"Chlorokybus" bilden "Zellpakete" und leben in feuchten Böden und Felsspalten

„Chlorokybus“ bilden „Zellpakete“ und leben in feuchten Böden und Felsspalten.

Pflan­zen­-­Ahn ent­puppt sich als viel­fäl­tig

In Schönbrunn wurde 1942 eine Alge entdeckt, die als „Neue luftlebige Algen aus Wien“ beschrieben wurde. Mittlerweile weiß man, dass diese Algengattung „Chlorokybus“ zu den am weitesten entfernten und ältesten Verwandten der Landpflanzen zählt. Forscher haben nun gezeigt, dass die Gattung nicht nur eine, sondern mindestens fünf verschiedene Arten enthält.

Vor etwa einer Milliarde Jahren fassten Süßwasseralgen Fuß an Land und brachten in der Folge eine erstaunliche Artenvielfalt von Pflanzen auf der Erde hervor. „Es haben damals viele Algen-Linien unabhängig voneinander das Land erobert, viele davon sind sicherlich auch wieder ausgestorben“, erklärte Co-Studienautor Thomas Pröschold vom Forschungsinstitut für Limnologie der Universität Innsbruck gegenüber der APA.

Aber noch heute existieren Verwandte dieser Pflanzen-Urahnen, etwa die vor rund 80 Jahren erstmals in Schönbrunn entdeckten „Chlorokybus“. Sie sind Nachkommen jener alten Algenvorfahren, von denen auch die modernen Landpflanzen und verschiedene andere Algen abstammen. Ein Forscherteam um Iker Irisarri und Tatyana Darienko von der Universität Göttingen, dem Pröschold angehört, hat diese Algenvertreter nun genauer unter die Lupe genommen.

Genetische Analyse zeigt Unterschiede

„Chlorokybus“ bilden „Zellpakete“ und leben in feuchten Böden und Felsspalten. „Sie sind selten zu finden und werden oft auch übersehen, da es morphologisch ähnliche Formen gibt, die aber zu anderen Grünalgenlinien gehören“, sagte Pröschold.

Die Wissenschafter haben für ihre Studie zunächst alle bekannten Algen, die „Chlorokybus“ zugeordnet werden können, aufgespürt und gescreent, einschließlich Kulturen aus öffentlichen Algensammlungen und Proben aus der Ukraine, Chile und Costa Rica. „Wir haben auch versucht, die Alge in Schönbrunn wiederzufinden, was uns leider nicht gelungen ist“, so der Biologe. Der Grund dafür könnte sein, dass der Brunnen in den vergangenen Jahrzehnten restauriert wurde.

Bei der genetischen Analyse der aufgespürten Proben zeigten sich deutliche Unterschiede. Offensichtlich verbergen sich fünf verschiedene Arten unter einem einzigen gemeinsamen Namen, berichten die Wissenschafter im Fachjournal „Proceedings B“ der Royal Society. Diese werden als „kryptische Arten“ bezeichnet, weil sich selbst im Mikroskop keine offensichtlichen Unterschiede zwischen den fünf Arten zeigen.

Für die Wissenschafter ist es eine Überraschung, dass diese Algenarten so ähnlich aussehen, hätten sie sich doch über Millionen Jahre evolutionär voneinander entfernen können. Von der Erfassung der Artenvielfalt erhoffen sie sich auch neue Erkenntnisse über die Anpassung und Entwicklung der Landpflanzen und ihrer Algenverwandten.

Hintergrund ist, dass alle höheren Pflanzen - also die Landpflanzen gemeinsam mit einigen Algenlinien wie eben „Chlorokybus“ - zu den sogenannten Streptophyta zählen. Diese sind neben den Chlorophyta eine der zwei großen Linien, in die sich die grünen Pflanzen teilen. „Genomanalysen werden uns in Zukunft mehr Daten liefern, um zu verstehen, warum es nur in den Streptophyta zur großen Entwicklung von Landpflanzen gekommen ist“, so Pröschold. Dagegen gebe es viele Grünalgenlinien, die sich zu bekannten Pflanzen weiterentwickelt haben.

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