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Im Dutch Design Museum in Den Bosch werden österreichische Werke aus den 60er und 70er-Jahren ausgestellt.

Viel­­fältige Ein­­blicke in die Avant­­garde­­kunst Öster­­reichs

In den Niederlanden werden bahnbrechende und gesellschaftskritische Werke der österreichischen Avantgarde in den 60er- und 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gezeigt. Die Ausstellung „Radical Austria – Everything is Architecture“ ist das Ergebnis einer mehrjährigen Forschung und Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck, an der auch Bachelor- und Masterstudierende beteiligt waren.

Im Mittelpunkt der umfassenden Ausstellung im Dutch Design Museum in Den Bosch steht eine Gruppe österreichischer Designer*innen, die sich nicht von traditionellen Entwurfsgrundsätzen einschränken ließ. Die Künstler*innen schufen Gebäude, Objekte, Mode oder auch Möbelstücke. Anhand der Werke wird der spezifische Charakter des österreichischen Beitrags zur internationalen Avantgarde der Nachkriegszeit erlebbar. Die Ausstellung bietet einen umfassenden Überblick über Entwicklungen in der Architektur, Mode, Kunst und Medien, sowie das Zusammenspiel dieser Disziplinen. Als Kurator*innen fungierten Alexa Baumgartner und Bart Lootsma von der Universität Innsbruck gemeinsam mit der Architektin und Designerin Maya Christodoulaki. Im Rahmen eines virtuellen Rundgangs führt Kurator und Professor Bart Lootsma durch die Ausstellung und liefert spannende Hintergrundinformationen.

Die Künstler*innen befassten sich unter anderem mit den Medien, der Umweltproblematik oder auch der Raumfahrt. (Credit: Peter Tijhuis)

Alles ist Architektur

Vom Designer Hans Hollein stammt die Aussage „Alles ist Architektur“ und mit diesem Gedanken als Ausgangspunkt gestalteten die vielschichtigen Künstler*innen ihre Sichtweise auf die Welt. Ausgestellt werden unter anderem Werke von Coop Himmelblau, Haus-Rucker-Co, Zünd-Up, Walter Pichler, Valie Export, Angela Hareiter, Hans Hollein und Raimund Abraham. Die Besucher*innen werden mit aufblasbaren Unterkünften bis hin zu Performances oder Mode konfrontiert. Die Interpretationen fallen sehr unterschiedlich aus, teilweise sind sie hoffnungsvoll und verspielt, dann wieder düster und kritisch. Was die österreichische Avantgarde einzigartig macht, ist die Faszination für den Körper und die Tatsache, dass ihre Entwürfe oftmals über den Zeichentisch hinausgingen. „Hans Hollein und Walter Pichler waren nicht die Einzigen, die in den 60er-Jahren große Städte entwarfen. Ein anderes Beispiel stellt Raimund Abraham dar, der zu dieser Zeit eine Serie von Megastrukturen entwickelte“, erklärt Professor Bart Lootsma von der Universität Innsbruck im Rahmen des Online-Rundgangs. Nach der Isolation durch die nationalsozialistische Zeit suchten österreichische Künstler und Designer der 50er-Jahre wieder Anschluss an die neuesten internationalen Entwicklungen in Bezug auf Kultur und Technologie. Sie entwickelten daraus einen ganz eigenen, brisanten Mix aus Gesellschafts- und Technologiekritik. Die Künstler experimentierten früh mit Kybernetik, Raumfahrt, Drogen, Popkultur, Medien, Gender, Feminismus und Umweltproblematik.

Die Betrachter*innen werden mit einem spannenden Mix aus Gesellschafts- und Technologiekritik konfrontiert. (Credit: Peter Tijhuis)

Weitreichende Entwicklungen

Das Thema Körper spielt in der Ausstellung eine zentrale Rolle. Dieser bildet den Ausgangs- und Endpunkt von sozialen, technologischen und räumlichen Entwicklungen. Die Betrachter können sich in der Ausstellung vielfältigen Experimenten und Performances auseinandersetzen. „Man war sich sehr bewusst, dass die Sprache Grenzen hat und deshalb stellte man sich die Frage, wie man Dinge kommunizieren kann, die außerhalb der Sprache liegen. Dabei wurden Körperlichkeit, Tanz und Pantomime sehr wichtig“, sagt Lootsma. Man erkennt die Bedeutung des Körpers bei den Anzügen und Helmen von Coop Himmelblau, in denen der Träger schockierenden Bildern, Gerüchen und Druck ausgesetzt wird. Dagegen stehen beispielsweise die Helme und Möbelstücke von Hans-Rucker-Co im Zeichen psychedelischer Bewusstseinserweiterung. Mode und Design werden in konfrontierenden Werken von Raimund Abraham und Zünd-Up auch zu Schlachtfeldern sich verändernder Auffassungen über Sexualität.

Das Thema Körper spielt in der Ausstellung eine wichtige Rolle und wird auf unterschiedliche Art behandelt. (Credit: Peter Tijhuis)

Durch die aufregende Kombination von Hemmungslosigkeit und Analyse ist die österreichische Avantgarde nicht nur sehr radikal, sondern auch ein Vorreiter für zahlreiche weitere Entwicklungen, die sich heute in den Bereichen Internet, Medien und Virtual Reality abspielen. Mit der Ausstellung „Radical Austria- Everything is Architecture“ macht deutlich, wie in Österreich bereits in den 60er und 70er-Jahren kritisch über diese Entwicklungen nachgedacht wurde und wie sich dies in Mode, Design und Architektur widerspiegelte. „Das Spannende an den österreichischen Architekt*innen und Künstler*innen ist, dass sie die Technologie nicht nur positiv betrachten. Es wird immer das Leben in seiner ganzen Breite mit allen positiven und negativen Aspekten untersucht“, so Lootsma. Der Blick wird auch darauf gerichtet, wie man Entwürfe für den Menschen der Zukunft schuf. Ermöglicht wurde die Ausstellung durch die Unterstützung des Prins Bernhard Cultuurfonds, des Stimuleringsfonds Creatieve Industrie, des österreichischen Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport sowie die Stichting Zabawas. „Radical Austria – Everything is Architecture“ ist noch bis 3. Oktober im Design Museum Den Bosch zu sehen.

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