Trends bei Investmententscheidungen: Vom aktiven zum passiven Investieren

Neben aktiver Aktienauswahl, dem sogenannten „Stock Picking“, zählen auch Investmentfonds zu den aktiven Investments.

Sommersemester 2021: Georg Hölbling und Marco Kaufmann

Neben aktiver Aktienauswahl, dem sogenannten „Stock Picking“, zählen auch
Investmentfonds zu den aktiven Investments. Auch wenn die Aktienauswahl beim
Fond auf den Fondmanager ausgelagert wird, so trifft nichtsdestotrotz ein Mensch
Kauf- und Verkaufsentscheidungen.

Im Gegenteil zu Fonds, wählen Stock-Picker eine eigenständige Zusammensetzung
ihres Portfolios. Einzelaktien werden meist basiert auf technischer oder
fundamentaler Analyse gehandelt. Nicht zuletzt werden Analystenmeinungen in die
Entscheidungsprozesse miteinbezogen. Doch warum haben Chartformationen,
Trendlinien, 200-Tagelinie und Aussagen von Anlageexperten einen derart großen
Einfluss, obwohl sich mit öffentlich abrufbaren Informationen keine Überrenditen
erzielen lassen? (Brown, 2011) Investoren neigen dazu Muster in vergangene
Kursverläufe zu interpretieren und dadurch Rückschlüsse auf den zukünftigen
Verlauf zu gewinnen. Dieser subjektive Informationsvorsprung wird in der
Finanzbranche auch „Alpha“ genannt. Durch den relativ geringen
Stichprobenumfang wird dabei irrtümlich ein spezifisches Verhalten vorausgesetzt,
welches jedoch nur zufallsbasiert entstanden ist (Gilovich, 1985).

Die Prospect Theory widerspricht dieser Form von Investmententscheidungen. Diese
suggerierte Rationalität ist nicht immer wissensbasiert. Ganz im Gegenteil, man trifft
oftmals die besseren Entscheidungen indem man diese dem Zufall überlässt. Dies
hat den Vorteil, dass dadurch unbewusst ein “hedging” erreicht wird, da die
gewählten Wertpapiere mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht korrelieren und dadurch
eine Diversifikation sowie eine damit verbundene Reduktion des Portfolio-Risikos
einhergeht (Bart, 2019). Zusätzlich entwickeln sich zufällig ausgewählte Wertpapiere
zumindest gleich, wenn nicht sogar besser als ausgiebig analysierte (Malkiel, 2005).

Der weltweite Marktanteil aktiven Investierens liegt bei ca. 98% (Kommer, 2019).
Doch warum ist Stock-Picking nach wie vor eine beliebte Portfoliostrategie?
Anleger überschätzen die Vorhersehbarkeit des Kursverlaufes sowie ihre
persönlichen Fähigkeiten. Gepaart mit irrtümlich geglaubter Sicherheit und
Vertrautheit in einem bestimmten Marktsegment ergeben sich somit Risiken (Moore,
2007). Besonders gut erklärbar ist dies mit dem Dunning-Kruger-Effekt, der
beschreibt, dass Unwissenheit oftmals zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen.

Ein weiterer Nachteil von Stock-Picking ist der damit verbundene Zeitaufwand beim
aktiven Verfolgen der kursrelevanten Nachrichten. Hierbei liegt ein besonderes
Augenmerk auf gezielten Ein- und Ausstiegspunkten. Rechnet man die dafür
notwendige Zeit in Form von Opportunitätskosten, so ergibt sich eine bessere
Alternative, da auch nicht jeder Anleger die nötige Zeit mitbringt, den Aktienverlauf
sowie sämtliche relevante Einflüsse zu verfolgen.

Aktiv verwaltete Investmentfonds ermöglichen eine vergleichbare Rendite ohne den
dafür notwendigen Aufwand. Sämtliche Investmententscheidungen werden dabei
von Fondsmanagern getroffen. Diese übernehmen nicht nur die tatsächliche
Diversifikation des Fondkapitals, sondern übernehmen ebenfalls die emotionale
Komponente der Anlegerseite. Emotionale Investmententscheidungen schmälern
nachweislich die Rendite. Eine Studie belegt, dass Investoren, welche
verhaltensmodifizierende Ansätze zur weitgehenden Elimination der emotionalen
Komponente verwenden, im Schnitt über 23 % höhere Renditen über einen Zeitraum
von 10 Jahren erreichen (Wendel, 2018). Unter anderem wird dabei versucht
Phänomene wie “Over-, Underconfidence”, “Loss Aversion” und “Overestimation of
Small Probabilities”. Bei letzterem handelt es um ein Phänomen, welches oftmals im
Zusammenhang mit der Lotterie beobachtet werden kann, wobei Personen die
verschwindend kleine Wahrscheinlichkeit eines Gewinns überschätzen (Rosenthal,
2005).

Die Nachteile der aktiv verwalteten Fonds sind jedoch ebenso vielfältig. Neben den
hohen Management-Gebühren, welche im Schnitt bei zwei Prozent p.a. liegen,
bedürfen auch diese einer aktiven Kaufentscheidung und dem damit verbunden
Auswahlprozess. Deskriptiv betrachtet, ist dieser stark durch die vergangene
Fondsperformance geprägt. Der sogenannte “Hot Hand Belief” oder auch
“Performance Chasing” genannt, verleitet Anleger zu dieser Strategie. Investitionen
die auf Performance Chasing zurückzuführen sind, werden auch als “Dumb Money”
bezeichnet (Kommer, 2015).

In einem Zeitraum von ein bis fünf Jahren haben historische Renditen keine
Vorhersagekraft auf zukünftige Renditen. Kurzfristig gleicht der Kursverlauf einem
“Random Walk”, während bei Anlagehorizonten über fünf Jahren eine Regression
zum Mittelwert erfolgt (Markowitz, 1952).

Börsengehandelte Fonds (ETF, Exchange Traded Funds) kombinieren die Vorteile
von aktiv verwalteten Fonds mit einer deutlich reduzierten Kostenstruktur. Diese
bewegt sich je nach ETF zwischen 0,1 und 0,4 %. Die Aktienauswahl wird dabei
explizit nicht von einem Fondsmanager getroffen. Ein ETF bildet einen
Wertpapierindex wie beispielsweise den DAX nach. Es wird hier also nicht versucht
die Marktrendite zu übertreffen, sondern gezielt die Marktrendite zu erreichen.
Hierbei macht man sich das Wissen zu Nutze, dass 98% der aktiven
Anlagestrategien auf 30 Jahre gesehen, eine Minderrendite gegenüber ihrem
Vergleichsindex erzielen. Die wenigen Fonds und Privatanleger, die es in
Einzeljahren schafften, den Benchmark zu schlagen, konnten dies in den
Folgejahren nicht wiederholen (Malkiel, 2003).

Doch warum schaffen es professionelle Fondsverwalter nicht, Ihren Benchmark zu
schlagen? 92% der Minderperformance von aktiven- gegenüber passiven Strategien,
sind auf deren deutlich höhere Kostenstruktur zurückzuführen (Bogle, 1999).

Schlussfolgerung

Durch Studien im Bereich der Verhaltensforschung konnten wesentliche
Komponenten bei der Investition und der damit verbundenen Auswahl der
Investitionsstrategie erforscht werden. Durch diese Forschung können negative
Verhaltensmuster reflektiert und korrigiert werden und so bestenfalls zu höheren
Renditen führen. Schlussendlich darf der Faktor des Glücks nicht vergessen werden
denn wie Burton Malkiel es so treffend formulierte: “A blindfolded monkey throwing
darts at a newspaper's financial pages could select a portfolio that would do just as
well as one carefully selected by experts.” (Malkiel, 2003)

Ob es eine “beste” Anlageform gibt sei dahingestellt, da unzählige Faktoren die
Renditen und Entscheidungen beeinflussen. Wichtig ist allerdings, sich vor jedem
Investment über die jeweiligen Risiken zu informieren und kognitive Verzerrungen
bestmöglich zu verhindern.

Literaturverzeichnis:

Bogle, J. C., 1999, Common Sense on Mutual Funds: New Imperatives for the
Intelligent Investor’. New York: John Wiley & Sons.
Brown, Stephen (2011): „The efficient market hypothesis: The demise of the demon
of chance;“ In: Accounting and Finance; Vol. 51.
Bart Y., Cornil Y, Hardisty D.J. (2019). Easy, breezy, risky: Lay investors fail to
diversify because correlated assets feel more fluent and less risky. Organizational
Behavior and Human Decision Processes, 153(1):103-117
Gilovich T., Vallone R., Tversky A. (1985). The hot hand in basketball: On the
misperception of random sequences. Cognitive Psychology, 17(1): 295-314
Markowitz, H. M. (1952): Portfolio Selection. Journal of Finance
Malkiel, B. G., 2003, The efficient market Hypothesis and its Critics. Journal of
Economic Perspectives, 17.
Kommer, Gerd. Souverän Investieren Mit Indexfonds Und ETFs : Wie Privatanleger
Das Spiel Gegen Die Finanzbranche Gewinnen. 4., Aktualisierte Auflage. ed. 2015.
Print, 21-49
Kommer, Gerd (2019): „Die wichtigsten Argumente der ETF-Kritiker – Was ist dran
an ihnen?“ Vortrag beim Bundesverband Verbraucherzentralen;
https://www.gerd-kommer-invest.de/wp-content/uploads/2019-01-VZBV-Kommer-V9-
L.pdf
Malkiel, B. G. (2003). A random walk down Wall Street: the time-tested strategy for
successful investing.
Moore D.A., Small D.A (2007). Error and Bias in Comparative Judgment: On Being
Both Better and Worse Than We Think We Are. Journal of Personality and Social
Psychology, 92(6): 972–989
Rosenthal J.S. (2005). Struck by Lightning: The Curious World of Probabilities.
Wendel, S. (2018). Using a Behavioral Approach to Mitigate Panic and Improve
Investor Outcomes. Journal of Financial Planning, 31(2):48-56.

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