Covid-19-Krise: Impfgegner - Sind nur Verschwörungs- Mythen schuld daran?

Warum wollen knapp 25% der impfbaren Bevölkerung sich nicht impfen lassen? Bekommen sie keinen Impftermin oder sind sie skeptisch gegenüber der Corona-Impfung und wollen deshalb sich selbst und ihre Kinder nicht impfen lassen?

Wintersemester 2021/22: Aksu Öznur und Mathieu Scharpantgen

Um diese äußerst wichtige und aktuelle Frage besser zu
beleuchten, fokussiert sich dieser Blogeintrag auf die Unterschiede der Verschwörungstheorien in der
Vergangenheit und in heutiger Zeit. Außerdem werden aus der Sicht der Impfgegner
Verschwörungstheorien anhand kognitiver Bias erforscht. (1) (2)

Im Zuge der Corona-Pandemie boomen neue Verschwörungstheorien. In einem Interview mit der
APA sagte der Historiker Claus Oberhauser, dass dies aus historischer Sicht nicht verwunderlich sei,
da die Verschärfung dieses Phänomens oft mit der Krise zusammenfällt. Im 18. und 19. Jahrhundert
war es nahezu normal, dass Politiker unterschiedlichste Theorien predigten. In diesen Theorien war
fast immer eine finstere, verschwörerische und elitäre Gruppe mit dem Ehrgeiz die Welt zu regieren.
Aufgrund des wachsenden Einflusses der Medien waren solche Ideen laut dem Historiker seit Ende
des 18. Jahrhunderts "in der Öffentlichkeit sehr bekannt". Offensichtlich haben soziale Medien und
viele neue Portale diesen Einfluss besonders verstärkt. Der zweite große Zusammenhang über die
Jahrhunderte ist, dass der Umsatz von Verschwörungstheorien in gesellschaftlichen Krisen deutlich
zugenommen hat. "In diesen Stadien ist das Verschwörungsdenken immer sehr stark. Daher sind wir
uns bewusst, dass es jetzt zunimmt", sagte der Wissenschaftler. (3)

Die Sichtweise, dass die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise völlig andere sind als das,
was Politik und Medien derzeit sagen, hat in unserer Gesellschaft erhebliche Auswirkungen.
Immerhin fast ein Drittel der Bevölkerung verwundert sich über Covid-19 und kritisiert, dass die
Regierung nicht mit offenen Karten spielt, was eine breite Palette an Verschwörungstheorien liefert.

 

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Eine Umfrageinstitut stellte die Frage „Man hört manchmal einige Ansichten, dass die Maßnahmen
zur Bewältigung der neuen Corona-Krise ganz anders sind als das, was Politik und Medien sagen ist
es Ihrer Meinung nach ein unbegründeter Verdacht?"

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich schließen rund 41% der Befragten dezidiert eine Covid-19 Verschwörung
von Politik und Medien aus. Bei demographischen Unterschieden fällt hier das mit niedrigem Alter
zunehmende Misstrauen gegenüber Politik und Medien auf. Offenkundig finden also Verschwörungstheorien
häufiger auf Social-Media-Bubbles geprägten jüngeren Generationen mehr Nährboden. Im Übrigen sind
insbesondere FPÖ- Wähler öfter der Meinung, dass es bei den Maßnahmen gegen die Corona-Krise
um ganz was anderes geht als das, was Politik und Medien behaupten. (4)

Verschwörungstheorien – Erklärung anhand kognitiver Bias
Die Verhaltensökonomie kann den Einfluss verschiedener kognitiver Verzerrungen auf den Glauben
an Verschwörungen wie Confirmation Bias, Optimism Bias, Truth Effect und Overconfidence Bias
erklären. Sie können dazu beitragen, dass Menschen das Vertrauen in Institutionen und
Expertenmeinungen verlieren und sich in Filterblasen ihrer eigenen Realität befinden.

Im Gegensatz zum rationalen Homo oeconomicus aus der klassischen Ökonomie, ist der Mensch in
Wahrheit von sehr vielen verschiedenen emotionalen Verzerrungen betroffen. Für Verschwörungen
spielt dabei zum Beispiel der sogenannte „Confirmation Bias“ eine wichtige große Rolle.

Confirmation Bias, beschreibt die Tendenz nur Informationen wahrzunehmen, die der eigenen
Meinung entsprechen, und gegensätzliche Meinungen zu ignorieren. (5) Informationen, die die eigene
Meinung widerspiegeln werden ohne Hinterfragung angenommen, während konträre Informationen
sehr skeptisch betrachtet werden. Das Problem dabei: Unsere Meinung wird durch den Confirmation
Bias konstant bestätigt und verfestigt. Die Algorithmen im Internet und ein gleichdenkendes Umfeld
verstärken dieses Problem, da uns immer wieder die gleichen Informationen vorgeschlagen werden
bzw. diese hören. Dies führt schließlich dazu, dass wir uns nach und nach immer mehr in einer
Informations-Bubble befinden. Schlussendlich besteht kaum mehr eine Möglichkeit mit alternativen
Meinungen und wissenschaftlich fundierten Fakten konfrontiert zu werden. Dadurch wird es immer
unwahrscheinlicher, dass sich die eigene Meinung verändert.

Im Zusammenhang mit dem Confirmation Bias steht der Overconfidence Bias und der Truth Effekt.

Der Overconfidence Bias beschreibt die menschliche Tendenz, seine eigenen Fähigkeiten zu
überschätzen. (5) Ein Beispiel für diese Verzerrung könnte sein, dass Menschen ihre eigene Fähigkeit
Informationen zu interpretieren, die „richtige“ Wahrheit zu kennen, oder eine Verschwörung
aufgedeckt zu haben, überschätzen.

Der Truth Effekt beschreibt die Tendenz Fakten/ Informationen aufgrund ständiger Wiederholung, als
wahr zu empfinden. (5) Wenn also in den konsumierten Medien immer wieder die Gleichen
Informationen auftauchen, sind wir überzeugt davon, dass sie wahr sein müssen.

Diese Verhaltens- ökonomischen Verzerrungen wie der Confirmation Bias, der Overconfidence Bias,
und der Truth Effect intensivieren den Kreislauf einer Verschwörung Erzählung und somit auch den
Vertrauensverlust in Expertenmeinungen. Filterblasen und die Personalisierung von Social Media
verstärken das Problem.

Literatur

(1) AGES Dashboard COVID19: Aktuelle Situation, abgerufen am 30.11.2021

(2) Corona-Schutzimpfung in Österreich: Impfdashboard, abgerufen am 10.12.2021

(3) Internet-Phänomen - Internet verbreitet schneller Corona-Verschwörungstheorien, abgerufen
am 29.11.2021

(4) Covid-19 zieht Verschwörungs-Theorien an, abgerufen am 29.11.2021

(5) „Verschwörungsmythen besser verstehen: Hintergünde und Gegenmassnahmen“. Institut der
Deutschen Wirtschaft. Köln, 2021. Paper. URL:
https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/policy_papers/PDF/2021/IW-Policy-P
aper_2021_Verschwo%CC%88rungstheorien.pdf


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