Grundsatzerklärung zur Vereinbarkeit von kirchlichem Dienst und politischem Engagement für Dienstnehmerlnnen im Bischöflichen Ordinariat und der Caritas der Diözese Innsbruck
(Diözesanblatt der Diözese Innsbruck, 83. Jg., Mai/Juni 2008, Nr. 4, 33.)
1. Präambel:
Eine Gesellschaft, die auf allen Ebenen bewusst im Dienst des Menschen bleiben will, setzt sich das Gemeinwohl als vorrangiges Ziel.
Das Gemeinwohl verpflichtet alle Mitglieder der Gesellschaft.
Die Verantwortung für das Gemeinwohl kommt nicht nur den einzelnen Personen, sondern auch dem Staat zu, weil das Gemeinwohl die Daseinsberechtigung der politischen Autorität ist. Daraus folgt die Notwendigkeit politischer Institutionen, deren Zweck darin besteht, den Menschen die materiellen, kulturellen, moralischen und spirituellen Güter zugänglich zu machen, die erforderlich sind, um ein wahrhaft menschliches Leben zu führen. (Vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, Abs. 168).
Die Kirche will sich diesen Aufgaben stellen und die/den Einzelne/n bei der Verwirklichung dieser Aufgaben bestärken.
Politik, auch Parteipolitik, ist eine wichtige Aufgabe, der seitens der Kirche mit Respekt zu begegnen ist.
Eine klare Trennung zwischen Gesellschaftspolitik und Parteipolitik ist nicht möglich.
Gesellschaftspolitische Anliegen bedürfen oft der Parteipolitik, um umgesetzt werden zu können. Die Kirche soll jedoch nicht parteipolitisch vereinnahmt und instrumentalisiert werden.
Eine besondere Verantwortung und Sensibilität liegt dabei bei den höchsten Leitungsfunktionen (Mitgliedern der Diözesanleitung), weil deren öffentliches Engagement und Auftreten durch die mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung für viele Gläubige sichtbar ist.
Ziel dieses Papiers ist, die DienstnehmerInnen, aber auch die Diözese Innsbruck und Kirche als solche zu schützen, wenn politisches Engagement im Widerspruch zum Sendungsauftrag der Kirche und zu den Bestimmungen der Dienst- und Besoldungsordnung der Diözese Innsbruck stehen.
II. Geltung:
Diese Grundsatzerklärung gilt für alle hauptamtlichen ArbeitnehmerInnen des Bischöflichen Ordinariates und der Caritas der Diözese Innsbruck, die durch ihre jeweiligen Betriebsratskörperschaften vertreten werden.
III. Grundlagen, nach denen Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit von politischem Engagement und Dienstpflichten zu beurteilen sind:
1. Art. 3 Staatsgrundgesetz:
Die öffentlichen Ämter sind für alle Staatsbürger gleich zugänglich.
2. Relevante Bestimmungen der Dienst- und Besoldungsordnung der Diözese Innsbruck:
- Laien, die im kirchlichen Dienst stehen, tragen entsprechend ihren Möglichkeiten und Begabungen gemeinsam mit der Diözesanleitung Verantwortung für die Kirche.
- Daher erfordert die Übertragung eines kirchlichen Dienstes eine bewusst christliche Lebensgestaltung, die sich am Evangelium und an der Praxis kirchlichen Lebens orientiert.
- Von allen MitarbeiterInnen, besonders aber von jenen, die Führungspositionen bekleiden, wird vom Dienstgeber, aber auch von den Gläubigen erwartet, dass ihr Leben auch Zeugnis für den Glauben sei — durch gelebten Glauben im familiären und persönlichen Bereich und durch Teilnahme am Gemeindeleben.
- Alle DienstnehmerInnen sind verpflichtet, auf die Wahrung der kirchlichen Interessen bedacht zu sein.
- Die DienstnehmerInnen haben sich der Verantwortung, die Kirche zu repräsentieren, stets bewusst zu sein und dies in ihrer Haltung und Lebensführung zum Ausdruck zu bringen.
- Die Ausübung einer zusätzlichen Beschäftigung, die die DienstnehmerInnen an der klaglosen Erfüllung ihrer Dienstpflichten hindert, ist nicht zulässig.
3. Mitteilungspflicht:
- Die Annahme eines politischen Mandats / einer parteipolitischen Funktion ist der zuständigen Amtsleitung mitzuteilen.
4. Kriterien der Unvereinbarkeit:
- Je höher die Funktion, die inhaltliche Verantwortung und die Repräsentanz für einen Bereich in unserer Diözese, desto problematischer ist es, (partei)politische Funktionen/Mandate zu übernehmen und auszuüben, ohne den kirchlichen Auftrag zu gefährden.
- Hier sind sinngemäß die grundsätzlichen Bestimmungen der DBO anzuwenden. Das politische Mandat darf die/den DienstnehmerIn nicht an der klaglosen Erfüllung ihrer/seiner Dienstpflicht hindern.
Das bedeutet:
- Der mit dem (partei)politischen Engagement verbundene Zeitaufwand muss mit den Erfordernissen des kirchlichen Dienstes vereinbar sein.
- Durch die (partei)politische Funktion/das politische Mandat darf die Erfüllung der Aufgaben des jeweiligen kirchlichen Dienstes in seiner erforderlichen parteipolitischen Unabhängigkeit nicht gefährdet werden.
IV. Verfahren bei Zweifel über die Vereinbarkeit:
- Bei Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit von politischem Engagement und Dienstpflicht verständigt die/der unmittelbar Vorgesetzte die zuständige Amtsleitung, welche eine Mitteilung an den Generalvikar macht.
- Der Generalvikar setzt ein paritätisch besetztes Kollegialorgan zur Beratung ein.
- Dieses besteht aus:
- dem Generalvikar - der jeweils zuständigen Amtsleitung und - der/dem jeweils zuständigen Betriebesratsvorsitzenden des Bischöflichen Ordinariates oder der Caritas der Diözese Innsbruck. - Dieses beratende Gremium unterstützt den Generalvikar in seiner Entscheidungsfindung. Bei Vorliegen einer Unvereinbarkeit bringt der Generalvikar die causa in die Ordinariatskonferenz ein.
- Die Entscheidung darüber, ob eine Unvereinbarkeit vorliegt, obliegt dem Generalvikar. Der Betriebsrat kann die ihm von der Arbeitsverfassung zustehenden Möglichkeiten des Einspruchs nutzen.