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Kleiderordnung Kaiser Maximilians I. für die österreichischen Länder 1518

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Nachdem durch Ueberfluss der Kleidungen und andere Kostbarkeiten die Erblande treffentlich je mehr erschöpft, und daraus großes Geld in fremde Länder verschwendet wird; so haben Wir, damit solcher Ueberfluß abgestellt, auch zwischen den Personen hohen und niederen Standes der Unterschied erkannt und gehalten werde, fürgenommen, geordnet und gesetzt:

Erstens, daß Niemand, geistlich noch weltlich, an Schwertern, Spornen, Spiessen oder andern Wehren und Geräthschaften Messing und andere ritterliche Zeichen oder Kleinode führen oder tragen soll; er sey denn zum Ritter geschlagen. Auch sollen sich die Prälaten und Geistlichen in ihrem Stand mit solchen ritterlichen Zeichen gebührlich halten.

Item die edel und nicht Ritter sind, mögen sich bekleiden mit Tuch, so gut sie wollen, deßgleichen mit Damast, Atlas und anderen Seiden, auch mit Reh-, Marder- und anderen Fellen; aber auch ihre Kleider nicht über anderthalb Ellen Sammet verbrämen. Von den Hauben, welche sie tragen, darf keine über drei Gulden werth seyn.

Perlen, goldene Ketten und goldene Ringe um den Hals sollen jene, so nicht Ritter oder Doctoren sind, öffentlich nicht tragen; auch soll keiner einen Federbusch führen, der über zehn Gulden werth ist; aber Rosse und Harnische mag Feder haben wie gut er will, nach seinem Vermögen.

Es mag eine Edelmann einen Sammetrock oder Schauben ganz und unzerstückt zu einem Ehrenkleid tragen, aber den Rittern, auch der Fürsten Räthen und Dienern, und denen vom Adel, die sich außerhalb Landes begeben würden, sollen jetzt bemeldete Kleidungen unverboten seyn.

Deßgleichen welche Edle oder andere Personen, so nicht Ritter sind, von dem Landesfürsten an seiner Gnaden Hof oder sonst in andere Länder erfordert würden, die mögen sich dem Landesfürsten zu Ehren, mit Ausnahme von Gold, Zobel und Hermelin, kleiden nach ihrem Willen, sollen aber doch nicht öffentlich goldene Ketten oder Ringe am Halse tragen.

Die Frauen vom Adel, sie seyen Rittersfrauen oder nicht, mögen tragen Ketten von Gold zu hundert Gulden, eine Perlenhaube zu vierzig Gulden, und sonst andere Hauben und Brusttücher zu sechs Gulden, doch nicht höher. Es mag auch jede haben ein sammtnes und zwei seidene Kleider von Damast und Atlas; aber goldene Röcke oder ganz goldene Brust sollen sie nicht tragen, ausgenommen denn, wenn sie einen sammtnen oder seidenen Rock damit verbrämen wollen, doch sollen dazu nicht über anderthalb Prätschen [1] gebraucht werden. Was sie aber mit Sammet verbrämen wollten, dazu soll auch über anderthalb Ellen nicht gebraucht werden.

Es soll auch hinfüro keine Frau weder zu Hochzeiten, Tänzen, noch andern Lustbarkeiten über drei Kleidungen mitnehmen, tragen, oder sich in mehr Kleidungen verkleiden.

Item die Bürger in Städten, die nicht vom Adel, Ritter oder Herren sind, sollen weder Gold, Perlen, Sammet, Scharlach noch Seiden, noch auch Zobel oder Hermelin Futter, doch mögen sie ungefehrdet Sammet oder Seiden zu Wammassen auch Schamlot [2] zu Kleidungen tragen. Aber goldene und silberne Hauben sollen ihnen verbothen seyn. So mögen ihre Frauen und Kinder ihre Kleider mit Sammet oder Seiden ziemlich verbrämen, umlegen oder zieren, doch darf solche Bräm nicht über eine Elle betragen, und auch nicht mit goldenen oder silbernen Stücken geschehen. Es soll auch ihren Töchtern und Jungfrauen Perlenhauben oder Portl zu tragen unverbothen seyn; doch darf keine dieser Hauben oder Portl über zehn Gulden Werth haben.

Item die reisigen Knechte sollen weder Gold, Silber noch Seiden, auch weder Brusttücher, Hauben, noch anderes von Gold und Silber gemacht tragen, auch nicht ihre Kleider damit verbrämen; doch Schwert und Degen mögen sie, so fern es in ihrem Vermögen ist, wohl mit Silber beschlagen lassen, und was ihnen ihre Herren von Kleidung schenken, soll ihnen zu tragen unverbothen seyn.

Die Handwerksleute und ihre Knechte und Jungen, auch der Bürger und Kaufleute Diener sollen kein Tuch von dem eine Elle über drei Ort einen Gulden kostet, tragen, auch weder Gold, Perlen, Silber, Sammet, Marder, Seiden noch Schamlot tragen. Dasselbe soll auch von der Handwerksleute Frauen, Kindern und Maiden verstanden werden, sich mit ihrer Kleidung also zu halten.

Der gemeine Bauersmann und anderes arbeitendes Volk in Städten und auf dem Lande soll kein Tuch, von dem eine Elle über einen halben Gulden hungarisch kostet tragen. Es soll auch ihren Kindern Gold, Perlen, Sammet und Seiden zu tragen nicht gestattet werden; doch eine halbe Elle Sammet oder andere Seiden zum Verbrämen erlaubt seyn.

Aber lindisches Tuch, nachdem dieses dem gemeinen Mann vor Zeiten eine nützliche Kleidung gewesen ist, und wo man es in voriger Güte und Breite macht, noch seyn mag, soll durchaus Niemand verbothen seyn.

Es soll füran allen Handwerksleuten, reisigen und Dienstknechten, deßgleichen den Bauersleuten kein »Panet« so über 24 Pfennige kostet, nachdem solches eine übertrefflich große Schätzung ist, zu tragen gestattet werden, und damit des Geldes desto mehr in unsern Landen bleiben möge, soll man in unsern Erblanden Ordnung fürnehmen, Tuch, Panet und Seiden zu machen.


Aus: Kleiderordnung Kaiser Maximilians I. für die österreichischen Länder 1518. In: Österreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatskunde Bd. 2 (1836) S. 410-411.


[1] Auch Pratze (fem.) = Längenmaß. Beispiel: Aber alle Seidene waar mag nach obgeschribner new̆en Elen / oder nach Venedigischer Praetschen / die vmb ainen Fünfften tail kürtzer dann die Elen ist / Vnd sunst bey kainem anndern Mass / gemessen / kaufft vnd verkaufft werden. Aus: New Reformierte Landsordnung der Fürstlichen Graffschaft Tirol. Geben in ... Jnnsprugg, am Viertzehenden tag des Monats Decembris ... Fünffzehenhundert, vnd im Dreyundsibentzigisten Jar.

[2] schamlot, m., altfranz. camelot, mlat. camelotum, ein im Mittelalter hoch geschätzter feiner Wollenstoff, zunächst ein aus Kameelhaaren bereiteter. Aus: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm

Eine gegenteilige Meinung vertritt jedoch Walter Endrei in seinem Aufsatz „Alte Gewebe: Name und Identifizierung“ (in: Uwe Bestmann [Hrsg.], Hochfinanz, Wirtschaftsräume, Innovationen. Festschrift für Wolfgang von Stromer (Trier 1987), 997-1011). Dort steht: „Kamelott oder wie es im 16. Jh. genannt wurde, Schamlott ist nicht wie einem dünken sollte aus Kamelhaar, sondern - bevor es aus Seide bzw. Kammgarn nachgeahmt wurde - aus dem Haar der Angoraziege. Seine Herstellung ist bereits 1555 von Hans Dernschwam gewissenhaft beschrieben worden, und wird trotzdem manchmal noch als Kamelhaarprodukt angegeben. Ausser den guten Charakteristiken von Savary und Jacobsson überzeugt der Augenschein am besten; sowohl in Paris als in Wien und Warschau sind eine Anzahl von Kamelotmustern erhalten geblieben. Es handelt sich um einen Rips in Leinwandbindung mit schönem Seidenglanz; der Effekt wird durch den dickeren oder doppelten Schuss und die hohe Kettdichte /z.B. 310x210/ hervorgerufen; ein Camelot "demy soy" der Fabrique de Landre, also halbseiden behielt im 18. Jh. die Einstellung 320x200. Kamelott wird oft moiriert - wofür sich jeder Rips eignet - daher sind unter Muchaier u.ä. /also Moires/ oft geprägte Kamelotte zu verstehen / =. ar. Muchaijar Haar der Angoraziege, heute Mohair/.“

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