Die Bautätigkeit der Oesterreichisch-Ungarischen Bank und der Oesterreichischen Nationalbank im europäischen Kontext (1878–1938)
GEFÖRDERT DURCH DEN JUBILÄUMSFONDS DER OESTERREICHISCHEN NATIONALBANK – PROJEKT-NR. 18975
Corporate Identity?
Die Filialen der Oesterreichisch-ungarischen Bank zeichneten sich größtenteils durch ein schematisiertes, kaum variiertes Raumprogramm aus. Auch beim äußeren Erscheinungsbild lassen sich einige übereinstimmende Merkmale in Disposition und Proportion erkennen, doch zeigt sich hier ein deutlich uneinheitlicheres Bild, das sich im Vergleich zwischen Cis- und Transleithanien nochmals differenziert.
Die überwiegende Zahl der ungarischen Bankgebäude (38 von 44) wurde vom Budapester Architekten József Hubert entworfen. Nach ersten tastenden Versuchen kreierte er einen üppig-bewegten neubarocken Fassadenstil, den er an die jeweilige Situation angepasst für alle seine Projekte für die Notenbank anwendete. Damit gab sich die ungarische Landeshälfte von Anfang an ihren eigenen Charakter – vermutlich in Hinblick auf die künftige Schaffung einer von Österreich unabhängigen Nationalbank. Das Erscheinungsbild der Filialen wurde in Ungarn als so charakteristisch für diese Institution empfunden, dass sie nach dem Tod Huberts 1916 bei Neubauten für die 1924 gegründete Ungarische Nationalbank beibehalten wurde.
Das vorherrschende Prinzip in Cisleithanien hingegen war die Individualität und Einzigartigkeit des Entwurfs, der sich an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen hatte. Es lassen sich lediglich dann Ansätze einer CI erkennen, wenn ein Baukünstler mehrere Aufträge durchführte. Schon das in der Frühzeit des Bauprogramms beauftragte Architekturbüro Fellner & Helmer schuf an den Standort angepasste Bauten mit unterschiedlichen Fassadengliederungen, die eher ästhetischer Ausdruck ihrer Zeit als der Institution der Notenbank sind. Ähnliches gilt auch für die anderen Architekten, die mehrere Filialgebäude konzipierten. Am ehesten versuchte das Baubüro der Oesterreichisch-ungarischen Bank einen eigenen Stil zu kreieren, der jedoch ebenfalls individuell auf die Besonderheiten des Standorts eingeht.
Die Filialneubauten in Cisleithanien zeichnen sich daher vor allem durch ihre Flexibilität und ihren Willen zur Anpassung aus, um gemäß der Notenbankpolitik als Teil ihrer Umgebung und – abgesehen von Ausnahmefällen wie der Monumentalbau in Sarajewo – nicht als imperiales Statement wahrgenommen zu werden.




