Arbeitsgruppe Kritische Stadt- und Umweltforschung (KRISU)
ÜBER UNS
Die Arbeitsgruppe Kritische Stadt- und Umweltforschung (KRISU) untersucht gesellschaftliche Strukturen, Konflikte und Widersprüche in räumlichen Kontexten. Sie verbindet theoretisch fundierte Perspektiven mit der Analyse urbaner, politischer und ökologischer Prozesse und versteht Kritik als Grundlage ihrer Veränderung. Städte erscheinen dabei als Knotenpunkte gesellschaftlicher Aushandlungen, während Umweltfragen stets auch soziale und politische Fragen sind. Die Arbeitsgruppe begreift sich als Ort, der kritische Forschung zu gesellschaftlichen Räumen fördert und neue Perspektiven auf deren Transformation eröffnet.
Warum „kritisch“?
Kritische Geographien richten ihren Blick auf gesellschaftliche Machtdynamiken, um räumliche Verhältnisse nicht nur zu verstehen, sondern auch zu verändern. Für uns bedeutet das vor allem, gesellschaftliche Strukturen, Konflikte und Widersprüche in den Blick zu nehmen und ihre materiellen und verkörperten wie diskursiven und imaginären Dimensionen offenzulegen. Auf diese Weise sollen hegemoniales Wissen, soziale Ungleichheiten und systemische Krisen in ihrer Gewordenheit – und damit auch in ihrer Veränderbarkeit – reflektiert und Brüche in gesellschaftlichen Ordnungen sichtbar gemacht werden. Für die Reflexion gesellschaftlicher und räumlicher Verhältnisse sowie der Möglichkeiten und Grenzen ihrer Veränderung bedarf es theoretischer Auseinandersetzung, weshalb wir besonderen Wert darauf legen, Zugänge aus den Bereichen der Gesellschaftstheorie, Raumtheorie und Politischen Theorie in geographische Forschungszusammenhänge einzubringen. Durch eine historisierende, kontextualisierende und theoriegeleitete Perspektive zielen wir auf eine Geographie, die aktiv zum Verständnis und zur Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme beiträgt.
Warum „Stadt“?
Aus Perspektive der kritischen Stadtforschung wird die Stadt als Brennglas gesellschaftlicher Machtverhältnisse verstanden. In urbanisierten Räumen verdichten sich soziale, politische und ökonomische Prozesse in besonderer Weise und werden dadurch sicht- und analysierbar. So artikulieren sich soziale Proteste häufig zuerst in Städten, geopolitische Spannungen und ökonomische Krisen zeigen sich ebenfalls besonders deutlich, und die gebaute Umwelt wird zum Ausdruck von Macht- und Herrschaftsverhältnissen. Zugleich reichen urbane Prozesse über den städtischen Raum hinaus: Der enorme Material- und Energiedurchfluss des urbanisierten Alltags ist in globale Machtkonstellationen eingebunden. Auch veränderte Arbeits- und Lebensverhältnisse lassen sich nur im Zusammenspiel von Stadt-Land-Dynamiken verstehen. Städte sind daher einerseits Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse sowie Orte ihrer Aushandlung und Veränderung. Andererseits bilden sie Geflechte aus lokalen und regionalen Prozessen, die bis in globale oder sogar planetare Dimensionen hineinwirken.
Warum „Umwelt“?
Die Umwelt bildet ein zentrales Forschungsfeld der kritischen Humangeographie. Denn auch in den uns umgebenden Umwelten – ob „grün“ (z.B. Parks, Wälder), „blau“ (z.B. Gewässer, Küstenräume) oder „grau“ (z.B. versiegelte Stadtflächen, Infrastrukturen) – sind Machtverhältnisse eingeschrieben. Eine kritische Umweltgeographie rückt genau diese Verhältnisse in den Blick, indem sie fragt, wer Zugang zu welchen Umweltressourcen hat, wer welchen Belastungen und Risiken ausgesetzt ist und wessen Perspektiven in Umweltdebatten sichtbar oder unsichtbar gemacht werden. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Klimafrage ein. Aus kritischer Perspektive wird der Klimawandel nicht nur als ökologisches, sondern zugleich als gesellschaftspolitisches Phänomen verstanden. Vor diesem Hintergrund geht es darum zu untersuchen, welche gesellschaftlichen Strukturen den Klimawandel hervorbringen, wie sich seine Folgen ungleich auf (Über-)Lebensbedingungen auswirken und welche sozialen Widersprüche und politischen Konflikte daraus hervorgehen. Ökologische Fragen sind aus Sicht einer kritischen Umweltgeographie deshalb immer auch soziale und politische Fragen.
Warum „und“?
Die Arbeitsgruppe soll Möglichkeiten bieten, sich mit kritischer Stadt- und Umweltforschung sowohl unabhängig als auch integrativ auseinanderzusetzen. Sie versteht sich daher als Arbeitsgruppe für kritische Stadtforschung und kritische Umweltforschung, sowie als Ort für kritische Forschungen, die die beiden thematischen Pole miteinander verbinden: als kritische Stadtumweltforschung. Stadt und Umwelt bilden somit zwei separate sowie miteinander verflochtene Schwerpunkte der Arbeitsgruppe, wobei ihre Verbindung eine Perspektive eröffnet, die die Verwobenheit städtischer Strukturen und ökologischer Dynamiken in den Blick nimmt und danach fragt, wie urbane und ökologische Räume ko-produziert, angeeignet und politisch umkämpft werden.
Warum „Forschung“ (und nicht Geographie)?
Auch wenn sich die Arbeitsgruppe vor allem mit humangeographischen Fragestellungen beschäftigt, geschieht dies aus einer dezidiert interdisziplinären Perspektive. Angesichts der besonderen Affinität für theoretische Zugänge bedient sich die Arbeitsgruppe eines breiten Spektrums an Theorien – inspiriert zum Beispiel von (post-)marxistischen Traditionen, psychoanalytischen, feministischen und post-kolonialen Ansätzen sowie dem Neuen Materialismus. Interdisziplinäre Perspektiven sind dabei erkenntnisleitend und bilden die Grundlage für den Einsatz und die (Weiter-)Entwicklung qualitativer Forschungsmethoden. Auf diese Weise zielt unsere Arbeit darauf, die Grenzen der Geographie aktiv zu erweitern und immer wieder neu auszuloten. Um diese Offenheit zu unterstreichen, haben wir uns entschieden, nicht die Geographie, sondern die Forschung ins Zentrum zu stellen.