Adomeit Klaus Das bürgerliche Recht, das Bürgerliche Gesetzbuch und die bürgerliche Gesellschaft, in: Hofmann, Hasso/Weber, Ulrich/Wenz, Michael (Hg.) Würzburger Vorträge zur Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Rechtssoziologie Heft 18 (Baden-Baden, 1996) Nomos-Verlag ISBN 3-7890-4385-0, 40 Seiten


 

Klaus Adomeit hielt in Würzburg am 13. Juli 1995 den Vortrag mit dem Titel „Das bürgerliche Recht, das Bürgerliche Gesetzbuch und die bürgerliche Gesellschaft“. Der Vortrag wurde 1996 als 18. Heft der Würzburger Reihe zur Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und Rechtssoziologie veröffentlicht. Er ist in sechs Kapitel gegliedert.

Im ersten Kapitel – „Der Begriff ‚bürgerlich‘“ (zwei Seiten) – grenzt Adomeit den citoyen vom bourgeois ab und zeichnet das Bild des historischen BGB-Bürgers nach. Dieser Bürger ist männlich, versucht möglichst viel Eigentum anzuhäufen, will durch Eheschließung eine Familie gründen und seine Nachkommen beerben. Im zweiten Kapitel – „Ein bürgerlicher Lebenslauf, geschildert in §§ des BGB“ (acht Seiten) – skizziert Adomeit zentrale Elemente des BGB: den Bürger, die Vertragsfreiheit, Besitz und Eigentum, das Verlöbnis, die bürgerliche Ehe und die Grablegung. Die Vertragsfreiheit des BGB, trägt dem liberalistischen Gedanken Rechnung: „Jeder, der sich auf einen Vertrag einläßt, muß fürchten, auch einmal kräftig übervorteilt zu werden, darf aber dafür hoffen, selbst einmal schön zu übervorteilen – das ist die Philosophie des Vertrages!“[1] [Die] „Aufgabe des Richters war es, diese Vertragsfreiheit zu bestätigen und die Einhaltung der Vertragspflichten zu sanktionieren, mitnichten eine Kontrolle von Verträgen.“[2] Für Adomeit wurde der BGB-Bürger von seiner Geburt an bis über seinen Tod hinaus durch das BGB normiert. Das zeigt sich in den Bestimmungen zur Handlungsfähigkeit und endet bei den Bestimmungen zur Grablegung sowie im Erbrecht. Das dritte Kapitel trägt die Überschrift „‚… und die besitzlosen Volksklassen‘“. Auf fünf Seiten setzt sich Adomeit mit der Kritik Mengers am BGB sowie mit der bürgerlichen Gesellschaft aus aktueller Sicht auseinander. Kritisierte Menger, dass der Dienstvertrag dem Kaufvertrag zu sehr ähnle und nicht berücksichtige, dass die Arbeiter/innen ihre Körper einsetzen würden, führt Adomeit aus, die Arbeiter/innen seien in der heutigen Gesellschaft zu Bürger/innen geworden. Darunter versteht er, dass sie sich an bürgerlichen Werten orientieren und nach Eigentum streben. Im vierten Kapitel – „Bürgerliches Recht heute“ (zwölf Seiten) – beschäftigt sich Adomeit mit der Vertragsfreiheit, der Wohnungsmiete, dem Arbeitsrecht, dem Reisevertrag, dem Ehe- und Scheidungsrecht sowie mit den Ehewirkungen und Scheidungsfolgen. In diesem Kapitel verbindet Adomeit die Bestimmungen des BGB mit ihrer Auslegung sowie ihren Wirkungen. So sieht er etwa heute die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Dazu wörtlich: „Den letzten Stoß hat die Vertragsfreiheit durch das BVerfG im Bürgschaftsrecht erhalten, als dieses Gericht am 19.10.1993 eine neue Generalklausel kreierte. Ein Vertrag, der einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belastet und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke ist, muß danach von den Zivilgerichten als nichtig aufgehoben werden.“[3] Adomeit kritisiert daran, dass die individuellen Wirkungen durch einen solchen Leitsatz nicht ausreichend berücksichtigt werden. In diesem Kapitel scheut Adomeit auch nicht vor farbigen Formulierungen zurück. So spricht er davon, dass durch den Verzicht auf die Statuierung von Scheidungsgründen eine „Fristenlösung“[4] in Kraft getreten sei, mit der die Ehe als Grundlage der bürgerlichen Familie fallengelassen wurde. Im fünften Kapitel behandelt Adomeit auf fünf Seiten „[d]as bürgerliche Recht und seine Gegner“. Als historischen Gegner identifiziert er den Sozialismus. Nach dem Zusammenbrechen der DDR 1989/90 ist die Gesellschaft eine zunehmend ‚kriminelle Gesellschaft‘[5], in der Juristen und Juristinnen damit rechnen müssen, „[…] daß der Druck ständig zunimmt, Geschäfte am Rande der Legalität, bereits im Bezirk des Illegalen zu fördern“,[6] geworden. Adomeit spielt damit auf die Machenschaften der Ost-Mafia an, die er durch den fehlenden wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Fall der Berliner Mauer gestärkt sieht. Aktuell ist für ihn die zunehmende Anzahl an Single-Haushalten die größte Gefahr für die bürgerliche Gesellschaft. Denn die Familie ist für ihn „[…] unentbehrlich für jede Gesellschaft überhaupt, speziell aber für die bürgerliche Gesellschaft, der Stabilität und Vererbbarkeit des selbstgeschaffenen Vermögens wichtig sein muß.“[7] Das sechste Kapitel bildet das Schlusswort. In ihm fordert Adomeit, dass der Text des BGB an veränderte Sprachgebräuche seit dem Inkrafttreten des BGB angepasst werden muss.

 

Mir gefällt an Adomeits Beitrag, dass er regelmäßig auf die Wirkungen der Bestimmungen des BGB und auf gesellschaftliche Fakten, die im Zusammenhang mit dem Recht stehen, hinweist. Er kritisiert aus sozialer (linker?) Perspektive die Bestimmungen des BGB – insbesondere das Bild des BGB-Bürgers oder die Wirkungen der Vertragsfreiheit. Im Gegensatz dazu vertritt er ein konservatives Familienbild. Er versteht die bürgerliche Kleinfamilie als schützenwert und schutzbedürftig. Er kritisiert feministische Tendenzen und hält diese für gefährlich: „Wie noch das frühere BGB-Modell jede Ehefrau auf die Hausfrauenrolle festlegen wollte, ohne Rücksicht auf Neigung, Begabung, Leistungskraft, so will die Emanzipationsideologie ein Pfui!-Tabu vor eben dieser Rolle aufrichten, mit ebensowenig Rücksichtnahme; Gesetzgebung wie Rechtsprechung sollen dieser Ideologie folgen.“[8] Insgesamt lohnt die Lektüre dieses kurzen Beitrags.

Caroline Voithofer

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[1] Ebenda 11.

[2] Ebenda 10.

[3] Ebenda 23.

[4] Ebenda 30.

[5] Ebenda 36.

[6] Ebenda 37.

[7] Ebenda 38.

[8] Ebenda 14 f.

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