Projekte

Finanzierung:

Land Tirol

Projektleitung:

Marie-Claire Ries

Laufzeit: 01.09.2023 - 15.01.2024

TWF-Projekt: Archäologische Potenzialerfassung an Seeufern und Feuchtgebieten Kärntens
Die Ersterfassung der Bedeutung der Kärntnerischen Seenlandschaft im prähistorischen Europa: nur marginale Randzone oder zentrale Schlüsselregion?

Im Bundesland Kärnten befinden sich, wie auch im Rest des zirkumalpinen Raums, eine Vielzahl an Seen, Mooren und Fließgewässern. In diesen mehr als 1000 Gewässern konnten jedoch nach derzeitigem Forschungsstand lediglich drei Pfahlbaufundstellen nachgewiesen werden. Ein Umstand, der klar auf eine fehlende systematische, archäologische Untersuchung der Kärntner Seen zurückzuführen ist, weswegen sich das bis 2024 laufende TWF-Projekt darauf fokussiert, diese Lücke im Forschungsstand zu schließen. Das ambitionierte Ziel soll durch eine multidisziplinäre Herangehensweise, welche ein breites Spektrum aus modernen umweltarchäologisch-naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Methoden verknüpft, erreicht werden. Zunächst soll dabei ein erster Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand durch die Erfassung von Altfunden aus musealen und privaten Fundbeständen, Literatur- und Archivrecherchen sowie GIS-Analysen entstehen. In weiterer Folge werden feldarchäologische Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Innsbruck und unter Einbeziehung von an Archäologie interessierten Bürgern (sog. Citizen Scientists) einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des archäologischen Datenbestandes leisten. Zum einen werden Fragen zu archäologischen Artefakten (materieller Kultur), deren Typologie und Chronologie behandelt und zum anderen finden taucharchäologische Feldarbeiten sowie minimalinvasive Untersuchungen in Form von Handbohrungen zur Lokalisierung bisher unbekannter Fundstellen statt. Ergänzende mikroarchäologische Laboranalysen erfolgen in den Räumlichkeiten des Mikroarchäologischen Labors am Institut für Archäologien. Drei klar definierte Areale (sog. Case study areas) stehen im Fokus einer ersten Inventarisierung von Funden und Fundstellen. Der Wörthersee, der Faakersee und die Moosburger Teiche werden so erstmals mit modernen archäologischen Methoden erforscht. Am Ende des TWF-Projektes soll der Bestand an prähistorischen Pfahlbaufundstellen Kärntens in systematischer und aktualisierter Form dargestellt werden, wobei die Prospektierung bisher unbekannter Fundstellen, sowie die Erfassung ihres Erhaltungs- bzw. Gefährdungszustandes und eine erste Analyse des Forschungspotentials im Vordergrund stehen.

Neue Erkenntnisse zum Verständnis des Neolithisierungsprozesses Südösterreichs und der Kupferzeit werden erarbeitet. Diese Phase, in der sich erste sesshafte Siedler mit bäuerlicher Lebensweise vom 5. bis zum 3. Jahrtausend vor Christus im Raum Kärnten niederließen, zählt zu einem Abschnitt der menschlichen Kulturgeschichte, in dem signifikante technologische, ökonomische und soziale Veränderungen stattfanden. Wichtiger Bestandteil des Projekts ist daher auch, die prähistorische Seenlandschaft Kärntens in einen gesamteuropäischen Kontext einzubinden, da diese Region bis heute in der europäischen Urgeschichtsforschung nach wie vor als nur lückenhaft erforschter Missing link gilt. Zu klären ist dabei vor allem die eingangs schon erwähnte Frage, ob Kärnten nur eine marginale Randzone der kulturgeschichtlichen Entwicklung oder doch eine zentrale Schlüsselregion im prähistorischen Europa war.

Angestrebtes Ziel des Projekts ist es, nicht nur für die nationale und internationale wissenschaftlich-facharchäologische Forschung neue Impulse zu setzen, sondern durch die Potentialerfassung archäologischer Strukturen entlang Kärntner Gewässer auch aktiv in Konzepte zukünftiger Raumplanung, den lokalen Tourismus sowie in das Landschafts-, Naturschutz-, und Kulturmanagement einzuwirken. Das Forschungsvorhaben ist somit eine wichtige Grundlage weiterführender gesellschaftlich relevanter Arbeiten, die auch dem Schutz und Erhalt archäologischer Fundstätten dienen. Prähistorische archäologische Fundstellen aus der durch Wasser geprägten Umwelt sollen auch in Österreich besser verstanden und miteingebunden werden.

 


Nach oben scrollen