Kinder sitzen vor Tablets an einem Tisch.

Künstliche Intelligenz als Chance und Herausforderung im Unterricht.

Eine Frage der Medien­kom­pe­tenz

Künstliche Intelligenz verändert den Unterricht – doch wie lässt sie sich sinnvoll nutzen? Markus Ammann und Katarzyna Ammann-Kapa vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung erklären, wie KI das Lernen beeinflussen kann und welche Herausforderungen damit verbunden sind.

wissenswert: Künstliche Intelligenz ist ein zunehmend omnipräsentes Thema – auch im Bildungsbereich. Wie lässt sich der Einsatz von KI in Schulen aus Ihrer wissenschaftlichen Perspektive einordnen?

Markus Ammann: KI ist kein bloßes Buzzword mehr, sondern eine Technologie, die zunehmend in den Unterricht Einzug hält. Der Bildungsbereich muss sich der Frage stellen, wie diese Technologie sinnvoll und nachhaltig integriert werden kann. KI bietet enormes Potenzial, das Lernen zu bereichern. Doch es gibt auch Ängste – besonders die Sorge, dass Schüler:innen sie für unethische Zwecke wie Schummeln missbrauchen könnten. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass dies nur ein Aspekt der Technologie ist. Entscheidend ist, wie wir KI im Unterricht nutzen, um von ihren positiven Aspekten zu profitieren.

wissenswert: Wie sehen Sie den eher kritischen Zugang zu Künstlicher Intelligenz?

Katarzyna Ammann-Kapa: Diese Ängste sind nicht unbegründet. KI kann einen großen Einfluss auf den Lernprozess haben, und Veränderungen bringen immer Herausforderungen mit sich. Viele neigen dazu, KI zu verbieten oder aus dem Unterricht auszuschließen. Der Gedanke, dass Schüler:innen ihre Hausaufgaben einfach von einer KI erledigen lassen, ist verständlich besorgniserregend. Doch wir müssen diese Ängste überwinden und Lösungen finden, wie der Umgang mit KI positiv gestaltet werden kann. In unserer Forschung haben wir gesehen, dass der gezielte Einsatz von KI Schüler:innen sogar zu mehr selbstständigem Arbeiten und kritischem Denken anregen kann.

wissenswert: Welche konkreten Ergebnisse brachten Ihre bisherigen Untersuchungen an den Tiroler Schulen?

Markus Ammann: In einer ersten Studie untersuchten wir das Nutzungsverhalten von Schüler:innen in Bezug auf KI-Tools. Fast die Hälfte der Schüler:innen ab 13 Jahren hatte noch nie ein KI-Tool genutzt. Unter denjenigen, die es genutzt haben, setzten viele KI für Hausaufgaben, Recherchen und Prüfungsvorbereitung ein. Das zeigt, dass KI nicht nur zum Schummeln verwendet wird, sondern als hilfreiches Lernwerkzeug angesehen wird. Diese Zahlen stammen aus dem Frühjahr 2024 und wir gehen davon aus, dass die Nutzung inzwischen weiter gestiegen ist.

wissenswert: Können Sie uns mehr über die verschiedenen Nutzungsarten von KI durch Schüler:innen erzählen?

Markus Ammann: Unsere letzte Studie ergab, dass 54 Prozent der Schüler:innen KI zur Informationssuche nutzen und gut 40 Prozent zur Prüfungsvorbereitung. Zudem verwenden viele KI für kreatives Brainstorming oder zum Generieren von Ideen. KI wird also nicht nur als Texthilfe gesehen, sondern auch als Werkzeug zur Unterstützung des kreativen Denkprozesses und der selbstständigen Wissensaneignung.

wissenswert: Welche Bedenken gibt es bezüglich der Verwendung von KI im schulischen Kontext?

Katarzyna Ammann-Kapa: Zu Beginn waren viele Lehrkräfte skeptisch, ob KI die Fähigkeiten der Schüler:innen fördern oder eher eine Abnahme von Fähigkeiten, also ein "Deskilling", verursachen würde. Besonders die Vorstellung, dass Schüler:innen nicht mehr selbstständig arbeiten könnten, war eine große Sorge. Doch nach und nach erkennen viele Lehrkräfte, dass der Einsatz von KI in einem kontrollierten Rahmen durchaus einen Mehrwert bringen kann. Schüler:innen werden angeregt, KI-generierte Texte kritisch zu hinterfragen, was ihre Reflexionsfähigkeit und ihr kritisches Denken fördert.

Markus Ammann und Katarzyna Ammann-Kapa sitzen vor einem grünen Baum

Die Schulforscher:innen Markus Ammann und Katarzyna Ammann-Kapa befassen sich mit dem Einsatz von KI im Bildungsbereich.

wissenswert: Wie könnte KI konkret im Unterricht integriert werden, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen?

Katarzyna Ammann-Kapa: KI ersetzt nicht die Lehrkraft, sondern unterstützt sie. Lehrer:innen können KI nutzen, um Unterrichtseinheiten schneller zu planen oder Materialien zu erstellen. Der große Vorteil ist, dass sie so mehr Zeit für die persönliche Interaktion mit den Schüler:innen haben. Ein gutes Beispiel ist die Verwendung von KI zur Unterrichtsplanung, die den Lehrkräften hilft, Aufgaben schneller zu strukturieren, sodass sie sich mehr auf den Austausch mit den Schüler:innen konzentrieren können.

wissenswert: Gibt es praktische Beispiele für den Einsatz von KI in Schulen?

Markus Ammann: Ja, einige Schulen nutzen beispielsweise KI zur Analyse von Texten. Lehrer:innen lassen die Schüler:innen KI-generierte Texte mit eigenen Arbeiten vergleichen. So lernen Schüler:innen, die Unterschiede in der Argumentation und Qualität der Inhalte zu erkennen.

wissenswert: Welche Rolle spielt KI in anderen Bereichen der Schule?

Markus Ammann: KI hat auch Potenzial für Schulleitungen. Sie kann bei der Analyse von Leistungsdaten helfen oder bei der Planung von Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte. Zudem kann KI die Leistungsbeurteilung von Schüler:innen objektiver machen, indem sie Verzerrungen und Stereotype vermeidet. KI kann also auch ein Werkzeug für mehr Gerechtigkeit und Chancengleichheit im schulischen Kontext sein.

wissenswert: Wie sehen Sie die Entwicklung des KI-Einsatzes in Schulen in den nächsten Jahren?

Katarzyna Ammann-Kapa: Der Einsatz von KI in Schulen wird weiter zunehmen. Immer mehr Schulen werden KI-Tools als Teil ihrer digitalen Infrastruktur integrieren. Es wird entscheidend sein, wie gut Lehrkräfte und Schulleitungen auf diese Veränderungen vorbereitet sind. Dafür braucht es Fortbildungsprogramme, die den Lehrkräften helfen, den Umgang mit KI zu erlernen und die ethischen Implikationen zu verstehen. Wenn die Potenziale von KI richtig genutzt und ihre Risiken im Blick behalten werden, kann sie eine wertvolle Unterstützung für den Unterricht und die Schulorganisation bieten.

wissenswert: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen beim Einsatz von KI in Schulen?

Markus Ammann: Eine der größten Herausforderungen wird sein, Schüler:innen und Lehrkräfte zu befähigen, KI kritisch zu nutzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Schüler:innen sich auf KI verlassen, ohne ihre Ergebnisse zu hinterfragen. Daher ist die Vermittlung von KI-Literacy – also die Fähigkeit, KI zu verstehen und richtig zu nutzen – entscheidend. Ebenso wichtig wird es sein, dass Schulen klar definieren, in welchen Bereichen KI sinnvoll eingesetzt werden kann und wo sie problematisch sein könnte.

Am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung wurden und werden im Arbeitsbereich „Leadership und Schulforschung“ aktuell mehrere qualitative und quantitative Studien zum Umgang mit KI-Tools in Schulen durchgeführt. Die Forschung zeigt, dass Lehrpersonen und Schulleitungen den Mehrwert von KI erkennen, jedoch Unsicherheiten und ethische Bedenken bestehen, insbesondere hinsichtlich Kompetenz- und Kontrollverlust. Aktuell wird ein Erasmus+-Projekt vorbereitet, das untersucht, wie KI das Wohlbefinden von Schüler:innen und Lehrkräften beeinflusst und ein reflektierter Umgang mit KI gefördert werden kann.

Dieser Beitrag ist in wissenswert, der Beilage der Universität Innsbruck zur Tiroler Tageszeitung, erschienen.

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