsanforderungen an professionelle Beziehungsgestaltung (Kasüschke & Fröhlich-Gildhoff, 2008) – auch im Kontext herausfordernder Situationen – erfüllen. Die Möglichkeiten zur Bewältigung der besonderen Belastungen können sich entweder entwicklungsförderlich oder entwicklungseinschränkend auf das Kind auswirken.

 

Dialogorientierte Interaktionen in Eingewöhnungen (Julia Schilter)

Der Beitrag gibt Einblicke in eine qualitativ-rekonstruktive Studie über das Einleben von Kleinkindern in eine Krippengruppe im waldorfpädagogischen Setting. Die Studie untersucht Mikroprozesse der Interaktions- und Beziehungsgestaltung in Eingewöhnungen zwischen den Kindern und ihren BezugspädagogInnen sowie den Kindern untereinander. Im Fokus stehen die kollektiven Erfahrungen und Erlebnisse der jungen Kinder, die handlungsleitenden Orientierungen und Interaktions- und Beziehungspraktiken der beteiligten AkteurInnen sowie ihre neuen gemeinsamen Erfahrungsräume im Verlauf der frühen Bildungstransitionen. Die Ergebnisse basieren auf videografisch gestützten Beobachtungen im Feld eines Berliner Waldorfkindergartens und der Datenanalyse nach den Prinzipien der dokumentarischen Videointerpretation. Die Interaktionsanalysen belegen, wie die Kleinkinder und PädagogInnen miteinander dialogorientierte Interaktionsmodi entwickeln und welche institutionellen Rahmenbedingungen jene dynamischen sozialen Austauschprozesse fördern. Hierin zeigt sich eine wesentliche Qualität und ein Beispiel guter Praxis. Zum bildungswissenschaftlichen Verständnis von Eingewöhnungen trägt die Wiener Kinderkrippenstudie bei. Ihre Qualitätskriterien dienen der Forschungsarbeit als empirisch fundierter Bezugsrahmen.


Panelsession III

Professionelle Spiel- und Lernbegleitung von vier- bis achtjährigen Kindern in altersgemischten Unterrichtssettings (Eva Pawlus)

Das Dissertationsvorhaben befasst sich mit der Gestaltung der Spiel- und Lernbegleitung von Vier- bis Achtjährigen in altersgemischten Klassen (Basisstufe) und untersucht diesbezügliche Voraussetzungen bei Lehrpersonen. Unter einer Spiel- und Lernbegleitung werden dialogisch-entwickelnde Interaktionsprozesse zwischen Lehrpersonen und Kindern verstanden, mit dem Ziel, Kinder kognitiv anzuregen und emotional zu unterstützen. Trotz verschiedener Befunde (u.a. Lieger, 2014) ist nach wie vor unklar, wie Basisstufenlehrpersonen die Spiel- und Lernbegleitung durchführen und die gewonnenen Erkenntnisse für die Unterstützung der Kinder nutzen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird davon ausgegangen, dass die hohe Heterogenität in der Basisstufe dazu führt, dass die Kinder von ihren Lehrpersonen zielgerichtet und intensiv beim Spielen begleitet und unterstützt werden, weil Lehrpersonen in diesem Unterrichtssetting ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Entwicklungsspannbreite der Kinder haben.

Im Herbst 2022 wurden rund 90 Basisstufenlehrpersonen zu ihren Voraussetzungen (Berufsbezogene Überzeugungen zum Spielen und Lernen sowie zur Heterogenität) und zum Professionswissen befragt. Als Grundlage für die Fragebogenerhebung dienten Forschungsarbeiten von Imlig (2019) und Mischo, Wolstein und Peters (2020). Ab Januar 2023 werden aus dieser Gruppe rund 30 Lehrpersonen videografiert und in Bezug auf ihre Spiel- und Lernbegleitung vertieft hinsichtlich der Häufigkeit und der Qualität der Begleitung analysiert. Die videografierte Sequenz beinhaltet 45 bis 60 Minuten in einer thematisch von den Lehrpersonen gewählten Spiel- und Lernumgebung. An der Tagung werden die Ergebnisse aus der Fragebogenerhebung sowie erste Ergebnisse aus der Videostudie präsentiert. Es wird angenommen, dass Lehrpersonen mit höherem Professionswissen und einem aktiven Spiel- und Lernverständnis eine hohe Qualität in der Spiel- und Lernbegleitung zeigen (Mischo et al., 2020).

 

Professionalisierung von frühpädagogischen Fachkräften durch Fortbildung (Stefanie Horner)

Eine Vielzahl an Studien konnte zeigen, dass qualitativ hochwertige Interaktionen in frühpädagogischen Einrichtungen in einem positiven Zusammenhang mit kindlichen Entwicklungsmaßen stehen (u. a. NICHD, 2003). Jedoch konnte in Untersuchungen festgestellt werden, dass sich die durchschnittliche Interaktionsqualität im mittleren Bereich bewegt, wobei insbesondere die Anregungsqualität eher gering ausfällt (Eckhardt & Egert, 2017). Um eine Erhöhung der Anregungsqualität zu erreichen, stellt sich die Frage nach gezielten Einflussmöglichkeiten. Vielversprechend scheinen in diesem Zusammenhang Fortbildungsinterventionen für frühpädagogische Fachkräfte zu sein. Im Fortbildungsansatz „Mit Kindern im Gespräch“ (Kammermeyer et al., 2019) liegt der inhaltliche Fokus auf der Anwendung von Sprachförderstrategien (Anregungsqualität). Um Fortbildungseffekte überprüfen zu können, wurde eine Prä-Post-Follow-up-Interventionsstudie im Feld mit randomisierter Zuordnung der Fachkräfte zu einer der beiden Fortbildungsgruppen durchgeführt, wobei die Vergleichsgruppe diejenigen Fachkräfte umfasst, die im Rahmen eines breiter angelegten Ansatzes eine Qualifizierung als Sprachförderkraft erhalten haben. Es wird davon ausgegangen, dass differentielle Effekte hinsichtlich der Anregungsqualität auf den jeweiligen Fortbildungsansatz zurückzuführen sind und transferrelevante Faktoren als zusätzliche Prädiktoren fungieren.


Von der Feinabstimmung in kindlichen Spielhandlungen – wie Kinder Inklusion gemeinsam herstellen und Pädagog*innen sie dabei verstehen lernen (Elisabeth Nuart)

Ausgehend von einem Inklusionsbegriff, der die Anerkennung als vollwertige*r Interaktionspartner*in und damit die gegenwärtige Erfahrung von Teilhabe in den Fokus rückt (Nuart, 2021), wird in diesem Beitrag danach gefragt, wie Kinder in ihren Spielinteraktionen Teilhabe herstellen und verhandeln. Er schließt damit an Zugänge der neuen Kindheitsforschung an, welche Kinder als Akteur*innen wahrnehmen und mit partizipativen und interpretativen Forschungszugängen ihre kulturellen Praktiken und Perspektiven in den Fokus rücken (Heinzel, 2013).

Die Ergebnisse stammen aus einem Forschungsprojekt, welches im Rahmen eines Seminars im Bachelorstudium Elementarpädagogik Spielinteraktionen von Kindern im Alter zwischen 1 und 6 Jahren qualitativ beforscht. Ethnografischen Forschungsmethoden folgend wurden Beobachtungs- und Videoprotokolle von Spielinteraktionen angefertigt und diese dann in Interpretationsgruppen sequenziell ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen exemplarisch, welche feinen Abstimmungsprozesse zwischen Kindern gemeinsames Spielen ermöglichen und wann bzw. für wen sich diese Abstimmung als schwierig erweist.

Neben der eigentlichen Forschungsfrage soll im Beitrag als Metaperspektive auch die Frage nach der Bedeutung interpretativer Forschungsmethoden und der damit verbundenen Förderung hermeneutischer Kompetenz (Koller, 2004) für professionelles elementarpädagogisches Handeln aufgegriffen und mit ersten Ergebnissen aus der Praxis der forschenden Lehre beantwortet werden.


Best-Practice-Beispiele frühkindlicher Partizipationsprozesse in Kindertageseinrichtungen (Kristė Baužytė & Nadja Werner)

Wie das demokratische Zusammenleben mit anderen Personen außerhalb der Familie mitgestaltet werden kann, erfahren Kinder zumeist erst in Kitas. Jedes Kind bringt dort seine Bedürfnisse mit und hat ein Recht darauf, dass der eigene Wille altersangemessen berücksichtigt wird (UN-Kinderrechtskonvention, 2019). Von frühpädagogischen Fachkräften wird daher gefordert, Kinder an Entscheidungsprozessen zu sie betreffenden Angelegenheiten im Kita-Alltag einzubeziehen und zu beteiligen (Nentwig-Gesemann, Walther & Thedinga, 2017).

Wie gut die Umsetzung der Partizipationsmöglichkeiten im Kita-Alltag gelingt, hängt von der Gestaltung der Fachkraft-Kind-Beziehung ab. Diese Beziehung ist jedoch beeinflusst durch Machtungleichheit, die häufig als solche nicht wahrgenommen wird (Hansen et al., 2015). Wie hochwertige Partizipationsprozesse im Kita-Alltag gestaltet werden können, wird im Rahmen des Vortrags analysiert.

Datengrundlage ist die NUBBEK II-Fokusstudie Brandenburg (2021-2023), die die pädagogische Qualität in frühkindlichen Betreuungssettings in verschiedenen Qualitätsdimensionen (u.a. Partizipation) mithilfe quantitativer Methoden (KES-Skalenfamilie und Fragebögen) erfasste, um anschließend Best-Practice-Einrichtungen zu ermitteln. Entsprechende Beispiele partizipativer Prozesse werden im Vortrag vorgestellt. Die Best-Practice-Beispiele werden aus den Begehungen der Kindertageseinrichtungen sowie zugehörigen Interviews der pädagogischen Fachkräfte gewonnen und inhaltsanalytisch unter dem Blickwinkel gelingender Partizipation analysiert. Möglichkeiten der Umsetzung von hochwertigen Partizipationsprozessen im Kita-Alltag werden diskutiert.

 

ab 19:00 

gemeinsamer Tagesausklang mit Abendessen

   

Samstag, 23.09.

 

9:00 bis 10:00

Keynote 2: Univ.-Prof. Dr. Wilfried Datler (Universität Wien) 

Weshalb ist es oft so schwer, mit Eltern "erziehungspartnerschaftlich" zu kooperieren? 
Über unbefriedigende Rahmenbedingungen und beziehungsdynamische Prozesse

In zahlreichen Dokumenten und Publikationen wird gefordert, dass sich Eltern und
Elementarpädagog*innen „partnerschaftlich“ um die Erziehung und Bildung der Kinder
bemühen sollten, für die sie in ihren unterschiedlichen Rollen Sorge zu tragen haben. Aus der
Perspektive von Elementarpädagog*innen verläuft das Entstehen und Pflegen einer solchen
Erziehungs- und Bildungspartnerschaft aber oft unbefriedigend. Im Vortrag wird erläutert, in
welcher Weise ein problematisches Zusammenspiel zwischen verschiedenen
Rahmenbedingungen und beziehungsdynamischen Prozessen das Zustandekommen einer
befriedigenden Erziehungs- und Bildungspartnerschaft behindern. Es wird erläutert, welche
Konsequenzen aus der skizzierten Analyse zu ziehen sind.

10:00 bis 10:45

Kaffeepause (mit Möglichkeit der Besichtigung der Poster)

10:45 bis 12:45

Symposien

Symposium I: Partizipation in der Beziehungs- und Interaktionsgestaltung. Beiträge zur Problematisierung und Weiterentwicklung des frühpädagogischen Partizipationsdiskurses (Elmar Drieschner, Stephanie Karcher & Roswitha Staege)

Mit der gesellschaftsübergreifenden Liberalisierung, Kindzentrierung und positiven Emotionalisierung der Erziehung im Kontext des Wertewandels der 1960er/1970er Jahre haben sich für viele Kinder die Partizipationsmöglichkeiten in Familie und Kita deutlich erweitert (vgl. Ecarius 2019). Auf der frühpädagogischen Deutungsebene spiegelt sich diese Entwicklung in einem differenzierten Diskurs über Fragen, Probleme und Herausforderungen von Partizipation und Bildungsteilhabe in der Interaktions- und Beziehungsgestaltung, rechtlich gerahmt durch die Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1992 durch den Deutschen Bundestag (vgl. Spannring/Smidt/Unterrainer 2022). Die Beiträge des geplanten Symposions gehen axiomatisch davon aus, dass gelingende Partizipation an die Reflexion spezifischer pädagogischer Dialektiken gekoppelt ist: Erziehungstheoretisch ist vor allem der doppelte Zeithorizont zwischen 1) der Gewährleistung von Teilhaberechten in der Aktualität und 2) der vermittelten Aneignung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten für die zukünftige Beteiligung an Kommunikation zu reflektieren. Die logische Systematisierung und methodisch-systematische Erfassung von Balancen (vor allem von Autonomie und Verbundenheit, Nähe und Distanz, Fordern und Fördern, Teilhabe und Schutz) ist zentral, um Kinder situativ angemessen an Entscheidungszusammenhängen zu beteiligen. Bildungstheoretisch ist vor allem das Verhältnis zwischen innerem Strukturaufbau der Person, selbstbestimmter Lebensführung, sozialer Kompetenz und gesellschaftlicher Mitgestaltung zu thematisieren. Im Einzelnen thematisieren die drei Beiträge des Symposions Kernaspekte dieses komplexen Problemzusammenhangs: Der Auftaktvortrag problematisiert ein politisch verengte Partizipationsverständnis für die Pädagogik der frühen Kindheit, wie es historisch in sogenannten Kinderrepubliken und aktuell etwa mit dem Konzept der „Kinderstube der Demokratie“ propagiert wird, und plädiert für ein weit gefasstes pädagogisches Partizipationsverständnis. Der zweite Vortrag konkretisiert, wie Pädagog*innen die Beteiligung von Kindern an Entscheidungen bildungstheoretisch und entwicklungspsychologisch fundiert fördern können. Der dritte Beitrag thematisiert die räumliche Dimension von Partizipation.

Beitrag 1: Die Kindertageseinrichtung als „Kinderstube der Demokratie“? Zur Übertragung eines politischen Partizipationsbegriffs auf die Frühpädagogik (Roswitha Staege)

Im frühpädagogischen Diskurs wird Partizipation häufig als „demokratische Partizipation“ spezifiziert und eine politikbezogene Ausdeutung nahegelegt (vgl. Prengel 2016). So postulieren alle Bildungspläne der Bundesländer, dass Kitas Orte demokratischer Erfahrung sein sollen. Besonders einflussreich ist das Konzept „Die Kinderstube der Demokratie“, das von Rüdiger Hansen, Raingard Knauer und Benedikt Sturzenhecker in den Jahren 2001 bis 2003 für Schleswig-Holstein erarbeitet wurde und inzwischen bundesweit stark rezipiert wird. Demokratische Partizipation gilt hier als handlungsleitendes Prinzip, d.h. pädagogisches Handeln und – allgemeiner – das gesamte soziale Miteinander von Kindern und PädagogInnen in der Kindertageseinrichtung werden in Analogie zu politischen Prozessen modelliert. Der Vortrag unterzieht das Konzept einer kritischen Analyse. Ausgehend von der Überlegung, dass die Einführung politischer (hier: demokratischer) Praktiken in den pädagogischen Handlungszusammenhang nur insoweit legitim sein kann, als sie sich pädagogisch begründen lässt, werden empirische Erkenntnisse zur Umsetzung des Konzepts (Richter/Lehmann/Sturzenhecker 2017) unter erziehungs-, bildungs- und sorgetheoretischen Gesichtspunkten reflektiert. Zentrale Elemente so genannter „demokratischer“ Interaktions- und Beziehungsgestaltung werden problematisiert. Der Vortrag schließt mit einem Plädoyer für ein originär pädagogisches Verständnis von Partizipation.

Beitrag 2: Partizipation in der Interaktion. Zur bildungstheoretisch und entwicklungspsychologisch fundierten Beteiligung von Kindern (Elmar Drieschner)

Der frühpädagogische Diskurs über Partizipation hat sich in den letzten Jahren immer stärker differenziert. Theoretische Begründungen von Partizipation beziehen sich auf sozialwissenschaftliche, kindheitswissenschaftliche und rechtliche Theorien, während praktische Konzepte Fragen der Beteiligung von Kindern in verschiedenen Situationen des Kita-Alltags fokussieren (vgl. Prengel 2016). In diesem komplexen Diskursfeld erscheint die genuin bildungstheoretische Perspektive auf Partizipation im Kontext der Dialektik von Person und Umwelt unterrepräsentiert (vgl. Drieschner/Smidt 2022, S. 26). Der Beitrag befasst sich daher theoretisch und empirisch fundiert mit dem Kernaspekt der Partizipation in der Beziehungs- und Interaktionsgestaltung, dass gelingende Bildungsprozesse bereits in der frühen Kindheit auf die zunehmend selbst- und mitbestimmte Auseinandersetzung mit der Umwelt zielen. Erziehung mit dem Anspruch, die notwendigen Voraussetzungen von Partizipation im Bildungsprozess zu fördern, ist an die verantwortungsvolle Gestaltung der Generationendifferenz in der Dialektik von Fremd- und Selbstbestimmung sowie von Nähe und Distanz gebunden. Zu gewährleisten ist daher die geleitete Partizipation des Kindes, bei der Pädagog*innen Kinder weder bevormunden noch überfordern, sondern die Interaktion empathisch vor dem Hintergrund der kindlichen Entwicklungsvoraussetzungen gestalten (Schneewind/Böhmert 2010).

Beitrag 3: Kindern Beteiligungsmöglichkeiten einräumen- Raumgestaltung als Interaktionsrahmung am Beispiel der Raumkonstitution der Kindertagespflege (Stephanie Karcher)

Partizipative Interaktionsgestaltung, mit welcher der Perspektive von Kindern auch jenseits sprachlicher Verständigung Geltung verschafft werden soll, wird in der Frühpädagogik als Herstellen „gemeinsamer Interaktionssphären“ (Nentwig-Gesemann/ Nicolai 2015, S. 175) zwischen Kindern und Erwachsenen diskutiert. Responsiven Abstimmungsprozesse (z.B. Gutknecht 2012) sollen Kinder dazu ermächtigt Pflege, Spiel und Alltagshandlungen unter Anwendung ihrer je aktuellen individuellen Fähigkeiten einschätzen zu können und sie handelnd mitzugestalten (vgl. Rehmann 2016, S.14 ).

Der Beitrag stellt am empirischen Beispiel der Gestaltung wohnraumnaher Tagespflegestellen eine raumtheoretische Perspektive auf eine solche partizipative Interaktionsrahmung vor. Kindertagespflege ist in Deutschland überwiegend im Wohnraum aufnehmender Familien situiert. Entsprechend lässt sich als Aufgabe partizipativer Raumgestaltung beschreiben, Wohnraum in einer Weise zu Betreuungsraum umzudeuten, dass zwischen allen Beteiligten ein geteiltes Verständnis von räumlichen Zugänglichkeiten und Abgrenzungen entstehen kann. Anhand von Auszügen der dokumentarischen Analyse von Fotografien und Gruppendiskussionen zur Gestaltung von Pflegestellen soll exemplarisch den Fragen nachgegangen werden, inwiefern sich durch Raumgestaltung soziale Rollenbeziehungen, Handlungserwartungen sowie Zugänglichkeiten und Beschränkungen vermitteln, welche für die betreuten Kinder den Rahmen klären, in dem sie sich mitgestaltend in den Tagespflegealltag einbringen können.

DiskutantIn: Elmar Drieschner & Roswitha Staege


Symposium II: Wie ich es sehe und erlebe. Kinderperspektiven auf verletzende Verhaltensweisen von Fachkräften in der Kita: Empirische Ergebnisse und partizipative Ansätze zur Prävention (Astrid Boll, Ruth Büllesbach, Jessica Ferber, Rieke Hoffer, Regina Remsperger-Kehm, Maike Rönnau-Böse, Dörte Weltzien & Lara Wintzer)

Dieses Symposium widmet sich den Perspektiven von Kindern auf verletzende Verhaltensweisen von pädagogischen Fachkräften.

Kinder haben ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung, Misshandlung und Verwahrlosung sowie auf eine gewaltfreie Erziehung. Dennoch finden auch in Kindertageseinrichtungen immer wieder verletzende Verhaltensweisen von Fachkräften statt (Maywald, 2019).

Der Begriff des verletzenden Verhaltens umfasst dabei ein weites Spektrum an Verhaltensweisen und bezieht sich explizit auch auf nicht intendiertes Verhalten. Er beinhaltet verschiedene Verhaltensweisen an nicht-feinfühligen Interaktionen (in Anlehnung an das Konzept der sensitiven Responsivität, Remsperger, 2011) und umfasst somit alle Formen der Missachtung von Kindern und ihren Rechten und Grundbedürfnissen. Gleichzeitig lässt er offen, welches Verhalten die Befragten selbst als verletzend erleben (Boll & Remsperger-Kehm, 2021).

Trotz der gesetzlichen Verpflichtung zum Vorliegen eines Gewaltschutzkonzeptes für betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen (im Zuge der SGB VIII-Reform durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG)) und ersten Ansätzen zur Prävention (Maywald, 2019), liegen noch wenige empirische Befunde zu dem Thema vor.

Eine umfassende Mixed-Methods-Untersuchung zu Partizipationsmöglichkeiten von Kindern in Kindertageseinrichtungen - die BIKA-Studie - zeigt, dass in bis zu 30% der pädagogischen Schlüsselsituationen Fachkräfte unangemessene Reaktionen auf den Wunsch von Kindern nach Kontaktaufnahme zeigen. Gerade Assistenzhandlungen sowie die Begleitung von Konflikten erfolgen oft in unangemessener Form, d.h. grenzüberschreitend. Insbesondere in Essenssituationen dürfen Kinder oft die Entscheidungen, die sie betreffen, nicht selber treffen (Hildebrandt, Walter-Laager, Flöter & Pergande, 2021). Boll und Remsperger-Kehm (2021) zeigen in ihrer qualitativen Studie, in der sie pädagogische Fachkräfte nach ihren Erfahrungen mit verletzenden Verhaltensweisen fragen, dass beinahe alle befragten Fachkräfte Formen des verletzenden Verhaltens entweder beobachtet oder selbst ausgeübt hatten.

Untersuchungen aus der Perspektive von Kindern, die sich speziell diesem Thema widmen, liegen bisher kaum vor. Nentwig-Gesemann und KollegInnen zeigen im Rahmen ihrer allgemeinen Studie zu Kita-Qualität aus Kindersicht, dass Partizipation und Mitbestimmung aus Kinderperspektive entscheidende Qualitätsdimensionen darstellen. Dazu gehört wozu für die Kinder, sich in Bezug auf die eigenen Rechte und Entscheidungen und ihre Grenzen respektiert zu fühlen. Auch andere Dimensionen, wie "Individualität und Zugehörigkeit" haben einen deutlichen Bezug dazu, dass Kinder auch selber eine feinfühlige Interaktion der Fachkräfte und somit die Vermeidung verletzender Verhaltensweisen als zentral für ihr Wohlbefinden in Kitas benennen (Nentwig-Gesemann, Walther, Bakels & Munk, 2021; Nentwig-Gesemann, Walther & Thedinga, 2018).

Das geplante Symposium widmet sich dem Thema Verletzendes Verhalten von Fachkräften aus Kindersicht aus drei Perspektiven und präsentiert aktuelle empirische Ergebnisse. Zudem werden methodische und methodologische Herausforderungen der Forschung und Materialentwicklung von und mit Kindern diskutiert.

Beitrag 1: Reaktionen von Kindern auf verletzende Verhaltensweisen von pädagogischen Fachkräften – Analyse offener Antworten einer bundesweiten Leitungsbefragung (Astrid Boll & Regina Remsperger-Kehm)

Im ersten Beitrag wird anhand der offenen Antworten einer bundesweiten Leitungsbefragung (Schraut 2021) rekonstruiert, wie Kinder sich verhalten, wenn sie in Kindertageseinrichtungen mit verletzenden Verhaltensweisen pädagogischer Fachkräfte konfrontiert werden. Neben der Darlegung der vielfältigen kindlichen Reaktionen werden Signale von Kindern vorgestellt, die sie vor dem verletzenden Verhalten zeigen. Gemeinsam mit den Erkenntnissen der Pilotstudie zu verletzendem Verhalten in Kitas (Boll & Remsperger-Kehm 2021) ließen sich so weitere Hinweise ermitteln, wie sich Interaktionen in Kitas zuspitzen.

Beitrag 2: Nein! Kinderperspektiven auf verletzendes Verhalten von Fachkräften in dialoggestützen Interviews (Dörte Weltzien, Rieke Hoffer & Jessica Ferber)

Im Rahmen des Teil-Projektes traut Euch! Ein Kinderkoffer gegen Gewalt in der Kita (im Präventionsprojekt Mutausbruch, gefördert durch PKV und BAG Mehr Sicherheit für Kinder) werden in den25 teilnehmenden Einrichtungen jeweils dialoggestützte Kinderinterviews (Weltzien, 2012) zum Thema verletzende Verhaltensweisen durch Fachkräfte durchgeführt. Diese Interviews sind Bestandteil von vielfältigen Aktivitäten und Methoden, um Kinder zu ermutigen, erfahrene, erlebte und beobachtete Gewalt nicht hinzunehmen, sondern sich als selbstwirksam zu erleben und den Mut aufzubringen, sich gegen verletzendes Verhalten zu wehren. Neben den partizipativen Aktivitäten mit Kindern werden diese Interviews auch für die formative Evaluation des traut Euch! Projekts ausgewertet. Im Rahmen des Beitrags werden erste Ergebnisse der qualitativ-rekonstruktiven Analysen des Materials vorgestellt und diskutiert.

Beitrag 3: Methodische und methodologische Herausforderungen partizipativer Materialentwicklung und Forschung mit und durch Kinder (Maike Rönnau-Böse, Ruth Büllesbach & Lara Wintzer)

In diesem Beitrag wird das methodische und methodologische Vorgehen des partizipativen Projektes traut Euch! Ein Kinderkoffer gegen Gewalt in der Kita (im Präventionsprojekt Mutausbruch) vorgestellt und diskutiert. Dabei wird zunächst die Zielsetzung des Projektes, das v.a. die Entwicklung und parallele Evaluation geeigneter Materialien zur Stärkung der Kinder in Bezug auf Kinderrechte und Kinderschutz umfasst, und so zur Prävention verletzender Verhaltensweisen durch Fachkräfte beitragen soll. Außerdem wird die Einbettung des Teilprojektes in den Gesamtkontext des Projektes Mutausbruch erläutert. Anhand konkreter Praxisbeispiele werden die Besonderheiten und methodologischen Herausforderungen einer partizipativen Materialentwicklung und Forschung mit und durch Kinder diskutiert (Hartnack, 2019) und Ergebnisse des bisherigen Prozesses vorgestellt.

Diskutantin: Rieke Hoffer


Symposium III: Beziehung wirkt. Haltung – Intervention – Professionalisierung im Kontext von Bindung und Mentalisierung (Noëlle Behringer, Tijs Bolz, Dennis C. Hövel, Pierre-Carl Link, Lars Mohr & Alex Neuhauser)

Das Symposium fokussiert innerhalb der sonderpädagogischen Fördertriade Beziehung : Strukturierung : Mentalisierung die Dimensionen Beziehung respektive Bindung und Mentalisierung als zentrale Wirkfaktoren pädagogischen Handelns. Literaturgestützt und auf Basis empirischer Befunde wird der Frage nach der Wirksamkeit pädagogischer Massnahmen nachgegangen. Beginnend wird die Relevanz von Beziehung und Bindung sowie die "Banking Time" als Intervention dargestellt. Darauf aufbauend wird eine beziehungsorientierte Professionalisierung durch Beobachtung von bindungs- und beziehungsrelevanten Dimensionen im Elementar- und Primarbereich entwickelt. Der letzte Beitrag beschreibt das sich u.a. aus der Bindungstheorie, Psychoanalyse und sozialen Kognitionstheorie entwickelnden Mentalisierungskonzept als Bildungs- und Professionalisierungsstrategie. Fragen der Haltung, Interventionen und Professionalisierung werden angestossen.

Beitrag 1: „Banking Time“: Wirksamkeit einer beziehungsorientierten Intervention bei herausforderndem Verhalten im Kindergarten (AlexNeuhauser & LarsMohr)

Der Beziehung zwischen Kind und Lehrperson kommt für das Lernen eine zentrale Bedeutung zu (Hattie, 2010). Erleben Lehrpersonen oder Kinder das gegenseitige Verhalten jedoch als herausfordernd, dann geht damit oft eine Belastung der Beziehung einher, was wiederum Bildungsprozesse erschwert. Vor diesem Hintergrund hat die Interventionsmethode «Banking Time» (Mohr & Neuhauser, 2021) zum Ziel, belastete Beziehungen zwischen Lernenden und Lehrperson zu verbessern und damit als heraufordernd erlebtes Verhalten zu reduzieren. Im Beitrag wird ein Evaluationsprojekt vorgestellt, das die Wirksamkeit der Banking Time bei Lernenden im Kindergarten untersucht, hinsichtlich der Beziehung zur Lehrperson und des Auftretens von Verhaltensauffälligkeiten. Das Projekt umfasst 22 kontrollierte Einzelfallstudien mit ABE-Design aus Masterarbeiten an der Hochschule für Heilpädagogik Zürich (HfH). Die Beziehungsqualität wurde mit der Student Teacher Relationship Scale (STRS) eingeschätzt, die Verhaltensauffälligkeiten mittels Direct Behavior Rating (DBR) sowie mit dem Strenghts and Difficulties Questionnaire (SDQ-L). Die Ergebnisse zeigen überwiegend positive Effekte, d. h. eine insgesamt abnehmende Anzahl aggressiver und oppositioneller Verhaltensweisen während der B- und E-Phase. Zugleich berichten die Lehrpersonen mehrheitlich über bessere Beziehungen zu den jeweiligen Lernenden. Banking Time scheint somit geeignet, um bei belasteten Beziehungen einen Zugang zu den Kindern zu finden und auf dieser Grundlage Bildungsprozesse zu ermöglichen. Folgerungen für die Praxis und weiterführende Forschungsfragen werden diskutiert.

Beitrag 2: Beziehungsorientierte Professionalisierung: Beobachtung von bindungs- und beziehungsrelevanten Dimensionen im Elementar- und Primarbereich – Psychometrische Eigenschaften und praktische Implikationen des CLASS (Tijs Bolz)

Beobachtungsverfahren stellen eine der Schlüsselmethoden zur Erfassung von bindungs- und beziehungsrelevanten Dimensionen in pädagogischen Settings dar (Sabol & Pianta, 2012; Wettstein & Raufelder, 2021). Das Beobachtungsinstrument Classroom Assessment Scoring System (CLASS; Pianta, Hamre & Mintz, 2012) zählt zu den aktuellsten und prominentesten standardisierten Beobachtungsverfahren zur Erfassung von sozial-emotionalen Interaktionsprozessen in pädagogischen Situationen und liegt für unterschiedliche Altersstufen in verschiedenen Versionen vor (z. B. Bolz, 2021; Hamre et al., 2013). Das hoch-inferente Beobachtungsinstrument basiert auf den Grundannahmen der Bindungstheorie und fokussiert innerhalb einzelner Dimensionen primär bindungs- sowie beziehungsorientierte Verhaltensweisen von Pädagog*innen.

Im Rahmen des Beitrags werden ausgewählte empirische Ergebnisse zur psychometrischen Qualität sowie Handhabbarkeit des CLASS am Beispiel einer Stichprobe aus sonderpädagogischen Fördersettings vorgestellt und diskutiert.

Die Verwendung des CLASS kann einen Beitrag zur systematischen und zielgerichteten Erfassung des Beziehungsgeschehens in pädagogischen Situationen sowie der pädagogischen Professionalisierung leisten. Auf der Grundlage der einzelnen Beobachtungsdimensionen des Verfahrens lassen sich Verhaltensanker ableiten, die eine klare Beschreibung, Einordnung und darauf abgestimmte bindungs- und beziehungsorientierte Förderung ermöglichen können und die Reflexion über pädagogische Interaktionsprozesse unterstützen. Weiterführende Implikationen für die (sonder-)pädagogische Forschung und Praxis werden vor diesem Hintergrund diskutiert.

Beitrag 3: Mentalisierung – ein interdisziplinäres Brückenkonzept als Bildungs- und Professionalisierungsstrategie (Pierre-Carl Link & Noëlle Behringer)

Aus der Bindungstheorie und anderen Disziplinen hat sich die Mentalisierungstheorie in der Psychotherapieforschung als interdisziplinäre Brückenkonzept entwickelt. Mentalisieren bezeichnet die sich ab dem frühen Kindesalter entwickelnde Fähigkeit, mentale Zustände (Emotionen, Gedanken usw.) bei sich selbst und anderen Menschen wahrnehmen, über diese nachdenken und sie als Grund für Verhalten erkennen zu können (Fonagy et al., 2002). Hierbei umfasst Mentalisieren selbstbezogene und interpersonelle Komponenten. Mittlerweile ist das Konzept auch in den Erziehungs- und Bildungswissenschaften, insbesondere in der Sozialen Arbeit und der Sonderpädagogik (Kirsch et al., 2022) etabliert. Gerade für die sozial-emotionale Entwicklung von Kindern ist es von grundlegender Bedeutung (Gingelmaier et al., 2018). Die für die (Sonder-)Pädagogik im Feld sozial-emotionaler Entwicklung relevanten Forschungsergebnisse werden vorgestellt. Damit wird die Reichweite des Mentalisierungskonzepts für die Pädagogik im Feld sozial-emotionaler Entwicklung skizziert. Die (sonder-)pädagogische Fördertriade Beziehung- Strukturierung - Mentalisierung wird dargestellt und dient hierbei als triangulierendes Analyseraster für entsprechende Massnahmen der Prävention und Intervention. Die mentalisierungsbasierte Pädagogik wird dabei als Bildungs- und Professionalisierungsstrategie systematisiert.

Diskutant: Dennis C. Hövel

 

Symposium IV: Mentalisieren als Voraussetzung für feinfühliges Verhalten (Fabienne Becker-Stoll, Julia Berkic, Natalie Christner, Erik Danay, Antonia Dinzinger, Nina Hover-Reisner, Andrea Kramer, Daniela Mayer, Markus Paulus, Beate Priewasser & Konstantin Steinmaßl)

Die Bindungstheorie postuliert, dass mentalisierende Fähigkeiten eine wichtige Rolle für feinfühliges Verhalten von Bezugspersonen und die Entwicklung von Bindungssicherheit spielen. Um insbesondere in herausfordernden Situationen die kindlichen Signale vorherzusehen und in einer feinfühligen Art und Weise zu beantworten, müssen Bezugspersonen in der Lage sein, von ihrem eigenen emotionalen Erleben einen Schritt zurückzutreten und über das Erleben des Kindes zu reflektieren und die Gefühle und das Verhalten des Kindes zu regulieren. Empirische Befunde untermauern die Annahme, dass mentalisierende Fähigkeiten feinfühligem Verhalten zugrunde liegen und die Feinfühligkeit der Mechanismus ist, über den mentalisierende Fähigkeiten mit der Bindungssicherheit des Kindes assoziiert sind (z.B. Grienenberger et al., 2005; Stacks et al., 2014).

Das Symposium widmet sich den Konzepten Mentalisieren und Feinfühligkeit und deren Übertragung in die Frühpädagogik. Beitrag 1 (A. Kramer, K. Steinmaßl) betrachtet die Zusammenhänge elterlicher Mentalisierung mit der Qualität der Mutter-Kind-Interaktion und der kindlichen Bindung im Vorschulalter. Beitrag 2 (D. Mayer, J. Berkic) untersucht das Zusammenspiel von Bindungsrepräsentation und mentalisierenden Fähigkeiten von pädagogischen Fachkräften im Hinblick auf ihr Fürsorgeverhalten in der Kindertagesbetreuung. Beitrag 3 (B. Priewasser, A. Dinzinger) stellt die Entwicklung und Evaluation eines mentalisierungsbasierten Trainings für die elementarpädagogische Ausbildung vor.

Die Beiträge werden im Hinblick auf ihre Bedeutung für Wissenschaft und Praxis von J. Huber diskutiert.

Beitrag 1: Einfluss elterlicher Mentalisierung auf die Bindung im Vorschulalter (Andrea Kramer, Konstantin Steinmaßl, Natalie Christner & Markus Paulus)

Ainsworths Begriff der Sensitivität war jahrzehntelang wegweisend für die Bindungsforschung, dennoch hat sich die Operationalisierung der Qualität der Bezugsperson-Kind-Interaktion in den letzten 25-30 Jahren weiterentwickelt. Ausgehend von Ainsworths Postulat, dass eine feinfühlige Bezugsperson die Fähigkeit auszeichnet, die Welt aus der Perspektive des Kindes wahrzunehmen, haben sich mehrere Konstrukte der elterlichen Mentalisierung entwickelt, u.a. Mind-Mindedness und Reflective Functioning. Die elterliche Mentalisierung ist demzufolge ein entscheidender Bestandteil einer feinfühligen Bezugsperson-Kind-Beziehung und die Basis einer sicheren Bindung (Fonagy et al., 2004; Meins, 1997). Unklar ist jedoch, wie die einzelnen Konstrukte der elterlichen Mentalisierung miteinander zusammenhängen. Dieser Fragestellung wird im ersten Teil des Vortrags durch eine konzeptuelle Reflexion und der Präsentation von Daten aus einer Längsschnittstudie nachgegangen. In einem zweiten Teil werden Daten präsentiert, die uns bei der Bewertung des Einflusses der elterlichen Mentalisierung auf die kindliche Bindung helfen. Sagt elterliche Mentalisierung, operationalisiert als Mind-Mindedness und Reflective Functioning, über die Qualität der Bezugsperson-Kind-Interaktion hinaus die kindliche Bindungssicherheit vorher? Die Stichprobe umfasst insgesamt 132 Mutter-Kind-Dyaden, die im Alter von 12 Monaten (Mind-Mindedness und Emotional Availability), 4 (Reflective Functioning mittels AAI) und 5 Jahren (Bindungsrepräsentation mittels GEV-B) teilnahmen. Die Studie ermöglicht ein erweitertes Verständnis der Konstrukte elterlicher Mentalisierung und deren Auswirkungen auf die Bindungssicherheit des Kindes. Praktische Implikationen bezüglich potentieller Interventionsmöglichkeiten werden diskutiert.

Beitrag 2: Mentalisierende Fähigkeiten von pädagogischen Fachkräften und ihre unterstützende Präsenz in der Kindertagesbetreuung (Daniela Mayer, Julia Berkic, Erik Danay & Fabienne Becker-Stoll)

Ziel der vorliegenden Studie ist es, Bedingungen für gelingende Interaktionen und Beziehungen im Kontext der Kindertagesbetreuung zu untersuchen. Dabei lag der Fokus auf individuellen Unterschieden in Bindung, Mentalisieren und Fürsorgeverhalten von pädagogischen Fachkräften auf der Ebene der Repräsentationen. Die Bindungsrepräsentationen der Fachkräfte wurden anhand des Adult-Attachment-Interviews (AAI) erfasst. Zur Erfassung von sozial-kognitiven Fähigkeiten der Fachkräfte in der sprachlichen Darstellung der Beziehung zum Kind wurde auf Grundlage des Parent-Development-Interviews (PDI) ein halbstrukturierter Interviewleitfaden entwickelt, mit N=66 Fachkräften durchgeführt und mithilfe der Reflective Functioning Scale (RF) zur Erfassung der Mentalisierungsfähigkeiten und anhand des Assessment-of-Representational-Risk (ARR) zur Erfassung verschiedener Aspekte von Beziehungsrepräsentationen (z.B. unterstützende Präsenz, Feindseligkeit, Hilflosigkeit) kodiert. Mithilfe von Strukturgleichungsmodellen wurden die Zusammenhänge zwischen genereller Bindungsrepräsentation und mentalisierenden Fähigkeiten im Hinblick auf die Beziehung zum Kind mit der unterstützenden Präsenz der Fachkräfte in der Interaktion analysiert. Unter Kontrolle des Alters der Fachkräfte mediierten die Mentalisierungsfähigkeiten der Fachkräfte die Vorhersage ihrer unterstützenden Präsenz durch die Bindungsrepräsentation partiell und durch den Verarbeitungsgrad von Traumata/Verlusten vollständig. Der Grad der Integration unsicherer und traumatisierter Anteile scheint die Art und Weise zu beeinflussen, wie pädagogische Fachkräfte aktuelle Beziehungssituationen mit den betreuten Kindern wahrnehmen, bewerten und interpretieren, was wiederum auch im (berichteten) Interaktionsverhalten zum Ausdruck kommt.

Beitrag 3: Entwicklung eines Mentalisierungstrainings für die elementarpädagogische Ausbildung (Beate Priewasser & Antonia Dinzinger)

Die Rahmenbedingungen elementarpädagogischer Arbeit werden zunehmend belastend und stressintensiv. Dies geht mit weniger mentalem Wohlbefinden der PädagogInnen und weniger emotional unterstützenden Interaktionen mit den Kindern einher. PädagogInnen stehen vor der Herausforderung, ihren Stress so zu regulieren, dass sowohl die Feinfühligkeit im Umgang mit den Kindern als auch ihr eigenes mentales Wohlbefinden erhalten bleiben.

Aktuelle Studien zeigen, dass Mentalisierung (Schwarzer et al., 2021) und Selbstmitgefühl (Inwood & Ferrari, 2018) die Emotionsregulationsregulationsfähigkeiten erhöhen und so den Umgang mit Stress verbessern. Zugleich werden diese Konstrukte auch mit Feinfühligkeit in der Interaktion mit Kindern in Verbindung gebracht. Unser Ziel ist es, ein Training für das elementarpädagogische Ausbildungscurriculum zu entwickeln, das diese sozial-kognitiven und sozial-emotionalen Fähigkeiten verbessert und dadurch sowohl Stress reduziert als auch Feinfühligkeit erhöht.

Vorgestellt werden die Daten des ersten Testzeitpunktes unserer laufenden Interventionsstudie mit SchülerInnen in elementarpädagogischer Ausbildung (n = 134) sowie zentrale Trainingsinhalte. Aufbauend auf bekannten Interkorrelationen zwischen den Konstrukten, untersuchen wir Mentalisierungsfähigkeit, Selbstmitgefühl, Emotionsregulation, Stress und erzieherische Feinfühligkeit in einem gemeinsamen Modell. Die Ergebnisse liefern uns ein ganzheitlicheres Bild über die wechselseitigen Einflüsse dieser Fähigkeiten auf Stress und erzieherische Feinfühligkeit.

Diskutantin: Nina Hover-Reisner

 

Symposium V: Zur Eigenlogik interaktionaler Praktiken und ihrer Bedeutung für pädagogische sowie peerkulturelle Prozesse (Morvarid Dehnavi, Frauke Gerstenberg, Fatma Herrmann, Marco Mazzarisi, Arnd-Michael Nohl, Antje Rothe & Sarah Thomsen)

In der Kindertagesstätte lassen sich eine Vielzahl interaktionaler Praktiken beobachten. Eine Analyse der Eigenlogik dieser Praktiken ermöglicht einen empirischen Zugang zu pädagogischen und peerkulturellen Prozessen. Das Symposium beleuchtet daher verschiedene Facetten des Geflechts an Interaktionen im Kontext von Kindertageseinrichtungen. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie sich die Interaktionen von Kindern untereinander (Nentwig-Gesemann 2002) und mit pädagogischen Fachkräften (Wadepohl et al. 2017) in ihrem eigenlogischen Vollzug empirisch beschreiben lassen. Ein besonderes Augenmerk wird auf dreierlei gerichtet: 1. Wie in situativen Interaktionen zwischen Kindern mit Bildern der Kunst Denk- und Handlungsmuster im gemeinsamen Tun und Miteinandersein (etwa im Sinne eines Resonanzraumes) entstehen, sich erweitern und verschieben (vgl. Heizmann 2018, S. 102). 2. Wie Beziehungen (etwa als asymmetrische Rollenbeziehung) Interaktionen strukturieren und, 3., zum Ausgangspunkt pädagogischer Prozesse gemacht werden. Auf der Basis von durch Drittmittel (u.a. DFG) geförderten Projekten soll das Symposium so einen Beitrag zu einer sowohl „praxeologisch fundierten, rekonstruktiven, dezidiert auf die Eigensinnigkeit pädagogischer Prozesse fokussierenden frühpädagogischen Forschung“ (Nentwig-Gesemann und Nicolai 2014, S. 47) als auch zu einer qualitativen Kindheitsforschung leisten, die bis heute ambitioniert ist, Kinderperspektiven – im Sinne ihrer peerkulturellen Praktiken, Erfahrungen und Orientierungen – in den Blick zu nehmen (z.B. Deckert-Peaceman et al. 2010). Die empirischen Befunde werden eng mit theoretischer Reflexion zu den sie leitenden, zugleich aber auszudifferenzierenden Begriffen – wie etwa Führung und Erziehung – verbunden und an die frühpädagogische Diskussion angeknüpft.

Beitrag 1: Dasein – Wildsein – Bezugnahme – Aufnahme? Eine qualitative Fallstudie zum interaktiven Resonanzraum von Kindern mit Bildern der Kunst (Fatma Herrmann & Frauke Gerstenberg)

Im Zentrum des Beitrags steht die Interaktion zwischen 4- und 5-jährigen Kindern und deren Bezugnahme auf Bilder der Kunst im Rahmen von in Kindertageseinrichtungen durchgeführten bildgestützten Gruppendiskussionen und responsiven Bildgesprächen (vgl. Herrmann 2015). Anliegen ist es zu erörtern, auf welche Weise sich Kinder innerhalb dieser Gesprächsformate den Bedeutungsgehalt von Bildern der Kunst erschließen, d.h. wie Formen der kollektiven Bilddeutung und Erzählstrategien von Kindern aussehen. Eingelöst wird dies über eine dokumentarische Interpretation von inhaltlichen und formalen Bezugnahmen (vgl. Nentwig-Gesemann und Gerstenberg 2018) der Kinder aufeinander und der Kinder auf das Bild, sodass die eigenlogische Sinnaufschichtung des jeweiligen Diskurses – im Sinne eines ,interaktiven Resonanzraumes‘ – herausgearbeitet werden kann. Im Beitrag geht es insbesondere darum, anhand von Fokussierungsmetaphern und -akten exemplarisch zu zeigen, auf welche Weise sich ein solcher Resonanzraum als Zusammenspiel aus Bild, Sprache, Performativität am Ort Kindertageseinrichtung empirisch formieren kann.

Beitrag 2: Formen des In-Beziehung-Gehens als interaktionale Grundlage pädagogischer Prozesse (Arnd-Michael Nohl & Sarah Thomsen)

Soweit in der Kindertagesstätte nicht Gruppen adressiert werden, lässt sich eine Vielzahl kontingenter Interaktionen zwischen pädagogischen Fachkräften und Kindern beobachten, die sequenziell und z.T. auch simultan angelegt sind. In diesen Interaktionen kommt es immer wieder situativ zur Vermittlung von Wissen/Können (Lehre) und zur sanktionsbewehrten Zumutung von Handlungsorientierungen (Erziehung). Dass ein Kind allerdings überhaupt in einen pädagogischen Prozess involviert werden und wahrnehmen kann, dass es belehrt oder erzogen wird, geschieht auf der Grundlage einer Interaktionsbeziehung, die zwischen dem Kind und der pädagogischen Fachkraft aufgenommen wird. Auf der Basis von mehrtägigen Videographien in zwei Kindertagesstätten, die wir einer konversationsanalytisch geschulten dokumentarischen Interpretation (Nohl, Dehnavi & Amling 2021) unterziehen, möchten wir herausarbeiten, wie spezifische pädagogische Grundprozesse mit bestimmten Formen des In-Beziehung-Gehens in Verbindung stehen.

Beitrag 3: Führung, Autorität und asymmetrische Beziehung: Videographiegestützte Rekonstruktion von Führungsformen in Fachkraft-Kind-Interaktion (Morvarid Dehnavi & Marco Mazzarisi)

Am interaktiven Austausch zwischen Fachkräften und Kindern in Kindertagesstätten lassen sich neben pädagogischen Grundprozessen wie z.B. Erziehung auch Umgangsweisen wie Führung aufzeigen, welche nicht auf die nachhaltige und dauerhafte Veränderung des Gegenübers zielt (vgl. Amling, Dehnavi & Nohl 2022). Von einer grundlegenden asymmetrischen Rollenbeziehung gerahmt, geht es bei Führung u.a. um die „situativ erfolgreiche Einflussnahme in kritischen Momenten“ (Muster, Büchner, Hoebel & Koepp 2020, S. 294), also um Einflussnahme in Situationen, in denen zunächst unklar ist, wie gehandelt werden soll. In unserem Beitrag möchten wir anhand von videographierten Interaktionspassagen aus zwei Kindertagesstätten, die wir mit der Dokumentarischen Methode auswerten, verschiedene Formen von Führung rekonstruieren. Dabei wird zum einen der Begriff der Führung als Form der Interaktionsgestaltung theoretisch weiter ausdifferenziert und zum anderen aufgezeigt, dass die asymmetrische Rollenbeziehung und die pädagogische Autorität als dynamisch zu verstehen sind und von den Akteurinnen und Akteuren interaktiv und performativ gestaltet werden können.

Diskutantin: Antje Rothe

 

Panelsession I

Interaktionsqualität zwischen Kindern, Personal und Eltern in Kindertagesstätten während der COVID-19-Pandemie (Franz Neuberger, Mariana Grgic & Sina Fackler) 

Frühkindliche Bildungs- und Betreuungseinrichtungen mussten während der COVID-19-Pandemie eine Reihe von Schutz- und Hygienemaßnahmen ergreifen. Einige dieser Maßnahmen schränkten die Interaktionsmöglichkeiten des pädagogischen Personals, der Kinder und der Eltern vorübergehend drastisch ein, z. B. indem sie Abstand halten oder Gesichtsmasken tragen mussten. Die Auswirkungen dieser Distanzmaßnahmen auf die Qualität der täglichen Interaktionen in Kindertagesstätten sind weitgehend unerforscht. Auf Grundlage einer Panelbefragung unter 2529 deutschen Leiterinnen und Leitern von Kindertagesstätten von Oktober 2020 bis März 2022 liefert unser Beitrag eine langfristige Bewertung der Auswirkungen spezifischer Schutzmaßnahmen auf verschiedene Interaktionsebenen in Kindertagesstätten, und zwar auf die Interaktionen zwischen Personal und Kindern, die Interaktionen der Kinder untereinander und die Zusammenarbeit zwischen Personal und Eltern. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Interaktionen zwischen Kindern von den Maßnahmen weitgehend unbeeinflusst blieben, während Interaktionen zwischen Personal und Eltern am meisten gelitten haben. Häufige Kommunikation mit den Eltern und die regelmäßige Anwendung pädagogischer Praktiken wirkten sich stabilisierend aus, während Abstandsgebote zu den Kindern, Gesichtsmasken und (pandemiebedingter) Personalmangel die Interaktionen zwischen Personal und Kindern deutlich verschlechtern.

 

Elterliche Förderung sprach- und schriftsprachlicher Kompetenzen von Kindern im letzten Kindergartenjahr während COVID-19-bedingter Lockdowns (Verena Scharnagl & Wilfried Smidt)  

Die Förderung von Emergent Literacy im Kindergarten gilt als wichtig für die Entwicklung kindlicher sprach- und schriftsprachlicher Kompetenzen sowie für den späteren Schulerfolg (Whitehurst und Lonigan, 1998). Die im Kindergarten tätigen Pädagogen sollen den Erwerb von kindlichen Emergent Literacy-Fähigkeiten beispielsweise durch gezielte Aktivitäten wie gemeinsames Lesen von Büchern oder das Erlernen des Alphabets unterstützen; dies gilt insbesondere für Kinder mit Defiziten in der sprach- und schriftsprachlichen Entwicklung (vgl. auch BMBWF, 2020). Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Kindergartenschließungen und Notbetreuungen haben jedoch über einen längeren Zeitraum die Fördermöglichkeiten des Kindergartens eingeschränkt, sodass die häusliche Förderung von Emergent Literacy durch Eltern stärker in den Blickpunkt gerückt ist. Eltern können allerdings mit einer Vielzahl von COVID-19-bedingten Problemen konfrontiert sein (z. B. prekäre Arbeitsbedingungen, finanzielle Probleme), die sich auf ihre Unterstützung von Emergent Literacy von Kindern in der häuslichen Lernumgebung negativ auswirken (Steiber und Siegert, 2021). Die in Österreich während der COVID-19-Pandemie durchgeführte Studie knüpft an diese Problemlage an und zielt darauf ab, anhand von neun semistrukturierten Interviews Einblicke in das elterliche Förderverhalten von Emergent Literacy und Begründungen für die Unterstützung oder Nicht-Unterstützung während COVID-19-bedingter Lockdowns zu gewinnen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die befragten Eltern dazu neigten, Emergent Literacy aktiv, passiv oder kaum zu fördern. Die Begründungen bezogen sich auf das Interesse der Kinder, aber auch auf Vorbehalte bezüglich einer gezielten Förderung von Kindern bereits im Kindergartenalter. Die Ergebnisse haben das Potential, das Bewusstsein der Pädagogen für elterliche Förderung von Emergent Literacy zu schärfen und Verbesserungen bezüglich der Förderung von Emergent Literacy im Kindergarten anzustoßen.

 

Neue Strenge? Zur Elternzusammenarbeit unter Pandemiebedingungen aus Sicht pädagogischer Fach- und Leistungskräfte (Katrin Lattner) 

Institutionen der frühen Kindheit, wie bspw. die Kindertageseinrichtung stehen in einem komplexen Wechselverhältnis zu gesellschaftlichen Entwicklungen und politischen Entscheidungen. Letztere liegen insb. in der Corona-Pandemie »im Spannungsfeld von Politikbereichen, die sich mindestens auf die Bereiche Bildung, (…), Familie, Kinder« (Betz & Cloos, 2014, S. 13) erstrecken und die pädagogisch gerahmte Umwelt für das institutionelle Aufwachsen von Kindern sowie die Beziehungsgestaltung zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern konstituieren. So gingen mit der Umsetzung einer Reihe von Hygiene- und Schutzmaßnahmen (JFMK, 2020) vielerorts u.a. die (Wieder-)Einrichtung fester Bezugsgruppen, ein Betretungsverbot für Eltern sowie Einschränkungen der pädagogisch-konzeptionellen (Beziehungs-)Arbeit einher (u.a. Barbarino et al., 2021; Fläming & Kalicki, 2020). Diese Veränderungen bzw. temporären Begrenzungen konfrontier(t)en das Fachpersonal mit neuen Herausforderungen bei der Zusammenarbeit bzw. Gestaltung der Kommunikation mit Eltern, mit und ohne Medien (Cohen, Oppermann & Anders, 2021). Dem begegneten sie einerseits mit ihren eingespielten Formen und Routinen der Interaktionsgestaltung (intuitiv), andererseits entwickelten sie neue, kreative Handlungsansätze (reflexiv) (Lattner & Jankowicz, 2021). Daraus leitet sich die Frage ab, welche »Spuren« die Corona-Pandemie als sog. »Umweltphänomen« über den (in)direkten Zugriff auf die Gestaltung der Elternzusammenarbeit in Kitas, im Speziellen auf das Verhältnis zwischen Fachkräften und Eltern hinterlässt.

Diese Frage wird im Zuge der zwei aufeinander folgenden Interviewstudien (Studie 1: dyadische, fokussiert- episodische Interviews im Sommer 2020, Friebertshäuser & Langer, 2013; Studie 2: halbstrukturierte Interviews im Sommer 2021, Kruse, 2015), in denen das subjektive (Krisen-)Erleben der Kita-Fach- und Leitungskräfte in Deutschland erfasst und die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf den pädagogischen Berufsalltag sowie die Zusammenarbeit mit Eltern untersucht wurde, aufgegriffen. Insgesamt N=37 Fach- und Leitungskräfte (überwiegend in den neuen Bundesländern) beteiligten sich an den Interviews. Die Auswertung basiert auf einer Kombination verschiedener Strategien des qualitativen Kodierens: Die inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2018) wurde um ein offeneres Vorgehen mit interpretativ ausgerichteten Kodierstrategien erweitert (Saldaña, 2021). Im Zuge erster Datenanalysen fielen vielfältige Erzählungen der Leitungskräfte rund um »Auseinandersetzungen«, »temporäre Entfremdung« und (verlorene) „Routinen“ in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Eltern im institutionellen Setting »Kita« auf.

Ausgehend von einer theoretischen Verortung beschreibt der Vortrag kontrastiv Konstruktionen der pandemischen »Kita-Umwelt«, die in den Beschreibungen des „Elternzusammenarbeit“-Erlebens der Leitungskräfte deutlich hervortreten sowie Auswirkungen der Einschränkungen darauf. Argumentiert wird, dass sich gerade durch den sichtbaren (Maßnahmen-)Zugriff auf die Kitas innerhalb kürzester Zeit das Wegbrechen etablierter Abläufe und Handlungsroutinen zeigen lässt, was die Elternzusammenarbeit – aus Perspektive der Kita-Fachkräfte – ausmacht, oder eben nicht (mehr). Diskutiert werden die Erkenntnisse u. a. dahingehend, inwiefern sich in der Folge der Corona-Pandemie ggfs. langfristig Veränderungen und damit „neue (Beziehungs- und Interaktions-)Normalitäten“ in der Elternzusammenarbeit in den Kitas (die sog. neue Strenge, Jankowicz & Lattner, in review) etablieren könnten.

 

Bildungspläne und soziale Ungleichheit in früher Kindheit. Die Bedeutung von Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierungen für Interaktionen in Kindertageseinrichtungen (Sylvia Nienhaus)

Die Bedeutung von Bildung im Vorschulalter lässt sich in Deutschland u.a. an der Einführung von Bildungsplänen in Kindertageseinrichtungen (Kitas) festmachen, über die eine gezielte Förderung schulrelevanter Kompetenzen erfolgen soll, um Bildungsbenachteiligungen entgegenzuwirken (JMK, KMK & JFMK, 2004-2022). Inwiefern dies aus Sicht von Akteur*innen in frühkindlicher Bildung und Betreuung tatsächlich geschieht, ist die zentrale Frage meines Postdoc-Projekts „Bildungspläne, sozial-emotionale Entwicklung und soziale Ungleichheit in früher Kindheit“, welches zwischen 2019 und 2022 an der Universität Osnabrück gefördert wurde. Orientiert am Modell der qualitativen Mehrebenenanalyse (Hummrich & Kramer, 2018) habe ich über leitfadengestützte Interviews Orientierungen von Vertreter*innen von Kita-Trägern, Erzieher*innen und Eltern untersucht. Vor dem Hintergrund, dass die Verbindlichkeitsgrade der Bildungspläne sowie deren konkrete Umsetzung zur Bildungsförderung noch unklar sind, zeigen bisherige Projektergebnisse, dass z.B. Vertreter*innen von Kita-Trägern nicht nur Professionalität, sondern auch Vorurteile gegenüber bestimmten Kindern und deren Familien äußern (Nienhaus, Kerle & Rost, 2022). Anhand meines empirischen Materials liegt hier die Vermutung nahe, dass diese Vorurteile eine Strategie darstellen, mit der Komplexität im Kita-Alltag umzugehen und auf Probleme bei der Schaffung von Chancengleichheit durch die Umsetzung von Bildungsplänen in Kitas hindeuten. In meinem Vortrag möchte ich Analysen meines Interviewmaterials mit dem Fokus auf Vorurteile, Stereotype und Diskriminierungen z.B. im Hinblick auf sozio-kulturelle Hintergründe darstellen und hinsichtlich möglicher Bedeutungen für Interaktionen in Kindertageseinrichtungen diskutieren. Dabei konzentriere ich mich auf die Frage, inwiefern Vorurteile, Stereotype und Diskriminierungen ungleichheitsrelevant sind und potentiell exkludierend wirken.

 

Panelsession II

Familienorientierte Ergänzung und Unterstützung?! Verhältnis und Zusammenarbeit von Familien und Kitas im Lichte elterlicher Kinderbetreuungsalltagslogiken (Christoph Kairies) 

Im Vortrag werden einführend verschiedene Schlaglichter auf das Verhältnis und die
Zusammenarbeit von Familien und Kitas geworfen. In theoretischer Perspektive sind Familien, Kitas
und ihre Zusammenarbeit in diesem Rahmen praxeologisch-wissenssoziologisch konturiert
(Bohnsack 2017; Jurczyk 2020). Auf rechtlicher und konzeptioneller Ebene des Verhältnisses und
der Zusammenarbeit werden Widersprüchlichkeiten und Spannungsfelder markiert und die
Orientierung des Kita-Angebots an Familien in den Blick genommen. Anschließend stehen qualitative
Interviewdaten dahingehend im Fokus, wie Eltern vor dem Hintergrund des
Kinderbetreuungsalltages auf Kita blicken. Hierbei bezieht sich der Vortrag auf Datenmaterial aus
dem Dissertationsprojekt ,Kinderbetreuungsarrangements aus Elternperspektive‘. Dieses richtet sich
darauf, wie Eltern die Betreuung ihrer Kinder arrangieren und nimmt unter dem Begriff des
Kinderbetreuungsarrangements die Gesamtgestalt der arrangierten Settings in den Blick, in denen
sich kindbezogene Sorgepraktiken vollziehen. In dem qualitativ-rekonstruktiven Forschungsdesign
wurden Eltern per leitfadengestützten Einzel- und Paarinterviews beforscht. Die Erhebung der
Interviewdaten erfolgte von 2017 bis 2019 im Rahmen des DFG-Projektes ,Familienerziehung im
Generationenvergleich‘. Die empirischen Erkundungen werden abschließend als Impulse für eine
Weiterentwicklung der Zusammenarbeit auf konzeptioneller und handlungspraktischer Ebene
diskutiert. Erstens dahingehend, ob die Konzepte der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft nicht
stärker im Hinblick auf die Betreuungsfunktion von Kitas hin zu konturieren sind (Liegle 2005).
Zweitens, ob die Sensibilisierung, dass elterliche Perspektiven auf Kita Teil einer komplexen,
eigensinnigen Kinderbetreuungsalltagslogik sind, Grundlage einer auf gegenseitiger Anerkennung
aufbauenden Zusammenarbeit sein können.

 


PRO.i Peers, Theorie-Praxis-Transfer (Lea Mittischek, Irene Gumpold-Hölblinger & Catherine Walter-Laager) 

In dem laufenden Projekt PRO.i Peers werden die Ergebnisse aus der ethnographischen Feldstudie Interaktionen zwischen Kindern im Kinderkrippenalltag professionell begleiten (Mittischek, 2020) herangezogen. Dabei wurden Videodaten erhoben, die Interaktionssequenzen von 27 Fachpersonen und 96 Kindern fokussieren.

Mittels der Videointeraktionsanalyse (Tuma, Schnettler & Knoblauch, 2013) und einem Event Sampling Verfahren (Faßnacht, 1995) wurden die Daten ausgewertet und bedeutsame Interaktionsmerkmale für die Begleitung der Peerinteraktionen identifiziert.

Diese Ergebnisse werden nun für die Aus-, Weiter- und Fortbildung mit dem Ziel aufbereitet, Lehr- und Lernmaterialien für Qualitätsentwicklungsprozesse zu Verfügung zu stellen und so einen Theorie- Praxis Transfer herstellen. Die dafür ausgewählten Videosequenzen veranschaulichen exemplarisch die Performanz der Fachpersonen in der Begleitung der Kind-Kind Interaktionen. Die veranschaulichten alltäglichen Handlungspraktiken werden anhand der bedeutsamen Interaktionsmerkmalen analysiert und dabei mit der entsprechenden Fachliteratur verbunden.

 

Interaktionen im Feld des Kindergartens der Deutschschweiz (Sibylle Künzli Kläger)  

Ausgehend von der Persistenz der Disparitäten in der Bildungsteilhabe und der ungleichen Bildungschancen von benachteiligten Schüler:innen im schweizerischen Bildungssystem (Konsortium PISA.ch, 2019) sowie der Beurteilung der ersten Schuljahre als «grundlegend» für die Bildungsverläufe (Bayard Walpen, 2016), fokussiert das Dissertationsprojekt das alltägliche Handeln von «Professionellen» im Bildungsort «Kindergarten» der Deutschschweiz. In früheren Forschungsprojekten zu (sprachlichen) Bildungsprozessen im Feld der frühen Bildung konnten wir aufzeigen, dass (kindergarten-)kulturellen Handlungsmustern – sogenannten «kommunikativen Formen» (Knoblauch div.) – eine hohe Wichtigkeit beim Unterrichten zukommt (Künzli Kläger, 2018; Künzli & Isler, 2018; Künzli & Scherrer, 2019). Forschungsgegenstand des Projektes ist die konkrete Bildungspraxis: Es geht darum, die Interaktionen und Kommunikationen zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen zu untersuchen und präziser zu verstehen, auf welchen Orientierungen und Haltungen das berufliche Handeln basiert. Die Untersuchung orientiert sich theoretisch an Bourdieus Konzeption von «Habitus und Feld» (div.; v.a. 1982) und an der Konzeption der «kommunikativen Formen» (Knoblauch, div.; v.a. 2020). Das methodische Vorgehen ist dem rekonstruktiv-verstehenden Zugang verpflichtet: Es wurden drei Gruppenwerkstätten (Bremer, 2004) mit insgesamt 19 Teilnehmerinnen und videografische Aufzeichnungen in acht Kindergärten erhoben. Das Datenmaterial wird mittels Habitushermeneutik (Teiwes-Kügler & Lange-Vester, 2018) in Kombination mit Videointeraktionsanalysen (Tuma & Schnettler, 2019) ausgewertet.

Im Beitrag soll ein Schwerpunkt auf die rekonstruierten Handlungsmuster (kommunikative Formen) im Kindergarten gelegt und dabei exemplarisch aufgezeigt werden, welches Potenzial in der Rekonstruktion von beruflichen Handlungsmustern steckt. Zudem sollen Gestaltungsmöglichkeiten von Interaktionen im Unterricht und Folgerungen für die Professionalisierung von Lehrpersonen der Kindergartenstufe thematisiert werden.

 

Emotionale Sicherheit und soziale Teilhabe im Verlauf der Eingewöhnung in die Krippe (Viernickel Susanne, Virginia Richter & Tobias Fecher) 

Der Übergang in eine Kindertageseinrichtung kann als Transition mit „komplexe(n), ineinander übergehende(n) und sich überblendende(n) Wandlungsprozesse(n)“ (Welzer, 1993, S. 37) verstanden werden. Als Indikatoren für die Bewältigung des Übergangs gelten u.a., dass Kleinkinder auf die Unterstützung durch pädagogische Bezugspersonen zurückgreifen, um emotionale Sicherheit zu erleben bzw. zu stabilisieren, und dass sie Interesse an sozialer Teilhabe am Gruppengeschehen zeigen und mit anderen Kindern und Erwachsenen in dynamische soziale Austauschprozesses treten (Datler et al., 2012).

Inwiefern sich in den ersten vier Wochen des Krippenbesuchs tatsächlich Veränderungen in der emotionalen Sicherheit und sozialen Teilhabe zeigen, wurde an einer bundesweiten Stichprobe von n=51 Kindern im Alter zwischen 11 und 30 Monaten (26 weiblich) empirisch überprüft. Emotionale Sicherheit und Soziale Teilhabe wurden als Dimensionen kindlichen Wohlbefindens theoretisch-konzeptionell hergeleitet, über jeweils mehrere Indikatoren operationalisiert und in ein beobachtungsbasiertes Einschätzverfahren integriert. Pädagogische Fachkräfte bewerteten nach einer mehrstündigen Schulung und unter Nutzung einer erläuternden Handreichung die Indikatoren zweimal wöchentlich über die ersten vier Wochen des Krippenbesuchs auf einer fünfstufigen Likert-Skala.

Neben der Darstellung der übergreifenden Verlaufsmuster, die für eine Stärkung emotionaler Sicherheit und einen Anstieg sozialer Teilhabe sprechen, wird der Fokus des Beitrags auf der Identifikation und Interpretation individueller Verlaufsmuster liegen. Potenzielle Erträge der Studie und des Beobachtungsverfahrens für wissenschaftliche Theoriebildung und die Weiterentwicklung pädagogischer Praxis werden diskutiert.

13:00 bis 14:00

Abschluss und Ausklang mit Snacks

14:00 bis 15:30

Sitzung der Sektion Elementarpädagogik der ÖFEB


 

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