Wenn die Medien über unsere Zukunft entscheiden!

Der Einfluss der Medien auf die großen gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit.

Sommersemester 2021: Lisa Schrott und Barbara Venier

Seit Jahren beschäftigen wir uns mit den „größten“ Problemen der Gesellschaft. Probleme, die uns über Jahre hinweg beschäftigen, die nicht nur als Gesprächsstoff zwischen Freunden dienen, sondern auch von den Medien behandelt und kritisch analysiert werden. Die Politik versucht schon seit Jahren den größten Problemen unserer Gesellschaft den Kampf anzusagen. Es werden Bündnisse geschlossen, Vereinbarungen getroffen, internationale Gremien gegründet, alles im Kampf für die Gesellschaft. Fallen also die Begriffe Klimawandel, Nachhaltigkeit, Ungleichheit, Frauenrechte oder Armut, so sind diese mittlerweile für niemanden mehr ein Fremdwort. In den Medien werden sie tagtäglich gedruckt und diskutiert. Jeder will helfen und sich einbringen, etwas Gutes tun. Ausgehend von dieser Idee sind auch zahlreiche Hilfsorganisationen entstanden, die aktiv um eine bessere Welt kämpfen wollen. Laut Daten von statista.com wurden allein in Deutschland im Jahr 2020 rund 5,1 € Milliarden gespendet (Bocksch, 2020). Doch was ist mit all den anderen, unbekannten Problemen. Probleme, die nicht von den Medien behandelt werden, wer kümmert sich dort um eine Lösung? Dass die Medien mittlerweile viel Einfluss auf unsere Gesellschaft haben, kann keiner leugnen, aber haben Medien mittlerweile vielleicht einen zu großen Einfluss darauf, welche Probleme international als wichtig angesehen werden und unterstützt werden sollten?

Wörter wie Klimakrise, Erderwärmung oder Armutsbekämpfung sind tagtäglich in Schlagzeilen, Artikeln, Websites oder Fernsehbeiträgen zu finden. Die mediale Präsenz hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Durch die enorme Präsenz und Bekanntheit steigen natürlich auch Spendengelder, Hilfsorganisationen werden gegründet, auch die Politik setzt sich für die Bekämpfung von Armut und Klimawandel ein, Beiträge und Förderungen werden zugesprochen und Gremien sollen für eine in-ternationale Lösung sorgen.

Sieht man sich die mediale Aufmerksamkeit des Wortes „Poverty“ an, so sind enorme Schwankungen über die Jahre zu erkennen. In Grafik 1 erkennt man die mediale Aufmerksamkeit, gezählt an der Anzahl der Artikel, in denen das Wort „poverty“ vorkam. Rose und Baumgartner haben dafür Daten aus 5 bekannten US-Amerikanischen
Zeitschriften in den Jahren von 1960 – 2008 gesammelt und analysiert. Auf der Grafik ist ein enormer Anstieg der medialen Präsenz Ende der 1960er Jahre zu erkennen. In den 80er Jahren ebbt die mediale Aufmerksamkeit etwas ab, bis sie Ende der 90er Jahre wieder enorm zunimmt. In Grafik 2, einer weiteren Grafik aus der Arbeit von Rose und Baumgartner, werden die Ausgaben des Staates gegen die Bekämpfung von Armut, über die vorhin genannte Zeitspanne betrachtet. Vergleicht man die beiden Grafiken nun miteinander ist ein ähnlicher Trend zu erkennen. In den 70er Jahren, als das Wort „poverty“ seinen Höhepunkt im Bereich der medialen Aufmerksamkeit erreicht hat, sind auch die Staatsausgaben für den Bereich Armut enorm angestiegen. Es lässt sich also vermuten, dass ein positiver Zusammenhang zwischen medialer Präsenz und Staatsausgaben, sowie Spendengeldern besteht. Auch Bimber stellt in seiner Forschung eine positive Korrelation zwischen medialer Bekanntheit und Partizipation von Seiten der Politik, sowie der Bevölkerung fest (Bimber, 2003).

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Grafik 1: Medienaufmerksamkeit des Wortes „Poverty“ (Quelle: Rose M., Baumgartner F., 2013)

 

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Grafik 2: Staatsausgaben im Bereich Armut (Quelle: Rose M., Baumgartner F., 2013)


Daraus folgt nun, dass Probleme die häufig in den Medien auftreten auch in der Be-völkerung und Politik auf mehr Unterstützung treffen. Dadurch, dass die Aufmerksam-keit steigt, steigt auch die Erwartung an die Politik sich für das Problem einzusetzen und zu engagieren (Van Belle & Hook, 2008). Auch Hilfsorganisationen und NGOs werden vermehrt gegründet, da sie mit unterschiedlichen Unterstützungen rechnen können. Das alles fällt weg oder viel schwerer, wenn die mediale Präsenz fehlt, wenn es keine finanziellen Unterstützungen gibt und sich der Großteil der Menschheit nicht einmal im Klaren über das Problem ist. Eine Hilfsorganisation, die niemand kennt und für die niemand spendet wird auch nicht lange überleben. Die Medienbranche hat also einen riesigen Einfluss darauf, wie Probleme in unserer Gesellschaft gelöst werden. Sie beeinflusst allerdings nicht nur wie Probleme gelöst werden, sondern auch welche Probleme vorrangig gelöst werden sollten.

Bei all den großen Problemen, mit denen wir täglich zu kämpfen haben, die durchaus wichtig und relevant sind, dürfen wir allerdings die Probleme nicht vergessen, die we-niger bekannt sind, die weniger Aufmerksamkeit in den Medien erhalten. Ziel sollte es nun also sein, diese mediale Ungleichheit auszugleichen. Relevante Themen wie z.B. die Arbeitslosigkeit unter beeinträchtigen Menschen sollten den Menschen ins Ge-dächtnis gerufen werden und so einen Anstoß liefern, Minderheiten in unserer Gesell-schaft nicht zu vergessen. Das Bewusstsein über ein Problem bildet meist schon den ersten Schritt in Richtung Lösung.

Literaturverzeichnis

Bimber, B. (2003). Information and American Democracy: Technology in the evolution of political power. Cambridge: University of Cambridge.

Bocksch, R. (18. August 2020). So viel Geld spenden die Deutschen. Von Statista: https://de.statista.com/infografik/8596/spendenvolumen-und-spendenzwecke-in-deutschland/ abgerufen

Rose, M., & Baumgartner, F. R. (2013). Framing the Poor: Media Coverage and U.S. Poverty Policy, 1960-2008. The Policy Studies Journal, S. Vol. 41, No. 1.

Van Belle, D. A., & Hook, S. W. (9. Januar 2008). Greasing the squeaky wheel: News media coverage and us developement aid, 1977-1992. Taylor and Francis Online, S. 321-346.

Abbildungsverzeichnis

Grafik 1: Medienaufmerksamkeit des Wortes „Poverty“ aus: Rose, M. & Baumgartner, F. R. (2013) https://www.semanticscholar.org/paper/Framing-the-Poor%3A-Media-Coverage-and-U.S.-Poverty-Rose-Baumgartner/da5007b9d2eb31384c05e1b884f05a57a8c71f15/figure/1

Grafik 2: Staatsausgaben im Bereich Armut aus: Rose, M. & Baumgartner, F. R. (2013) https://www.semanticscholar.org/paper/Framing-the-Poor%3A-Media-Coverage-and-U.S.-Poverty-Rose-Baumgartner/da5007b9d2eb31384c05e1b884f05a57a8c71f15/figure/1

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