Alles rund um den Bauch

Interview

Interview mit Herrn Dr. Klaus Kapelari  
Geführt von Julia M. Nagy  
Text aktualisiert am 28.06.21 

Bauchschmerzen sind keine Seltenheit und vor allem Kinder leiden immer wieder darunter. Jemand, der Bauchschmerzen zwar behandelt, selbst davon aber verschont ist, ist der leitende Oberarzt der Ambulanz der Kinderklinik, Herr Dr. Klaus Kapelari . Seine Tipps, für ein Leben ohne Bauchschmerzen? Rituale, Geduld und Regelmäßigkeit.  

Wenn es im Bauch grummelt und sogar schmerzt, ist das nie etwas Angenehmes. Doch entgegen der Meinung vieler liegt es bei Kindern nicht so sehr daran, dass sie möglicherweise etwas Falsches gegessen haben oder unter einer Unverträglichkeit leiden. „Bei den ganz kleinen Kindern, die zu uns an die Klinik kommen, ist Verstopfung die häufigste Ursache für Bauschmerzen“, so der Oberarzt. Grund dafür sind zu wenig Aufklärung bei der Stuhlhygiene und ein frühzeitiger Druck, der auf Eltern und Kindern lastet, möglichst schnell „sauber“ zu werden. Es bliebe in der heutigen Gesellschaft zu wenig Zeit, dem Kind den nötigen Raum zu geben, von sich aus – und zwar langsam – nicht mehr in die Windel zu machen.  

Zusätzlich haben Kinder immer wieder Schmerzen bei der Darmentleerung, weil sie zu wenig Flüssigkeit zu sich nehmen. Das wiederum kann dazu führen, dass Kinder den Stuhlgangverhalten, da sie diesen als etwas Schmerzhaftes empfinden. Es sei wichtig, dass Kindern die Angst genommen wird, dass der Stuhlgang eben kein schmerzhafter Prozess ist. Dies kann aber nur dann gelöst werden, wenn man sich mit der Thematik auseinandersetzt und auch auf eine gewisse Regelmäßigkeit beim Stuhlgang achtet. „Viele Eltern bekommen das Stuhlverhalten ihrer Kinder gar nicht mehr so mit und wissen häufig nicht, dass die Bauchschmerzen im Grunde daher rühren“, so Herr Dr. Kapelari. Zusätzlich sei es wichtig, bei Verstopfungsleiden auf ausreichend Bewegung zu achten. „Man braucht körperliche Bewegung, da diese hilft, die Nahrung und schlussendlich den Stuhl weiter zu transportieren.“  

Das Buch setzt sich unter anderem mit diesen Punkten auseinander. Es ist wichtig, ausreichend zu trinken, sich abwechslungsreich zu ernähren und sich beim Stuhlgang genauso die Zeit zu nehmen, wie beim Essen selbst.  
Doch nicht nur diese Punkte können schlussendlich dazu führen, dass Kindern der Bauch schmerzt. Stress und psychische Belastung können ebenfalls dazu führen, dass Kinder unter Bauchweh leiden. Pädagoginnen und Pädagogen rät Dr. Kapelari daher, ein Kind mit Bauchschmerzen nicht immer sofort aus einer Gruppe zu nehmen und heimzuschicken. Von Haus aus sofort die Eltern bei Bauchschmerzen zu kontaktieren und das Kind abholen zu lassen, sei nicht immer die richtige Reaktion. Hier sei es wichtig, sensibel auf das Kind zu reagieren und nachzufragen, ob es denn Dinge gibt, die es belasten. Anders ist es jedoch bei einer Magen-Darm-Grippe. Hier sollten infektiöse Kinder aus der Gruppe genommen und vorerst Zuhause versorgt werden. „In so einem Fall sollten die Eltern angerufen werden und das Kind nach Hause geschickt werden. Zuhause sollte dann auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.“ Ein sofortiger Besuch bei Frau oder Herr Doktor sei laut Herrn Kapelari aber nicht immer notwendig. „Erst bei unzureichender Trinkmenge, wenn das Kind zunehmend müde wird und die Harnproduktion, die Speichelproduktion sowie die Produktion der Tränenflüssigkeit nachlässt, dann braucht man die Ärztin/den Arzt.“  

Doch was tun, wenn das Kind Zuhause unter Bauchschmerzen leidet? Wenn der Bauch schmerzt sei es gut, sich eine Wärmeflasche auf diesen zu legen oder Dunstwickel zu machen. Auch das Tee-Trinken sei eine gute Lösung, da Nahrung für den Magen und den Darm belastend sein kann, dennoch aber auf genügend Flüssigkeitszufuhr geachtet werden muss. Bei chronischen Bauchschmerzen warnt Herr Kapelari darüber hinaus, auf Medikamente zurückzugreifen. Diese würden zwar die Symptome bekämpfen, nicht aber die Ursache. Hier sei auf jeden Fall ein Arzt oder eine Ärztin zu konsultieren.

Bauchschmerzen sind etwas, das Kinder und deren Familien belastet. Es gibt zahlreiche verschiedene Ursachen für Bauchschmerzen doch, so der Kinderarzt, zum Glück nur sehr wenige, die wirklich gefährlich sind und auf organische Probleme zurückzuführen sind.  

Herr Kapelari gibt im Interview mit, dass es wichtig ist, dass das Essen und vor allem das gemeinsame Essen als Familie wieder mehr Platz in der Gesellschaft bekommt und als Ritual eingeführt werden sollte. „Zumindest einmal am Tag, einfach eine halbe oder dreiviertel Stunde würden reichen. In dieser Zeit kann besprochen werden, was am Tag passiert ist, man kann über Probleme sprechen und mögliche Eigenheiten bei Essgewohnheiten erkennen.“ Häufig sei es nämlich diese mangelnde Zeit, die bei Kindern schlussendlich dazu führt, dass sich Bauchschmerzen entwickeln. „Würde man soziale Rituale in den Familien wieder verstärken und mehr auf eine familiäre Zusammengehörigkeit achten, würde man sehr viele der Probleme in Zusammenhang mit Bauchschmerzen vermeiden können.“ 

Dies sei ein Wunsch, der an die ganze Gesellschaft geht. Es muss nicht immer „mehr und schneller“ sein. Gerade wenn es um unseren Bauch geht, wären Ruhe und Regelmäßigkeit die besseren Lösungen.  

 

Wissenschaftlicher Hintergrund

folgt

 

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