To nudge or to sludge? Die Frage nach der Legitimität von Digital Nudging und inwiefern es unser Verhalten beeinflusst.

Der Blogeintrag befasst sich unter anderem mit dem Begriff „Nudging“ im Allgemeinen, gibt Einblicke in die Handlungsfelder, erläutert Begriffe wie „Dark Nudging“ ,Sludging“ oder „Dark Patterns“ anhand von praktischen Beispielen und beleuchtet in weiterer Folge den Zusammenhang von Nudges und digitalen Plattformen.

Wintersemester 2021/22: Vanessa Karner und Theresa Piccolroaz

Da unsere Gesellschaft eine Zeit zwischen technologischem Fortschritt und sozialem Wandel durchlebt und unsere Generation darüber hinaus durch das Zeitalter von Social-Media geprägt ist, stellt sich die Frage nach der Legitimität von Digital Nudging sowie der Frage, inwiefern unsere Verhaltensmuster dadurch beeinflusst werden. In diesem Zusammenhang befasst sich der Blogeintrag unter anderem mit dem Begriff „Nudging“ im Allgemeinen, gibt Einblicke in die Handlungsfelder, erläutert Begriffe wie „Dark Nudging“ ,Sludging“ oder „Dark Patterns“ anhand von praktischen Beispielen und beleuchtet in weiterer Folge den Zusammenhang von Nudges und digitalen Plattformen.

Beginnend mit der Definition von „Nudging“ handeln wir laut Dan Ariely de facto irrational. Unseren Instinkten folgend treffen wir Entscheidungen, die aber wiederum durch unsere Ängste beeinflusst werden. Dem sollen Nudges entgegenwirken: unabhängig von Zwang, Verbot oder monetären Aspekten, schaffen sie Anreize auf Personen, um in weiterer Folge rationalere Entscheidungen zu treffen (Lenhard, 2019; Wondrak, 2021).

Digital Nudging hat analoge Absichten, jedoch auf digitaler Ebene: Hier kommen grafische Elemente wie etwa Texte, Farben, Erinnerungen, Rückmeldungen, Formulierungen sowie Anordnungen von Inhalten zum Einsatz (Reisch, 2020). Digital Nudges werden in den verschiedensten Bereichen wie etwa im kommerziellen Bereich sprich im Onlineshop oder etwa im parteipolitischen Bereich wie etwa für einen Wahlkampf herangezogen. Digital Nudging gewinnt auch auf Social-Media-Plattformen im Wettstreit um Aufmerksamkeit und Likes an Bedeutsamkeit, sogar im staatlichen Bereich findet Digital Nudging einen Gebrauch (Reisch, 2020).

Doch nun stellt sich die Frage, wie legitim solche Anwendungen in Hinsicht auf unsere Verhaltensmuster sind? Man spricht von einer legitimen Nutzung von digitalen Nudges, wenn sie zum einen die Wohlfahrt des einzelnen Konsumenten sowie die der Gesellschaft in den Vordergrund stellen und zum anderen dürfen sie niemanden bewusst oder unbewusst gegen seinen Willen zu etwas verpflichten (Wondrak, 2021). Kommerzielle Nudges wären demnach eine Form von nicht legitimen Nudges, denn sie fallen unter den Begriff „Marketing“ und würden zu einer Wohlfahrt der Unternehmen, aber nicht der Konsumenten führen. Es kann also gesagt werden, dass Nudges Menschen in eine bestimmte Richtung lenken, dennoch ermöglichen sie dem Konsument aber auch, seinen eigenen Weg zu gehen. Sind also genannte Aspekte der Wohlfahrt oder der Wahlfreiheit nicht erfüllt, sprechen wir von „Dark Nudging“: Hier wird darauf abgezielt, das Konsumverhalten gegen die Interessen des Konsumenten zu ändern (Wiley et al., 2020). Eine spezielle Form von Dark Nudges sind „Sludges“: Sie nutzen gezielt kognitive Verzerrungen, um Verhaltensänderungen zu erschweren (Wiley et al., 2020). Durch die gezielte Erschwerung der Inanspruchnahme eines wohlfahrtsfördernden Produkts oder Services haben sie einen mindernden Effekt auf die Konsumentenwohlfahrt. Beispielhaft dafür sind komplexe Online-Formulare oder etwa die Deaktivierung eines Amazon-Kundenkontos. Auch die automatische Verlängerung eines Testabonnements, ohne dass der Nutzer explizit erinnert wird, sind Paradebeispiele für Sludges (Thaler, 2018). Aus einer YouGov-Umfrage ging hervor, dass 47 Prozent der Befragten sich versehentlich für ein Jahresabonnement angemeldet zu haben, weil sie ihr Konto entweder vergessen haben oder nicht kündigen konnten. Die geschätzten Gesamtkosten der unerwünschter Abonnements pro Jahr belaufen sich auf umgerechnet 983 Millionen Euro (Guest, 2019).

Eine interessante Anwendung von Sludges ist die Gestaltung von Websites – sogenannten „Dark Patterns“. Hier kommen hinterlistige Techniken wie etwa Designs auf Websites zur Anwendung, die das Ziel verfolgen, dass der Nutzer Käufe tätigt, Abonnements abschließt, Serviceleistungen in Anspruch nimmt oder aber auch Daten bekannt gibt, die er nicht publik machen wollte. Emotionale Verhaltensmuster werden demnach missbraucht und dementsprechend zählen Sludges sowie Anwendungen wie Dark Patterns zu den nicht legitimen Vorgehensweisen von Digital Nudging (Brignull, 2020). Vor allem im digitalen Raum trifft man zunehmend auf Dark Patterns, da hier die Möglichkeiten an Manipulation der Konsumentinnen und Konsumenten wahrscheinlicher und effektiver sind als im realen Leben. Für vielbeschäftigte Menschen sind für Dark Patterns oft sehr willkommen, da sie diesen meist aus Zeitgründen, ohne zu hinterfragen oder genauer zu lesen, zustimmen . Das kann, wie bereits zuvor erwähnt, zur Folge haben, dass Nutzer vertrauliche sowie private Informationen an Websites weitergeben, ohne dies zu überhaupt zu merken (Horgan, 2020).

Digitale Nudges können jedoch auch sehr positive Eigenschaften auf Social Media mit sich bringen. So können vor allem junge Nutzer in Echtzeit wichtige Informationen wie etwa die derzeitigen Corona Maßnahmen bekommen oder auf Eilmeldungen aufmerksam gemacht werden. Nachrichtendienste nutzen Social Media vor allem, um Informationen an die breite Masse zu kommunizieren. Da auf sozialen Netzwerken die Beiträge am meisten Aufmerksamkeit bekommen, die oft geteilt werden, wurde auch exemplarisch das Notre-Dame-Feuer in Paris im Jahre 2019 am häufigsten auf der Plattform Twitter geteilt. Das Einsetzen von bestimmen Nudges auf sozialen Plattformen in Form von diversen Schriftgrößen, Farben, Pfeilen und Aufforderungen ermöglichte, dass die geteilten Informationen binnen kürzester Zeit eine breite Masse an Personen erreichten (Holes, 2020).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass digitale Nudges sowohl positive als auch negative Aspekte mit sich bringen. Zudem müssen sich Konsumenten im Umgang mit digitalen Plattformen aktiv über potenzielle Gefahren wie etwa Dark Patterns informieren und aufmerksam mit der Publikation von personenbezogenen Daten umgehen.

Literaturverzeichnis

al, W. e. (2020). Dark Nudges and Sludge in Big Alcohol: Behavioral Economics, Cognitive Biases, and Alcohol Industry Corporate Social Responsibility. 

Brignull, H. (2020). Dark Patterns - Konzept der Dark Patterns. Von https://www.darkpatterns.org/hall-of-shame abgerufen 

Guest, J. (2019). Pearson - THE SLOMAN ECONOMICS NEWS SITE. Von https://pearsonblog.campaignserver.co.uk/the-economics-of-sludge-and-dark-patterns/ abgerufen 

Holes, M. (2020). Digital Nudging in Social Media Disaster Communication.

Horgan, C. (2020). Wirtschaftsdienst - Zeitung für Wirtschaftspolitik. Von https://www.wirtschaftsdienst.eu/ abgerufen 

Lenhard, & Wondrak. (2019, 2021). konversionskraft. Von Nudging - Definition: https://www.konversionskraft.de/behavior-patterns/dan-ariely-irrational-rational.html abgerufen 

Reisch, L. A. (2020). Nudging hell und dunkel: Regeln für digitales Nudging. Wirtschaftsdienst - Zeitschrift für Wirtschaft, S. S. 87-91. 

Thaler, R. (2018). Nudge, not sludge. Science, S. S. 431.

Wondrak. (2021). Nudging - Definition.

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