Ricarda Kössl

Verfolgt – verbannt – vertrieben. Eine sozio-architektonische Studie

Anlässlich meiner Diplomarbeit im Jahr 2007 mit dem Thema: „Roma und Sinti in Barcelona – zwischen Sesshaftigkeit und Nomadentum“, möchte ich den Fokus speziell auf den interdisziplinären Aspekt von Archtitektur-Städtebau im sozio-kulturellen Kontext richten. Welche Mechanismen spielen hier zusammen? Welche Verflechtungen gibt es innerhalb von politischen Entscheidungen-städtebaulichen Prozessen und Gettoisierungs-Mechanismen (Beispiel Banlieu Paris).

Zum Hintergrund dieser Arbeit:

Während eines Aufenthalts in Barcelona im Jahr 2000 hatte ich die Gelegenheit, das städtische Großprojekt „Diagonal del Mar“, bei welchem die Hauptverkehrsachse Diagonal bis zum Meer verlängert und ein neuer Stadtteil mit großzügigem Kongress- und Messegelände errichtet wurde, zu verfolgen.

Als Folge von großflächigen Demolierungen der Altbauten in diesem Stadtteil wurden viele der dort ursprünglich ansässigen Roma und Sinti nach La Mina übersiedelt. La Mina ist der Stadtteil, dessen Einwohner nicht an der städtebaulichen Erfolgsgeschichte Barcelonas teilnehmen konnten. Hier leben mittlerweile fast ausschließlich Roma und Sinti. Der Anteil von Analphabetismus, Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität ist extrem hoch. Mitte der 90er Jahre überließ die Stadtverwaltung den Stadtteil einige Zeit sogar ganz der dortigen Drogenmafia. Erst 1997 startete in La Mina ein Sanierungsplan, um mit Hilfe der Stadtplaner eine neue Infrastruktur aufzubauen. Insgesamt wurden 72 Millionen Euro dafür aufgewendet, zum Teil auch EU-Gelder. In diesem Sanierungsplan war auch eine Bürgerbeteiligung vorgesehen, so entstand die Plattform der Bewohner von La Mina. Diese wird von engagierten Bewohnern in und um La Mina getragen und von Sozialarbeitern unterstützt.

Daraus ergab sich für mich die Frage: mit welcher Stadtnutzung, in welchen Strukturen leben Roma und Sinti in Barcelona heute? Hier habe ich ich eine Gegenüberstellung von Gettoisierungsprozessen mit städtebaulichen Mechanismen und sozio-ökonomischen Entwicklungen erstellt. Über den theoretischen Teil der soziologischen Studie hinaus waren Interviews mit Roma (Gitanos), Sozialarbeitern und Städteplanern ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit.

Im zweiten Teil der Diplomarbeit – dem städtebauliches Konzept – wurden die Ergebnisse der soziologischen Studie kontextuell eingearbeitet. Hier stellten sich folgende Fragen:

Welche Maßnahmen kann man setzen, um die Homogenität der Bevölkerungsstruktur und die Gettoisierungsmechanismen aus städtebaulicher Sicht zu reduzieren? Kann man die Identität einer ethnischen Minderheit im städtebaulichen Kontext widerspiegeln? Gibt es dafür eine architektonische Lösung?

Im dritten Teil der Diplomarbeit wird die Schaffung eines inhaltlichen und architektonischen Mikroorganismus in diesem ausgegrenzten Stadtteil ausgeführt.

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