Hanns-Christoph Nägerl und Wolfgang Lechner
Wittgenstein-Preisträger Hanns-Christoph Nägerl (li.) und START-Preisträger Wolfgang Lechner (re.)

Wittgenstein-Preis und START-Preis für Quantenphysiker

Der Quantenphysiker Hanns-Christoph Nägerl erhält den diesjährigen Wittgenstein-Preis, Österreichs höchstdotierter und prestige­trächtigster Wissenschafts­preis. Außerdem geht einer der begehrten START-Preise für Nachwuchswissenschaftler an den Theoretischen Physiker Wolfgang Lechner.

Der Wittgenstein-Preis ist Österreichs höchstdotierter und prestigeträchtigster Wissenschaftspreis; er geht an etablierte Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher zur weiteren Steigerung ihres wissenschaftlichen Leistungspotenzials. In diesem Jahr erhält die mit 1,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung Hanns-Christoph Nägerl vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Dies gab der österreichische Wissenschaftsfonds FWF heute ihn Wien bekannt. Wolfgang Lechner vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erhält einen mit 1,2 Millionen Euro dotierten START-Preis. In das START-Programm werden hervorragend qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler für die Dauer von bis zu sechs Jahren aufgenommen. „Die Innsbrucker Quantenphysik genießt weltweit einen hervorragenden Ruf und ist eines unserer Stärkefelder. Das wird durch diese Auszeichnungen einmal mehr unterstrichen. Mit Hanns-Christoph Nägerl haben wir nun bereits den dritten Wittgenstein-Preisträger in unseren Reihen“, freut sich der Rektor der Universität Innsbruck, Tilmann Märk.

Ultrakalte Quantenmaterie

Hanns-Christoph Nägerl ist einer der weltweit führenden Quantenphysiker auf dem Gebiet der ultrakalten Quantenvielteilchensysteme. Er ist besonders für seine Arbeiten zu atomaren Quantendrähten und zu molekularen Quantengasen bekannt. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Quantengasen in der Nähe des absoluten Temperaturnullpunkts. Nägerl will im Labor auf der Basis von lasergekühlten Atomen und Molekülen Quantensimulatoren realisieren, um direkt im Experiment komplexen Vielteilchenquantenprozessen auf die Spur zu kommen, die beispielsweise hinter der bisher unerklärten Hochtemperatursupraleitung in Festkörpern stehen, die elektronischen Transport in zukünftigen elektronischen Schaltkreisen ermöglichen oder verhindern oder die bei der Bildung von neuartigen Supraflüssigkeiten relevant sind.
Der Wittgenstein-Preis wird es Hanns-Christoph Nägerl ermöglichen, seine Arbeiten zur Quantenkontrolle von Vielteilchensystemen auf eine neue Ebene zu heben. Sein Ziel ist es, aus den molekularen Quantengasen heraus die Moleküle einzeln und zustandsselektiv zu detektieren und in weiterer Folge auch einzeln zu manipulieren. Mögliche Anwendungen liegen in der Präzisionsmesstechnik und der Beantwortung der Frage, ob fundamentale Naturkonstanten wirklich konstant sind.

Hanns-Christoph Nägerl, geboren 1967, studierte Physik und Mathematik in Göttingen und San Diego. Er absolvierte sein Doktoratsstudium in Physik unter Prof. Rainer Blatt in Göttingen und Innsbruck. Nach einem Postdoc-Aufenthalt am California Institute of Technology (1998-2000) schloss er sich der Arbeitsgruppe von Prof. Rudolf Grimm in Innsbruck an und habilitierte sich. 2006 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. Im Jahr 2011 avancierte er zum Universitätsprofessor. Für seine Leistungen wurde er unter anderem bereits mit dem START-Preis, der Rudolf-Kaiser-Preis und einem ERC Consolidator-Grant ausgezeichnet.

Quantencomputer für künstliche Intelligenz

Wolfgang Lechners Forschung zielt darauf ab, theoretische Grundlagen für eine bestimmte Art von Quantencomputer zu entwickeln, der Optimierungsprobleme effizient lösen kann. Optimierungsprobleme sind in der Wissenschaft und auch im Alltag allgegenwärtig. Sie reichen vom Finden der Grundzustands-Elektronenstruktur von Molekülen, der Faltung von Proteinen bis hin zu logistischen Problemen in der Industrie. Eine besonders vielversprechende Entwicklung ist, dass das Lernen von neuronalen Netzen für künstliche Intelligenz als Optimierungsproblem interpretiert werden kann. Der Kern seiner Forschung ist eine neue Architektur für Quantencomputer, die Lechner in der Arbeitsgruppe Peter Zoller in Innsbruck gemeinsam mit Kollegen entwickelt hat. Diese Architektur erlaubt es, einen voll programmierbaren Quantencomputer für Optimierungsprobleme zu bauen. Diese Idee wurde als Patent angemeldet und weckt bereits reges Interesse. Mit der Unterstützung aus dem START-Programm will Lechner diese Architektur verwenden, um neue Ansätze von Quantencomputern für künstliche Intelligenz zu entwickeln

Wolfgang Lechner, geboren 1981, studierte Physik in Wien, wo er unter Prof. Christoph Dellago promovierte. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität Amsterdam (2009-2011) kam er in die Arbeitsgruppe von Peter Zoller am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit vergangenem Jahr besetzt er außerdem eine von Investor Hermann Hauser gestiftete Laufbahnstelle für Quantenforschung an der Universität Innsbruck.

Links

    Nach oben scrollen