Richtlinien für Ökumenische Gottesdienste Vorbemerkungen

(Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz, Nr. 36 vom 1. September 2003, II. 2.)

Da diese Richtlinien zunächst für die Gemischt Katholisch-Evangelische Kommission gedacht sind, sind hier nur Gottesdienste unter Beteiligung von Vertretern dieser beiden Kirchen (nicht etwa von mehreren, anderen Kirchen) gemeint.

Es ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob die Gottesdienste in einer Kirche stattfinden, oder in zivilen Räumen oder auf Plätzen.

1. Allgemeines

  • Ökumenische Gottesdienste (Andachten, Feiern), wann immer sie gefeiert werden, bieten eine willkommene Gelegenheit, gemeinsam Gott Lob und Dank zu sagen, sein Wort gemeinsam zu hören und weiten Kreisen zu verkündigen, christliche Gemeinschaft zu erleben und einzuüben, mit- und füreinander zu beten, Segen zu erbitten und zuzusprechen.
  • Von ökumenischen Gottesdiensten kann nur geredet werden, wenn die Vertreter der jeweiligen Kirchen „par cum pari“ feiern, also gleichberechtigt. Andernfalls sollte man von der Teilnahme an einem jeweils von der anderen Kirche gestalteten Gottesdienst reden.

2. Feiern in versöhnter Verschiedenheit

  • Bei ökumenischen Gottesdiensten ist es wichtig, dass es allen Beteiligten bewusst bleibt, dass sie (über das Netz persönlicher Beziehungen hinaus) hier nicht (nur) als Privatpersonen handeln, sondern (auch) als Repräsentanten ihrer Kirche – und dass sie in den jeweiligen Partnern gleichfalls nicht nur die konkreten Personen sehen dürfen, sondern ebenso die Repräsentanten der anderen Kirchen (an)erkennen müssen.
  • Häufig wiederkehrende oder auch besondere Anlässe (z.B. der gemeinsamen Trauer oder des gemeinsamen Gedenkens) sind gemeinsam zu vereinbaren und als Zeichen gewachsener Ökumene in erster Linie auch ökumenisch zu feiern.
  • Bei ökumenischen Gottesdiensten bringt jede Kirche ihre „Eigenart“ in die Feier ein. Das heißt, dass kein „Zwang“ zu größtmöglicher Einheit besteht. Die nach der eigenen Tradition übliche Form muss nicht vernachlässigt werden. Das trifft z.B. bei „Segnungen“ von Häusern, Gegenständen usw. zu. Wenngleich hier im Verständnis dessen, was geschieht, Unterschiede herrschen, wird doch ein Miteinander in Absprache möglich sein. Deswegen ist es wichtig, sich um eine angemessene Begrifflichkeit möglichst zu bemühen, um der jeweiligen Auffassung des anderen auch gerecht zu werden (z.B. darf es nicht heißen „ökumenische Segnung, Weihe“ oder gar „ökumenische Messe“, sondern: „ökumenische Segensfeier anlässlich...“ oder: „ökumenische Andacht, ökumenischer Wortgottesdienst aus Anlass...“).
  • Ökumenische Gottesdienste sollten möglichst nicht an Sonntagen gehalten werden. Sie sind nur dann möglich, wenn:
    • die ortsüblichen konfessionellen Gottesdienstzeiten nicht berührt sind,
    • die jeweiligen AmtsträgerInnen rechtzeitig den Ablauf gemeinsam gemäß bestehender ökumenischer Ordnungen planen können,
    • die Organisationen in ihrer Planung Voraussetzungen gewähren, die eines Gottesdienstes nicht nur formal würdig sind.
  • Gemeinsamkeit wird nicht durch „Duplizierung“ demonstriert, sondern im Einbringen des je Eigenen, was in gemeinsamer Vorbereitung genau abgesprochen werden soll. Der Vertreter/Die Vertreterin jeder Kirche ist in möglichst ausgewogener Weise am Gottesdienst zu beteiligen, jedoch sind Dopplungen, wie z.B. zwei Predigten, zwei Begrüßungen zu vermeiden.
  • Eine ökumenische Feier muss rechtzeitig angemeldet und vereinbart sein, um eine gründliche und einvernehmliche Vorbereitung durch die Beteiligten treffen zu können. Die gemeinsame Absprache und Vorbereitung schließt auch die Fragen nach Zeit und dem Ort (Raum) des Gottesdienstes ein.
  • Die liturgische Kleidung ist unter den Beteiligten abzusprechen.

3. Im Einzelnen

3.1 Gemeinsame Feiern in der Kirche

  • Der für die jeweilige Kirche zuständige Amtsträger (Amtsträgerin) führt den Vorsitz und leitet die Feier. Dennoch soll die Mitwirkung des Vertreters der anderen Kirche auch in seiner Eigenständigkeit deutlich werden.
  • In der Regel wird die gemeinsame Feier in Form eines Wortgottesdienstes gestaltet. Gemeinsame Eucharistiefeiern oder Abendmahlsfeiern täuschen nach dem heutigen Stand des unterschiedlichen Selbstverständnisses und der rechtlichen Bestimmungen der Kirchen eine noch nicht vorhandene Einheit vor. Die Konzelebration der Amtsträger der beiden Kirchen ist nach dem römisch-katholischen Kirchenrecht nicht gestattet.
  • Durchaus möglich, oft sogar wünschenswert ist die Teilnahme von Amtsträgern der beiden Kirchen an sakramentalen Gottesdiensten. Sie kann in vielfacher Weise erfolgen, z.B. durch eine „Gastpredigt“, eine Lesung, „Deuteworte“, Fürbitten, ein Segensgebet u.ä.

3.2 Gemeinsame Feiern bei Segnungen, Eröffnungen etc.

  • Bei Einladung seitens eines nichtkirchlichen Veranstalters sollte möglichst früh, vielleicht sogar vor der endgültigen Zusage, Verbindung mit dem Amtsträger der anderen eingeladenen Kirche aufgenommen werden. Dabei sollte auch noch für die Überlegung Platz sein, ob die Teilnahme der Kirchen überhaupt tunlich ist, wenn die Feier z.B. eindeutig nur zur äußeren „Verbrämung“ oder gar zu politischen Zwecken beabsichtigt ist. Ein Kriterium ist dafür auch, ob die zu erwartenden Teilnehmer überhaupt für eine solche Feier Verständnis aufbringen und auch zu einem gemeinsamen Gebet bereit sind. Ferner müssen die einladenden Veranstalter für einen würdigen Rahmen für die gottesdienstliche Feier sorgen.
  • Die Festlegung der Gestaltung der Feier obliegt den Vertretern der Kirchen und kann nicht vom Veranstalter in bindender Weise vorgegeben sein.
  • Für ökumenische Segensfeiern empfiehlt es sich, Vorlagen aus den liturgischen Büchern der beiden Kirchen zu nehmen (z.B. Agende IV der VELKD, oder Benediktionale) oder Texte aus der Handreichung „Ökumenische Segensfeiern“. Gebete und Symbole aus beiden Traditionen zu nehmen, dient der geistlichen Bereicherung.

3.3 Anlässe, die für eine gemeinsame ökumenische Feier sprechen

  • Schulgottesdienste, wobei doch während des Jahres wenigstens einmal ein Gottesdienst (z.B. Eucharistiefeier) für die jeweilige Konfession vorgesehen sein soll.
  • Jubiläen und Gedenkfeiern in Gemeinden, Schulen, öffentlichen Einrichtungen.
  • Segnungen und Einweihungen von Bauwerken und Einrichtungen von öffentlicher Bedeutung.
  • Gemeinsame Trauer bei nationalen, regionalen oder lokalen Ereignissen.
  • Wo nur eine der beiden Kirchen um eine Feier bei derartigen Anlässen gebeten wird, sollte diese die „ökumenische Initiative“ ergreifen!

4. Religiöse Feierstunden mit nichtchristlichen Religionsgemeinschaften

  • Es ist klar zwischen einem ökumenischen Gottesdienst und einer interreligiösen bzw. multireligiösen Feierstunde zu unterscheiden. Von einem interreligiösen Gottesdienst kann nicht gesprochen werden. Daraus ergeben sich verschiedene Konsequenzen, sowohl was die Gebetsfolge anlangt, als auch, was den Raum betrifft.
  • Die Angehörigen verschiedener Religionen können meist kein gemeinsames Gebet sprechen, wohl ist es möglich, dass zu einem bestimmten Thema, z.B. „Friede“, Gebete aus verschiedenen Religionen hintereinander gesprochen werden.
  • Jede interreligiöse Feierstunde erfordert eine Vorbereitungsgruppe, der Mitglieder aller an der Feierstunde beteiligten Religionen angehören.
  • Bei interreligiösen Feiern in einer Schule ist nicht nur die Religionszugehörigkeit der Schüler, sondern auch ebenso der Lehrer mitzubedenken. Über Anlass, Sinn und Verlauf der Feierstunde sollte die Vorbereitungsgruppe rechtzeitig auch den übrigen Lehrkörper und die Eltern informieren. Dabei bietet sich an, dass zur Gestaltung auch andere Lehrer herangezogen werden, etwa Ethiklehrer, Musiklehrer, Geschichts- und Sprachenlehrer, Zeichenlehrer usw., um so auch Kunst bzw. Literatur einzubeziehen.
  • Die aktive Mitgestaltung dieser interreligiösen Feiern, besonders in Schulen, ist nur den Angehörigen staatlich anerkannter Religions- und Bekenntnisgemeinschaften zu gewähren. Bei Unklarheiten ist vor Beginn der Vorbereitung eine sachkundige Information einzuholen.

5. Musterabläufe oder spezielle Handreichungen

  • Offiziell wurde von beiden Kirchen bisher lediglich eine Handreichung „Die Trauung katholisch-evangelischer Paare unter Mitwirkung der Bevollmächtigten beider Kirchen“ erarbeitet.
  • Weitere Modellabläufe zu erstellen ist derzeit wohl nicht unbedingt erforderlich. Für viele Anlässe gibt es dafür schon Vorschläge in den oben genannten liturgischen Büchern beider Kirchen. Für Einzelfälle aber ist es gut, den Ablauf (unter Beachtung der oben angeführten Grundsätze) ad hoc zu erarbeiten, um der jeweiligen Situation besonders gerecht werden zu können, aber auch, um Freiheit zu schaffen, in Gebet und Symbolik dem Ereignis gerecht zu werden.

Diese Richtlinien für Ökumenische Gottesdienste wurden erarbeitet von der Gemischt Katholisch-Evangelischen Kommission sowie approbiert durch Beschluss der Österreichischen Bischofskonferenz am 25. Juni 2003 und Beschluss des Evangelischen Oberkirchenrates A. und H.B. vom 19. August 2003.

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