Marleen Haboud lud bei ihrem Vortrag zu aktuellen Forschungsergebnisse zum Sprachkontakt in den Anden Ecuadors zu einer virtuellen Reise in ihr Heimatland ein.
Marleen Haboud lud bei ihrem Vortrag zu aktuellen Forschungsergebnisse zum Sprachkontakt in den Anden Ecuadors zu einer virtuellen Reise in ihr Heimatland ein.

Sprach­kontakt in den Anden Ecua­dors

Die international anerkannte Linguistin Marleen Haboud, Professorin an der Pontificia Universidad Católica del Ecuador, präsentierte am 3. November 2020 ihre aktuellen Forschungsergebnisse zum Sprachkontakt in den Anden Ecuadors am Zentrum für Interamerikanische Studien (ZIAS) der Universität Innsbruck.

Der Online-Gastvortrag „El contacto lingüístico en los Andes ecuatorianos“ ist Teil der Vortragsreihe „Die Sprachen der Amerikas“, die im Sommersemester 2019 begann und im laufenden Wintersemester nun online fortgeführt wird.

Bevor Prof. Haboud über die Besonderheiten des in den ecuadorianischen Anden gesprochenen Spanisch berichtete, lud sie zu einer virtuellen Reise in ihr Heimatland ein und gab einen kurzen Einblick in die faszinierende kulturelle Vielfalt Ecuadors. Mit 14 Nationen und 13 lebendigen Sprachen ist das Land ein multilingualer und multidialektaler Sprachraum, der aus Habouds soziolinguistischer Forschungsperspektive nicht ohne die entsprechenden Kulturen gedacht und verstanden werden kann. Sowohl der geographische als auch der soziale und historische Kontext des Sprachkontakts sind ein fundamentaler Bestandteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit, für die sie zuletzt mit dem renommierten Georg-Forster Forschungspreis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung ausgezeichnet wurde.

Neben vielen weiteren internationalen Forschungspreisen (u.a. McNamara Foundation World Bank Award, Foreign Language World Center Award, Fullbright Grant, Forschungspreis 2013 der Agencia Española de Cooperación Internacional) konnte Marleen Haboud auch außerhalb des akademischen Bereichs außerordentliche Erfolge erzielen. Durch ihre Tätigkeit als UNESCO-Beauftragte für bedrohte Sprachen in Lateinamerika und der Karibik und ihrer Mitarbeit am UNESCO World Atlas of Endangered Languages (2010) sowie dem Sociolinguistic Atlas of the peoples of Latin America (UNICEF 2010) leistete sie einen bedeutsamen Beitrag zur Dokumentation bedrohter Sprachen und erwirkte enorme Fortschritte für den Erhalt und die Revitalisierung der amerindischen Sprachen in Ecuador.

Die indigenen Sprachen Ecuadors sowie deren Kontakt mit dem Spanischen stehen nach wie vor im Zentrum ihres Forschungsinteresses. Auf der vergleichsweise kleinen Fläche des Landes treffen verschiedenste Sprachen aufeinander, die sich gegenseitig prägen und somit zu sprachlichen Innovationen führen, die stetig neue Perspektiven für die Linguistik eröffnen. Besonders der Einfluss des Quechua ist im andinen Spanisch Ecuadors (CAE: castellano andino ecuatoriano) sichtbar und bringt einzigartige Kontaktphänomene hervor. So wird oftmals die Satzstellung des Quechua ins Spanische übertragen oder verbale Periphrasen ins Spanische „übersetzt“, aber auch - wie in so vielen Sprachen - englische Begriffe adaptiert und integriert. Denn neben der historischen Koexistenz führt auch der synchrone Kontakt verschiedener linguistischer Varietäten und Systeme stets zu neuen Entwicklungen und Einflüssen.

Prof. Dr. Habouds aufschlussreicher Gastvortrag stieß erwartungsgemäß auf großes Interesse, sodass bei der anschließenden regen Diskussion mit den Teilnehmenden die Zeit schnell zu kurz wurde. Die Sprachwissenschaftlerin gewährte einen faszinierenden Einblick in ihr Forschungsgebiet, der von der beeindruckenden Reichweite und Relevanz ihrer Arbeit für die Disziplin der Kontaktlinguistik zeugte.

Im Rahmen der Vortragsreihe „Die Sprachen der Amerikas“ lud das Zentrum für Interamerikanische Studien bereits im Sommersemester 2019 eine Vielzahl angesehener Linguist*innen an die Universität Innsbruck ein. Auch beim aktuell stattfindenden zweiten Teil erwarten uns weitere hochinteressante Beiträge zu den eskimo-aleutischen Sprachen (Jan Henrik Holst, 10. November 2020) sowie zu den indigenen Sprachen Südamerikas (Pieter C. Muysken, 17. November 2020).

(Jana Kluiber)

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