Die Bautätigkeit der Oesterreichisch-Ungarischen Bank und der Oesterreichischen Nationalbank im europäischen Kontext (1878–1938)
GEFÖRDERT DURCH DEN JUBILÄUMSFONDS DER OESTERREICHISCHEN NATIONALBANK – PROJEKT-NR. 18975
Geldpaläste?
Mit einem Bankhaus der Jahrhundertwende assoziieren wir Monumentalität und Prachtentfaltung: Fassaden über wuchtigem Quadermauerwerk mit kolossalen Säulenstellungen; großzügige Eingangsbereiche; weite, von Oberlichtern beleuchtete Kassenhallen, ausgestattet mit kostbaren Materialien – Paläste des Geldes, die den Kunden Finanzkraft und Solidität des Kreditinstituts ebenso suggerieren sollten wie die zu erwartenden Gewinne. Die Filialen der Oesterreichisch-ungarischen Bank hingegen unterscheiden sich sowohl von diesen privaten als auch von kommunalen Sparkassen durch ihre relative Bescheidenheit: Ihre Größe bleibt maßvoll, versucht die Nachbarhäuser nicht zu erdrücken; die Fassaden zeichnen sich durch Solidität und Gediegenheit aus, präsentieren sich durchaus vornehm und elegant, aber in der Regel ohne den Charakter eines Monumentalbaus anzunehmen – und übertreffen ihre bescheidenere bauliche Nachbarschaft nur dezent durch stattlichere Proportionen und herrschaftliche Gliederungsformen.
Großzügig und repräsentativ, keineswegs aber prachtvoll präsentierte sich auch das Innere. Ein sorgsam mit eleganten Stuckaturen gestaltetes, im Sockelbereich mit Marmor oder anderem Naturstein verkleidetes Vestibül bildete den Auftakt zu den Banklokalitäten, die wiederum in ihrer Pracht deutlich zurückgenommen waren: Die meisten Kassensäle strahlten den Charakter eines Verwaltungsgebäudes aus, glichen in ihrer Nüchternheit den Schalterhallen von Bahnhöfen oder Postämtern. Eine qualitätsvolle, technisch perfekte Ausführung ersetzte überflüssigen Luxus und suggerierte den Kunden, frei nach Adolf Loos: Hier ist dein Geld bei einer ehrlichen, seriösen und wie eine Staatsbehörde geführten Institution fest und gut verwahrt.






