Die Bautätigkeit der Oesterreichisch-Ungarischen Bank und der Oesterreichischen Nationalbank im europäischen Kontext (1878–1938)
GEFÖRDERT DURCH DEN JUBILÄUMSFONDS DER OESTERREICHISCHEN NATIONALBANK – PROJEKT-NR. 18975

Raumprogramm

Filiale Görz | Gorizia (I), Möbelstellungsplan.

Zahlreiche „Möbelstellungszeichnungen“ haben sich in den Archiven der Oesterreichischen und der Tschechischen Nationalbank in Prag erhalten. Sie geben bis ins Detail Auskunft über die Disposition der Geschäftslokale und lassen die serielle Ausstattung für genau festgelegte Geschäftsabläufe nachvollziehen. Das standardisierte Raumprogramm wurde bei der Planung des ersten Filialneubaus in Czernowitz ab 1895 entwickelt und mit gewissen Variationen bei allen danach erbauten Bankhäusern beibehalten.

Czernowitz | Tscherniwizi (UA), erste Skizze für den Filialneubau – Grundlage aller weiteren Filialgebäude. Skizziert wohl von Hermann Helmer, unterzeichnet von Emil von Mecenseffy, 1895.
Salzburg, Möbelstellungszeichnung des Baubüros, um 1914.

Die Kunden erreichten über Eingangshalle und Treppenhaus den Banksaal, der durch Pfeiler und ein Langpult in Parteienraum (für die Kunden) und Manipulationsraum (für die Beamten) unterteilt war.

Im Kundenbereich des Banksaals standen den Wartenden Tische, Stühle sowie Garderoben zur Verfügung, während sich hinter der Abtrennung die geschlossene, verglaste Kasse mit Rollsekretär, Stehpult und Ablage für Tageskasse und Münzkästen öffnete und verschiedene Schreibtische und Stehpulte unter anderem für die Kreditbuchhaltung, den Postversand, das Geldzählen oder das Kopieren von Dokumenten mittels der Kopierpresse angeordnet waren. Zur Standardausstattung gehörte bald auch eine schalldichte Telefonzelle.

Filiale Tetschen-Bodenbach | Podmokly (CZ) Entwürfe für die Gestaltung des Publikumsbereichs, um 1912
Filiale Troppau |Opava (CZ), Banksaal mit Arbeitsbereich der Beamten und Durchsicht zum Tresor. Rudolf Eisler, 1914–1916. © OeNB/Bankhistorisches Archiv

Das anschließende Vorstandszimmer war pragmatisch eingerichtet und bot neben dem Chefschreibtisch eine Sitzgruppe für Besprechungen und Spezialmöbel für Informationskarteien. Durch ähnliche Nüchternheit zeichnete sich auch das Zensorenzimmer aus, in dem regelmäßig ein ehrenamtliches, aus lokalen Würdenträgern und Kaufleuten zusammengesetztes Komitee tagte und über die Kreditvergabe beriet. Ein Ausziehtisch mit Stühlen und eine Garderobe, allenfalls eine kleine Sitzgruppe bildete die Grundausstattung dieses Raumes.

In einem als Vortresor bezeichneten Raum, der sich in der Regel auf der gegenüberliegenden Seite von Vorstands- und Zensorenzimmer befand, standen Arbeitstische und die Münzwaage. Außerdem befand sich hier der handbetriebene oder elektrische Aufzug zum Transport der schweren Münzkästen ins Erdgeschoss. Im Tresorraum standen Schränke zur Aufbewahrung von Münzen und Drucksorten, die Goldwaage sowie ein durch mehrere Schlösser gesicherter Panzerschrank, die so genannte Depotkasse.

Diese Disposition konnte gemäß den geschäftlichen Schwerpunkten der jeweiligen Filiale und den Bedingungen des jeweiligen Grundstücks angepasst und durch zusätzliche Nebenräume erweitert werden.

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