Vortrag: “Wie fühlt sich Widerspruch an? Theorie, Ethnographie, Poetologie alltäglicher Widerspruchserfahrung”
Vortragende Person: Carolin Zieringer
Ausgehend von der Annahme radikaler sozialer Kontingenz erscheint Widerspruch als unvermeidbarer Effekt pluraler Gesellschaften. Derzeit erleben wir jedoch, z. B. in den USA oder auch Deutschland, den Versuch, gesellschaftlicher Komplexität und ihren Widersprüchlichkeiten durch autoritäre, maskulinistische Politiken Einhalt zu gebieten – auf Kosten jener Körper, die im Widerspruch zu hegemonialen Vorstellungen des idealen Subjekts stehen. Das wird beispielsweise in Kämpfen um das Selbstbestimmungsgesetz und reproduktive Rechte oder im Wiedererstarken sozial-darwinistischer Vorstellungen im Umgang mit Menschen mit Behinderung deutlich. Um zu verstehen, wie und warum diese politischen Kämpfe von Widerspruchsaversion getrieben sind, ist es wiederum nötig zu verstehen, wie Menschen Widersprüchlichkeit erleben, wie sie sich für sie anfühlt. Gegenstand des Projekts „Wie fühlt sich Widerspruch an?“ ist daher der alltägliche Umgang mit durch den vergeschlechtlichten und nicht-/be_hinderten Körper vermittelten Erfahrungen von Widerspruch.
Die leitende These des Projekts ist, dass der gesellschaftliche Umgang mit Widerspruch besser verstanden werden kann, wenn untersucht wird, wie Widerspruch körperlich vermittelt erfahren wird. Widerspruch nehme ich demnach nicht in erster Linie als soziales und politisches Phänomen, sondern vor allem als spürbares Phänomen in den Blick. Anders formuliert lautet die zentrale Frage: Wie fühlt sich Widerspruch an? Diese Frage verfolge ich mit dem Ziel der Entwicklung einer herrschaftskritischen, empirisch basierten Theorie des demokratischen Umgangs mit Widersprüchen. Dafür verknüpft das Projekt Theoriearbeit und Ethnographie, wobei in diesem Rahmen auch der Frage nach der Versprachlichung von implizitem Körper- und Erfahrungswissen nachgegangen wird.

Kleines Kolloquium am CGI
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