Was steckt hinter den Fassaden von Textil-Discountern?

Dass Kleidung bei Klamottengeschäften wie KiK oder Primark billig ist, das ist wohl jedem klar. Aber wie kann es sein, dass Klamotten für einen so geringen Preis angeboten werden? Was steckt dahinter, wie fair ist dieses Geschäft und wer leidet darunter, während Menschen in Österreich, Deutschland etc. die billigen Preise “feiern”?

Wintersemester 2022/23: Ajla Mesinovic, Dilan Polat

 

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem wahren Gesicht der Textil-Discounter, der Preiszusammensetzung von ihren Produkten und die damit verbundenen Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern.

Das klassische Beispiel “Reise einer Jeans” erklärt, wie sich der Preis einer Jeans zusammensetzt, die man beispielsweise in einem KiK in Österreich kaufen kann, welche in Billiglohnländern wie China oder Bangladesch produziert wurde. 50% des Preises decken die Kosten im Einzelhandel und damit verbundenen Ausgaben wie beispielsweise Miete, Energie oder Personal ab. Ein Viertel geht an die Markenfirmen, bei denen Kosten für Entwicklung, Design und Werbung anfallen. 13% stecken in Materialkosten, die für die Produktion benötigt werden. 11% des Preises decken die Transportkosten ab. Es bleibt also nur noch 1% des Preises, welcher die Lohnkosten decken soll. (Zürn, 2015)

Doch das sind nur die “sichtbaren” und direkten Kosten, die anfallen. Nicht auszuschließen sind die verdeckten Kosten, die bei der Produktion von Textilien in Billiglohnländern entstehen. Die Umwelt leidet stark durch die langen Transportwege, denn der jährliche CO2 Ausstoß von Modeindustrien liegt bei über einer Milliarden Tonnen CO2, das ist mehr als der jährliche CO2 Ausstoß des Flugverkehrs. Ebenso die kleinen Elemente in Kleidung aus Kunstfasern, die giftige Chemikalien enthalten, sind schädlich für die Umwelt, weil sie bei jedem Waschvorgang abfallen und somit in den Wasserkreislauf gelangen. (Fast Fashion - Definition, Ursachen, Statistiken, Folgen und Lösungsansätze, 2020)

Die Arbeitsbedingungen in den Billiglohnländern sind nicht sehr lobenswert. Neben Indien China und Indonesien ist Bangladesch weltweit eines der führenden Bekleidungsexporteuren. Die Textilindustrie ist eines der wichtigsten Wirtschaftssektoren in Bangladesch. Mittlerweile sind rund 4 Millionen Menschen in dieser Branche beschäftigt, 80% davon sind Frauen. Das Land exportiert größtenteils an die USA und Europa. Bangladesch hat weltweit die schlechtesten Arbeitsbedingungen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienen nur das Geringste. Mittlerweile beträgt der Durchschnittsgehalt in Bangladesch ca. 300 Euro pro Monat und der Mindestlohn 85 Euro, wobei der tatsächliche monatliche Lohn nur 20 Euro beträgt. (Durchschnittsgehalt in Bangladesch, o.D.)

Dies bestätigt sich in einem Interview von Perbrandt (2015). Sie hat eine Textilarbeiterin in Bangladesch interviewt. Die Arbeiterin kämpft sich seit sieben Jahren durch die schlimmsten Arbeitsbedingungen durch. Pro Monat verdient sie 6900 Taka, das sind umgerechnet etwa 70 Euro. Normalerweise bräuchte sie aber mindestens 160 Euro im Monat, um davon leben zu können.

Die Kündigung der Arbeiterinnen und Arbeiter durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber ist sehr simpel, denn es werden nur Zeitverträge vereinbart. Meistens wird nicht nach der vereinbarten Stundenzahl gezahlt, sondern die Arbeiterinnen und Arbeiter müssen einen Akkord machen. Sie leiden stark unter den vielen Überstunden, Nicht-Zahlung dieser Überstunden und unter dem Arbeiten an unhygienischen und unsicheren Arbeitsplätzen. Als Textilfabrikarbeiterin und -arbeiter wird in Bangladesch am Tag mehr als zehn Stunden gearbeitet, jedoch erhält man dafür keinen fairen Lohn. Bei einer nicht rechtzeitigen Erbringung der Leistung kommt es auch noch zu Lohnverkürzungen oder Körperverletzungen. Es werden unfreiwillige Überstunden geleistet, indem die Fabrik ihre Türen verschließt. Die Arbeiterinnen und Arbeiter dürfen die Fabrik bis zur Vollendung der Arbeit nicht verlassen. Den Arbeiterinnen und Arbeitern werden Freiheit, Freizeit und die Rechte entnommen. Die Arbeitsbedingungen sind unmenschlich. (Schell, M., & McGready, J., 2016)

Die Textilindustrie ist eine Branche, die sich über die ganze Welt ausbreiten kann. Bangladesch ist in diesem Sektor einer der führenden und erfolgreichsten Exporteure. Das Land stellt billige Kleidungen her, jedoch zu billigen Löhnen und schlechten Arbeitsverhältnissen. Würde man als Käufer beim Kauf eines Pullovers oder eines T-Shirts hinterfragen, warum der Preis des Produkts so billig ist, würde man von selbst auf die Antwort kommen. Ein billiges Produkt kann nicht in guten Zuständen oder in fairen Arbeitsverhältnissen produziert werden.

Um Ungleichheit und Ungerechtigkeit zu stoppen, muss sich jede/r von uns beim Kauf eines billigen Textilproduktes Gedanken darüber machen, was tatsächlich dahintersteckt. Denn beim Kauf eines solchen Produktes unterstützt man die Unterdrückung der Arbeiterinnen und Arbeiter in diesen Ländern. Ein nachhaltiger Konsument nimmt nicht nur Rücksicht auf die Umwelt, ein nachhaltiger Konsument nimmt auch Rücksicht auf andere, vor allem, wenn diese misshandelt werden.

 

Quellen
Durchschnittsgehalt in Bangladesch. (o.D.). Durchschnittseinkommen Bangladesch. https://durchschnittseinkommen.net/durchschnittseinkommen-bangladesch/

Fast Fashion - Definition, Ursachen, Statistiken, Folgen und Lösungsansätze. (2020, 10. Februar). Nachhaltige Kleidung. https://nachhaltige-kleidung.de/news/fast-fashion-definition-ursachen-statistiken-folgen-und-loesungsansaetze/

Perbrandt, E. (2015, 26. Mai) Interview mit einer Textilarbeiterin in Bangladesch. Entwicklungsministerium. https://www.youtube.com/watch?v=2IMGwuXgZTY

Schell, M., & McGready, J. (2016). Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Unter welchen Arbeitsbedingungen entsteht Kleidung für den globalen Massenmarkt? (Doctoral dissertation, Universität zu Köln). https://kups.ub.uni-koeln.de/6881/1/HA_Textil_final.pdf

Zürn, M. (2015, 15. April). Globalisierung und Global Governance. Bundeszentrale für politische Bildung. https://www.bpb.de/izpb/204663/globalisierung-undglobal-governance

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