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Draht- oder Schuhmacherspindeln aus Rumänien

 „Die mit dem Auftreten des Spinnrades außer Gebrauch gekommene Zwirnspindel, die einstens überall verbreitet war, hat sich in Siebenbürgen bis auf den heutigen Tag [1910!] erhalten. Man findet sie hier sowohl in den Städten als auch auf dem Lande in Anwendung. An erstgenannter Stelle wird sie von Schuhmachern benutzt, welche sich mit der Erzeugung von Schuhwaren für die Landbevölkerung befassen. Diese Zwirnspindeln und deren Schwungräder (Abb. 95) - sie werden von den Schuhmachern Drahtspindeln genannt - bestehen aus Eisen. Ihr oberes Ende läuft in einen Haken aus, der zwischen die zuzwirnenden Garne eingehängt wird.

Eine ähnliche eiserne Spindel befindet sich im Baron Brukenthalschen Museum, die neben zahlreichen anderen Gegenständen gelegentlich einer Fundamentaushebung in Neppendorf nächst Hermannstadt gefunden wurde. Nach dem dabei gelegenen Messerschwert (Skramasax) stammt der Fund aus dem XV. oder dem Anfang des XVI. Jahrhunderts. Diese Spindel hat keinen Haken, dafür lag ein eigentümlicher Tonwirtel dabei, der genau auf jene passte und höchstwahrscheinlich dazu bestimmt war, die Garne an der Spindelspitze festzuhalten (Abb. 96).

[Diese Datierung muss heute stark angezweifelt werden. 1. Saxe (oder Skramasaxe) waren in Europa zirka vom 4. Jh. v. Chr. bis zum 5. Jh. n. Chr. in Gebrauch. 2. Nur weil die Spindel in der Nähe der Sax gefunden wurde datiert sie nicht automatisch in die gleiche Zeit. Zumal die Arbeiter bei einer Fundamentaushebung wohl kaum archäologisch zufriedenstellende Beobachtung zu den Fundschichte gemacht haben. Bedenken muss man auch das Alter dieser Publikation (1910) und den damaligen Forschungsstand – Anmerkung der ABT]

Anwendung der Schuhmacherspindeln

Verwendet wird die Drahtspindel in der Art, dass der auf einem Schemel sitzende Arbeiter die vereinigten Enden der zu zwirnenden Garne an dem Spindelhaken festbindet. Die an den Garnen hängende Spindel wird dann in der hoch erhobenen linken Hand derartig gehalten, dass sie fast den Erdboden berührt. Die rechte Hand legt hierauf die Spindel mit ihrem unteren Ende auf den rechten Oberschenkel, von wo sie nach einmaliger rascher Reibung mit der Handfläche herabgleitet und an den Garnen hängend schnell und andauernd rotiert. Der fertig gezwirnte Teil wird auf die über dem Schwungrad liegende Spindelhälfte gewickelt und der Haken knapp über diesen Teil zu neuer Arbeit zwischen den Garnen eingehängt.“














Drahtspindeln aus Rumänien:
95: Schuhmacher-Drahtspindel aus Eisen von Hermannstadt (heute: Sibiu); 96: Schuhmacher-Drahtspindel aus Eisen mit Garnklemme aus gebranntem Ton. Spätes Mittelalter [?] von Neppendorf (heute: Turnișor, Siebenbürgen).

Siebenbürgen, Drahtspindeln


Aus: Mauritius von Kimakowicz-Winnicki, Spinn- und Webewerkzeuge: Entwicklung und Anwendung in vorgeschichtlicher Zeit Europas. Mannus-Bibliothek 2, Verlag Curt Kabitzsch (Leipzig 1. Aufl. 1910 / 2. unver. Aufl. 1930), 10-13.

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