MMag*a Dr*in Judith Klemenc
Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)
Universität Innsbruck
Ágnes-Heller-Haus, 5. Stock, Raum: 05N010
Innrain 52a
A-6020 Innsbruck
+4351250744418
Judith.Klemenc@uibk.ac.at
Sprechstunde: nach Vereinbarung
Universitätsassistentin (she/her)
Künstlerin Adressierung judithklemenc.at
Zur Person
Judith Klemenc setzt sich in ihrer Arbeit intensiv mit dem wirklichkeitsstiftenden und transformatorischen Potential der performativen Leiblichkeit auseinander. Entlang der subtilen Differenzlinien zwischen Körper, Leiblichkeit und Sprache ist es immer wieder die Frage des Geschlechts, der Klasse, die zur Disposition steht. Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung, soziale Anrufung, die Genese von Leiblichkeit – die wissenschaftliche und künstlerische Bearbeitung dieser Fragen stellt eine Übersetzung vom Intelligiblen ins leiblich Erfahrbare dar. Wissenschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung mündet in eine ästhetische/aisthetische und umso transformativere Formensprache. Darin zeigt sich wesentlich die Handschrift Klemencs: Kritik an bild- und sprachimmanenten Strukturen von gesellschaftspolitischer Gewalt findet nie von außen statt, sondern regt sich immer schon inmitten der Verhältnisse. Ihre Arbeit bleibt nicht bei der Kritik stehen, sondern vermag es bereits, neue Assoziationen zu mobilisieren und menschenwürdige Reflexionsräume zu eröffnen. Ein ethisch-ästhetischer/aisthetischer Anspruch wird somit zentral: Die Anerkennung aller* Menschen in ihren unterschiedlichen Verletzbarkeiten.
Judith Klemenc promovierte nach einem Studium der Bildhauerei und Keramik an der Kunstschule Wien sowie nach dem Studium der Erziehungswissenschaften/Frauenforschung an der Universität Innsbruck, Universität Wien 2001 am Institut der Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck im Bereich feministischer Bildungstheorie. 2008 schloss sie das Studium der Bildnerischen Erziehung und Werkerziehung am Mozarteum Salzburg ab sowie 2013 den Lehrgang Theaterpädagogik (nach Augusto Boal) in Wien. 2014 widmete sie sich der Sprachkunst an der Angewandte Universität Wien.
Judith Klemenc war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und lehrte an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich, Pädagogischen Hochschule Tirol, Kunstschule Wien und Universität Innsbruck, an der sie seit 2022 als Universitätsassistentin (seit 2023 am CGI) tätig ist. Zudem forscht sie als Gastwissenschaftlerin am Institut für Erziehungswissenschaften an der Humboldt Universität Berlin sowie als Practice based Researcher an der Tanzfabrik Berlin.
Forschungsschwerpunkte und -interessen
- Soziale Choreographien, Differenzierungspraxen, Leiblichkeit, Undoing
- Cultural-Studies, Dance-Research, Soma-Studies, Queer-Feminist Theory
- Practice as Research, Writing as Artistic Research
Mitgliedschaften
- Forschungsplattform Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)
- Forschungsgruppe Theorizing the body: Körper, Diskurse, Materialität
- Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) Berlin
- Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Un-/hörbares und un-/sichtbares Sprechen: Psychoanalytisch-queer-feministisch-phänomenologische Überlegungen zur Un-/Vernehmbarkeit von Bewegung, mit Lisa Blasch (Lecture). SWIP Society for Women in Philosophy Austria Symposion 2022 „Philosophy and Psychoanalysis in Dialogue with Gender-/Queer-/Feminist Research“. Universität Klagenfurt. 7.-8. Oktober 2022
(Widerspenstige) Dialoge zwischen Geschlecht, Körper und Leib: Überlegungen zu leiblich-phänomenologischen Lesarten bei Judith Butler, mit Lisa Blasch (Lecture). Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Geschlechterforschung ÖGGF 2022 „Gender Embodied – Verkörpertes Geschlecht“. Universität Salzburg. 29. September-1. Oktober 2022
Leiblich Lesen. Performative Leiblichkeit und Differenzierungspraxen. Universität Innsbruck. 18.5.2022
Muschel – Stadtrandläuten. Answers from the Periphery (Lecture Performance), mit Andreas Oberprantacher. Tagung 2022: „Verletzbarkeit und Institutionen. Anrufen – Aushandeln – Antworten“. Universität Innsbruck. 28.09.2021 - 29.09.2021
sesshaftigkeiten (Lecture Performance). Öffentlicher Raum: Seestadt Wien. 19.8.2020
systemrelevant (Lecture Performance). Öffentlicher Raum: Hofgarten Innsbruck. 19.5.2020
eine feministische kritik an eine patriarchale ausstellungskultur (Lecture Performance). Ausstellung: „Schönheit vor Weisheit“. Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck. 26.11.2019
sesshaftigkeiten (Lecture Performance). Galerie fünfzigzwanzig. salon beige. Salzburg. 27.4.2019
2019
eine feministische kritik an eine patriarchale ausstellungskultur (Lecture Performance). Ausstellung: „Schönheit vor Weisheit“. Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck. 26.11.2019
sesshaftigkeiten (Lecture Performance). Galerie fünfzigzwanzig. salon beige. Salzburg. 27.4.2019
2018
dunkler ton (Lecture Performance), mit Tanja Pidot und Gabi Plattner. ). Öffentlicher Raum: Hofgarten Innsbruck. 19.5.2018
2016
Shaping the Presence. Tagung BOEKWE: Shaping the Future. Wien. 30.9.– 02.10.2016
2015
Lorena Rape gequeert. Kunstuniversität Linz. 10.6.2015
Begehren – wider einen heteronormativen Begehrensbegriff, mit Bärbel Danneberg. Öffentliche aep-Frauenbibliothek. Innsbruck. 27. April 2015
Fahrradschlauchwurzeln. Der blinde Fleck – Öffnung auf Unvorhersehbares. Internationaler Kongress der Kunstpädagogik: Blinde Flecken. Mozarteum Salzburg. 13.2. - 15.2.2015
2014
Bildung. Begehren. Andersheit. Ein Sprechen über ästhetische Bildungsprozesse, die Welt- und Selbstverhältnisse in Bewegung setzen. Universität Nürnberg. 24.5.2014
2012
Das junge Mädchen durchquert die Vermittlung. Die Evidenz des Unerkannten. Universität der Künste Berlin. 10.11.2012
2011
Über den Rahmen hinaus. Wie mit den Rahmenbedingungen in der Schule umgehen?. Universität Oldenburg. 7.7.2011
Entfremdung. Ein performatives Sprechen über Gleichbehandlungsfragen und Schönheitsideale. Universität Innsbruck. 7.5.2011
2010
(Be-)Wertung im Kunstunterricht. Universität Oldenburg. 17.5.2010
Zwischen Bildaneignung und Bildauslegung. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. 2.3.2010
Publikationen
Klemenc, Judith (2017): Dunkler Ton. Mit Beiträgen von Paul Mecheril, Sepideh Heydarpur und Tanja Vogler. Innsbruck.
Klemenc, Judith (2014): Begehren, Vermittlung, Schule. Suchende Erkundung dessen, was auftaucht, während man tut. München: kopaed.
Klemenc, Judith/Loemke, Tobias: Briefwechsel zu Bildungsprozessen – Zwischen Begehren und Ereignis. München: kopaed 2014
2023
Handlinien :: Schreiblinien :: Zeitlinien. Innsbruck: AEP-Informationen 1/2023
2021
… nur weil ich ihn treffe, heißt das noch lange nicht, dass er mein Freund ist … Sexualität und Pädagogik. Teil 1: Konzepte & Debatten. Innsbruck/Wien: Studienverlag 2021
2020
Das eigentliche Leben. Wien: Volksstimme 6/2020
Wer ist nach Corona das Wir? Wien: Volksstimme 5/2020
Großmutter. Innsbruck: AEP-Informationen 1/2020
Brief aus Tirol. Wien: Volksstimme 4/2020
2019
affidamento. Innsbruck: AEP-Informationen Heft 4/2019
2018
Feminism-Washing. Innsbruck: AEP-Informationen 4/2018
2016
Flüchtlingsbilder. Innsbruck: AEP-Informationen 2/2016
Wie etwas in den Blick rücken, das immer aus dem Blick fällt? Innsbruck: AEP-Informationen 2/2016
2015
Fahrradschlauchknoten. Der blinde Fleck – Öffnung auf Unvorhersehbares. Wien: BÖKWE 4/2015
2014
Bilder hören und Texte schauen. Zum Kongress Bildnerisches Gestalten und Kreatives Schreiben in der Entwicklung des Menschen. Hannover: BDK Fachverband für Kunstpädagogik 2014 (in Zusammenarbeit mit Tobias Loemke)
2013
Zu-Gehörtes und Unerhörtes. Wien: BÖKWE 3/2013
Blasenrisse – Arbeiten mit dem, was da heraus platzt. In: Franz Billmayer (Hrsg.): Schwierige SchülerInnen im Kunstunterricht. Erfahrungen Analysen Empfehlungen. Flensburg: University Press 2013
2012
Nuran. Ästhetisch kartieren. Migrationspädagogische Anmerkungen. Wien: BÖKWE 3/2012
Forschungsprojekt: Perfomative Leiblichkeit und Differenzierungspraxen
Vor dem Hintergrund Sozialer Choreographien (Klein 2010, S. 101; Dietrich und Riepe 2019) thematisiere ich Prozesse der Verkörperung des Sozialen (Gender, Class, Race, Body, etc.) (Butler 2002, S. 305; Hay 2016; Foucault 1976, S. 176) als lebenslange performative Übung von Bewegungsabläufen (Butler 1994, S. 33; Dietrich und Riepe 2019). Ich stelle mir zur Frage, in welcher Weise eingeübte soziale Verkörperungen1 über ästhetische/aisthetische Bewegungserfahrungen verändert werden können. Diesbezüglich mache ich aus einer queer-feministischen Perspektive den postmodernen Tanz für Prozesse des Undoing (Sharpe und Spivak 2003, S. 623; Sternfeld 2014, S. 20) als Bildung (Brinkmann 2022) von eingeübten sozialen Bewegungsabläufen konstitutiv (Wuttig 2016, S. 31).
Mit dem intersektionalen Verständnis von Bildung als Selbstsorge (Brinkmann 2022; Foucault 2009, S. 126) konzentriert sich meine queer-feministische phänomenologische Forschung (Stoller 2017, S. 338) auf intersubjektive Tanzerfahrungen als Grenzerfahrungen2 von Bewegungen (Meuser und Kirchhoff 2017; Wacquant 2014, 96 f.) und einem Denken mit/durch die Haut3 (Ahmed und Stacey 2001, S. 1). Durchaus kokettiere ich mit dem Begriff einer dekolonialen Bildung um leibliche Wissenskulturen für eine Bildung im Allgemeinen fruchtbar zu machen.
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1 Mit dem Begriff der Verkörperung lege ich die Betonung auf die Verkörperung von gewissen kulturellen Bedeutungen Butler 2002, S. 312. Es sei hinzugefügt, dass ich Butler mit Stoller u.a. phänomenologisch lese Stoller 2010, S. 33.
2 Grenzerfahrungen umschreibe ich mit Butler, „dass wir in den Momenten bedeutender Verschiebungen oder Brüche womöglich nicht genau wissen, wer wir sind oder was wir meinen, wenn wir ‚Ich‘ sagen“. Butler 2021, S. 17
3 “To ask such a question is to suggest that the skin is always open to being read. If the skin is always open to being read (and being read differently), we can also consider the ways in which these various techniques for reading produce skins in specific and determinate ways.” Ahmed und Stacey 2001, S. 1
Literaturverzeichnis
Ahmed, Sara; Stacey, Jackie (2001): Introduction: Dermographies. In: Sara Ahmed (Hg.): Thinking through the skin. London: Routledge (Transformations), S. 1–18.
Brinkmann, Malte (2022): Übungen der Selbstsorge und Achtsamkeit. Überlegungen zu einer Theorie der Bildung als koexistenzielle Praxis und Übung im Anschluss an M. Foucault und E. Fink.
Butler, Judith (1994): Gender as Performance. An Interview with Judith Butler. In: Radical Philosophy (067), S. 32–39. Online verfügbar unter https://www.radicalphilosophyarchive.com/issue-files/rp67_interview_butler.pdf.
Butler, Judith (2002): Performative Akte und Geschlechterkonstitution. Phänomenologie und feministische Theorie. In: Uwe Wirth (Hg.): Performanz. Zwischen Sprachphilosophie und Kulturwissenschaften. Orig.-Ausg., 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 1575), S. 301–320.
Butler, Judith (2021): Sinn und Sinnlichkeit des Subjekts. Wien Berlin: Turia + Kant.
Dietrich, Cornelie; Riepe, Valerie (2019): Praktiken der Homogenisierung. Soziale Choreographien im Schulalltag. DOI: 10.25656/01:24113.
Foucault, Michel (1976): Überwachen und Strafen. D. Geburt d. Gefängnisses. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Foucault, Michel (2009): Hermeneutik des Subjekts. Vorlesungen am Collège de France (1981/82). 1. Aufl. Frankfurt, M.: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 1935).
Hay, Deborah (2016): The Prepared Body. Valeska Gert Visiting Professorship Deborah Hay: Presentation. Hay, Deborah. Online verfügbar unter https://www.adk.de/en/programme/index.htm?we_objectID=55630.
Klein, Gabriele (2010): Das Soziale choreographieren. Tanz und Performance als urbanes Theater. In: Nicole Haitzinger und Karin Langer (Hg.): Denkfiguren. Performatives zwischen Bewegen, Schreiben und Erfinden. München: epodium (Derra dance research, Vol. 2), S. 94–103.
Meuser, Michael; Kirchhoff, Nicole (2017): Kulturen und Praktiken des Körpers. In: Stephan Moebius, Frithjof Nungesser und Katharina Scherke (Hg.): Handbuch Kultursoziologie: Band 2: Theorien – Methoden – Felder. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Sharpe, Jenny; Spivak, Gayatri Chakravorty (2003): A Conversation with Gayatri Chakravorty Spivak: Politics and the Imagination. In: Signs: Journal of Women in Culture and Society 28 (2), S. 609–624. DOI: 10.1086/342588.
Sternfeld, Nora (2014): Verlernen vermitteln. Köln: [Universität Köln] (Kunstpädagogische Positionen, Band 30).
Stoller, Silvia (2010): Existenz - Differenz - Konstruktion. Zugl.: Wien, Univ., Habil.-Schr., 2008. Stoller, Silvia, Paderborn.
Stoller, Silvia (2017): What is feminist phenomenology? Looking Backward and Into the Future. In: Helen A. Fielding, Dorothea E. Olkowski und Helen Fielding (Hg.): Feminist phenomenology futures. Bloomington, Indiana, USA: Indiana University Press, S. 328–355. Online verfügbar unter https://www.academia.edu/43243529/What_is_Feminist_Phenomenology_Looking_Backward_and_Into_the_Future.
Wacquant, Loïc (2014): Für eine Soziologie aus Fleisch und Blut. In: sub\urban 2 (3), S. 93–106. DOI: 10.36900/suburban.v2i3.151.
Wuttig, Bettina (2016): Das traumatisierte Subjekt. Geschlecht - Körper - Soziale Praxis. Eine gendertheoretische Begründung der Soma Studies. Bielefeld: transcript Verlag (Soma Studies, 1).